Die Bundeswehr im Nordirak weiß nicht, an welche Einheiten der kurdischen Peschmerga-Milizen die gelieferten Waffen nach deren Ankunft im Irak gehen. Das räumte der Sprecher der Bundeswehr vor Ort im Interview mit dem ARD-Magazin MONITOR ein: „Wir können nicht verfolgen, wo die einzelnen Waffen hingehen. Wir haben keine Kenntnisse über die einzelnen Bataillone oder gar Kompanien, wo die Waffen sich befinden“, sagte Oberstleutnant Torsten Stephan.
Dass junge Männer zu Terroristen werden, hat ganz sicher auch mit dem Krieg in Syrien und im Nordirak zu tun. Der Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat, er wird seit einigen Monaten ganz offiziell auch mit deutschen Waffen geführt. Waffen, die an die kurdischen Peschmerga-Milizen geliefert wurden, eine zuverlässige und hochmotivierte Truppe. Das jedenfalls erzählt uns die Bundesverteidigungsministerin. Aber wer kämpft da eigentlich mit deutschen Waffen? Sind es wirklich nur tapfere Freiheitskämpfer? Und hat die Bundesregierung überhaupt irgendeine Ahnung davon, wo diese Waffen sich gerade befinden? Recherchen zeigen, dass es eben nicht so einfach ist, mit dem Gut und Böse, dem Schwarz und Weiß. Schon gar nicht im Krieg.
Nachforschungen im Nordirak legen zudem schwere Menschenrechtsverletzungen durch Peschmerga-Milizen und die kurdische Führung nahe. So schilderten mehrere kurdische Regierungskritiker, wie sie vom Geheimdienst der Autonomieregierung oder Privatmilizen in Geheimgefängnisse gebracht und dort gefoltert wurden. Die kurdische Autonomieregierung beschuldigen sie, solche Gefängnisse auch weiterhin zu unterhalten und befürchten, dass die westlichen Waffen schon bald auch gegen sie gerichtet werden könnten.
Ein ranghoher Peschmerga-General wird darüber hinaus verdächtigt, einen Auftragsmord an einem regimekritischen Journalisten angeordnet zu haben. Bis Ende Dezember 2014 befehligte er einen der Frontabschnitte, die mit deutschen Waffen ausgestattet wurden. Das belegen Filmaufnahmen.
Die Krisenbeauftrage der Menschenrechtsorganisation amnesty international, Donatella Rovera, äußerte scharfe Kritik am Verhalten der Bundeswehr. Den Verbleib gelieferter Waffen nachzuverfolgen, „liegt in der Verantwortung jeder Regierung, die Waffen verkauft oder kostenlos weitergibt“. Vor diesem Hintergrund sei das Verhalten der Bundeswehr „absolut falsch“. Die Bundesregierung trage damit auch „die Mitverantwortung für alle Verbrechen“, die mit diesen Waffen begangen werden.
Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung fordert Aufklärung
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer, forderte, dass die deutsche Hilfe an Peschmerga-Milizen in dieser Form nicht weiter geleistet werden dürfe, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. „Geheimgefängnisse, insbesondere Foltergefängnisse, müssen geschlossen werden. Das ist eine Voraussetzung für eine vernünftige und verantwortungsvolle Zusammenarbeit mit einem Staat. Und da kann man auch keine Kompromisse schließen.“ Strässer kündigte an, entsprechende Anfragen an die Bundesregierung stellen zu wollen.
Die Bundesregierung antwortete auf Anfrage, dass „Berichte über Verletzungen des humanitären Völkerrechts sehr ernst genommen“ werden und weist auf die vereinbarte Endverbleibserklärung für Waffen und Rüstungsgüter hin. Es lägen „keine Erkenntnisse vor, dass die Regierung der Region Kurdistan-Irak von der unterzeichneten Endverbleibserklärung abweicht“.
Noch in diesem Monat soll der Bundestag über die Ausweitung des Bundeswehr- Einsatzes Nordirak entscheiden. Zusätzlich denkt die Bundesregierung darüber nach, den kurdischen Peschmerga-Milizen noch mehr Waffen und Ausrüstung für den Kampf gegen den so genannten Islamischen Staat zu liefern.
Wer Waffen in Kriegsgebiete liefert, ohne zu kontrollieren, wo sie bleiben, der trägt am Ende auch die Mitverantwortung für die Verbrechen, die mit diesen Waffen begangen werden. Auch deshalb sollte sich die Bundesregierung jetzt dringend um Aufklärung der Vorwürfe bemühen.
Link zum Video der ARD mediathek.
Video: Wie deutsche Waffen in die falschen Hände kommen
https://www.youtube.com/watch?v=6Nq7wz8lnKA
Quellen: dpa/wdr.de vom 15.01.2015
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