Schwerte will Asylbewerber in ehemaliger SS-Baracke unterbringen / SPD und Grüne: »Übergangslösung«
Die Stadt Schwerte bei Dortmund will Flüchtlinge in einem ehemaligen Außenlager des KZ Buchenwald unterbringen. Nicht alle sind von der Idee begeistert.
»Ob Arbeiten, Wohnen oder Leben: Schwerte ist eine Stadt zum Wohlfühlen. Komm doch auch und probiere es aus!«, wirbt ein jüngst veröffentlichter Imagefilm der örtlichen Wirtschaftsförderung um weitere Industrie-Ansiedelungen und Neubürger für den Standort Schwerte. Die »Stadt am Rande der Metropolregion Ruhr« sei bestens geeignet für »Unternehmen, die viel Platz brauchen« und »das Lebendige lieben«, weiß das Werbevideo.
(Bild: Eine vom Flüchtlingsrat NRW vorgeschlagene Unterbringung in Containern komme nicht als Alternative in Betracht: zu teuer)
Für Flüchtlinge ist weniger Platz vorhanden, auch der Wohlfühlfaktor spielt bei ihnen eine deutlich geringere Rolle. Bis zu 21 Schutzsuchende sollen nun – Stichwort: »das Lebendige lieben« – auf dem Gelände des einstigen Konzentrationslagers Schwerte-Ost untergebracht werden, einem von 137 einstigen Außenlagern des KZ Buchenwald. In der ehemaligen Baracke der SS-Aufseher, um exakt zu sein. Die Behausungen der bis zu 700 Insassen wurden nämlich längst abgerissen.
Eine vom Flüchtlingsrat NRW vorgeschlagene Unterbringung in Containern komme nicht als Alternative in Betracht, sagte ein Sprecher der von einem CDU-Bürgermeister regierten Stadt den lokalen Medien. Und er führte insbesondere Kostengründe an. Will meinen: Die SS-Baracke ist billiger als die Anmietung von Containern. Auch sei das seit 1985 unter Denkmalschutz stehende Gebäude seit Kriegsende eh mehrfach genutzt worden: Als Lagerhalle, als Kindergarten, als Atelier und – in den 1990er Jahren – bereits einmal als Unterkunft für Asylsuchende. »Und auch als Waldorfkindergarten, selbst dafür war es gut genug«, ergänzt Grünen-Ratsfraktionschefin Andrea Hosang gegenüber »nd«.
Die Baracke steht in einem der gleich zehn Industriegebiete der Stadt Schwerte. Von April 1944 bis kurz vor Kriegsende wurden hier kriegswichtige Lokomotiven repariert – von osteuropäischen, aber auch französischen und belgischen Zwangsarbeitern, die vom KZ Buchenwald bei Weimar hierhin verbracht wurden.
Und nun sollen dort Flüchtlinge hin? So hat es die Verwaltung den Ratsfraktionen unlängst mitgeteilt. Widerspruch ist nicht dokumentiert. Im Gegenteil: Auch die Fraktionschefinnen von SPD und Grünen verteidigen die Maßnahme unisono als Übergangslösung, die »hoffentlich nur für einen Monat« (Angelika Schröder, SPD) respektive »maximal für ein paar Monate« (Andrea Hosang, Grüne) gelten soll.
Denn Ende letzten Jahres hatte der Rat eigentlich fraktionsübergreifend ein als sehr fortschrittlich empfundenes Konzept beschlossen, Flüchtlinge dezentral unterzubringen. Heißt: Möglichst (und möglichst schnell) in Wohnungen, ansonsten in »kleinen Einheiten« von 20 bis 25 Personen statt in Massenunterkünften. Einziges Problem: Es gibt zumindest derzeit keine entsprechenden Gebäude. Zuletzt fiel auch ein von Schröder wie Hosang hochgelobtes Haus aus, das eigentlich im Januar bezogen werden sollte. »Deswegen sind wir ja so in der Not«, sagt SPD-Frau Schröder und ist »relativ aufgebracht« über negative Schlagzeilen, die gestern kursierten.
Statt Wohnungen für alle nun also eine Lösung, die LINKE-Landeschef Ralf Michalowsky erzürnt. Die Unterbringung von Flüchtlingen auf einem ehemaligen KZ-Gelände verbiete sich allein schon deshalb, weil viele Flüchtlinge traumatisiert seien.
Quellen: dpa/neues-deutschland.de vom 13.01.2015
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