Mit einem Protesttag unter dem Motto „Ich bin nicht Malala“ haben zwei pakistanische Organisationen versucht, den Einfluss der Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai einzuschränken. Sie sehen in der 17-jährigen Aktivistin eine Marionette des Westens, die die Verfassung und Werte ihres Heimatlandes verrät. An zahlreichen Privatschulen des Landes ist ihr Buch bereits verboten.
Am 10. November fanden in Pakistan landesweit Konferenzen und Märsche an Privatschulen statt, um ein Zeichen gegen Yousafzais Buch „Ich bin Malala“ zu setzen. Zukünftig will die Organisation All Pakistan Private Schools Federation einen jährlichen Protesttag unter diesem Motto an privaten Schulen des Landes einführen. Einem Bericht der New York Times zufolge forderte die Organisation von der Regierung zudem, das Buch der jungen Autorin aus allen Schulen des Landes zu verbannen.
Der Präsident der Organisation, Mirza Kashif Ali, sagte, Malala „war ein Vorbild für Kinder, aber dieses Buch hat sie kontrovers gemacht. Durch dieses Buch ist sie zum Instrument westlicher Mächte geworden.“ Gleichzeitig bekräftigte er während einer Pressekonferenz: „Wir alle sind für Bildung und für die Stärkung von Frauen.“ Die All Pakistan Private Schools Federation vertritt nach eigenen Angaben über 150.000 Schulen in Pakistan. Eine weitere Gruppe stellt sich hinter die Forderungen von Ali und seinen Kollegen. Der Präsident der All Pakistan Private Schools Management Association äußerte sich über die Entscheidung, Malalas Buch aus allen Bibliotheken der über 40.000 Schulen seiner Organisation zu entfernen: „Alles über Malala wird nun klar. Für mich repräsentiert sie den Westen, nicht uns.“
Weltweit steht die junge Frau für den Mut und die Entschlossenheit, sich über das eigene Schicksal hinweg für bessere Bildungschancen von Kindern einzusetzen. Das Bildungswesen Pakistans ist vor allem geprägt durch eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Während die Ober- und Mittelschicht teure Schulgelder für private Institutionen in Kauf nimmt, muss die ärmere Bevölkerung vorwiegend auf staatliche Schulen zurückgreifen – wenn sie sich die Ausbildung ihrer Kinder überhaupt leisten kann. An den Staatsschulen herrschen äußerst schlechte Lernbedingungen, nur ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts wandert in den Bildungssektor. So fehlt es nicht nur an Fachpersonal, sondern auch an Unterrichtsmaterialien, Strom, Wasser und Möbeln.
Diese Missstände äußern sich unter anderem in einer der niedrigsten Alphabetisierungs-raten der Welt, wobei es ein drastisches Gefälle zwischen Männern und Frauen gibt. Gerade für die Ausbildung von Mädchen hat sich Malala von Beginn an stark gemacht und erfährt dafür nicht nur außerhalb der Grenzen Pakistans, sondern auch in ihrem Heimatland selbst Bewunderung und eine breite Akzeptanz. Es sind vor allem Anhänger des rechten pakistanischen Flügels, die Anstrengungen unternehmen, die junge Frau in der Öffentlichkeit als Marionette des Westens zu porträtieren. Der Anschlag auf sie sei vom Westen initiiert, tatsächlich sei sie eine Agentin der CIA, die nun als Ikone die islamische Welt in Verruf bringe. Dabei stellen ihre Kritiker Zitate aus ihrem Buch immer wieder in willkürliche Kontexte. Beispiel hierfür ist der Roman „Die satanischen Verse“ von Salman Rushdie, der in Yousafzais Buch Erwähnung findet. Sie berichtet darin, wie ihr Vater die anprangernden Worte Rushdies erkennt, Muslimen jedoch rät, das Werk zu lesen und dann mit ihrem eigenen Buch darauf zu reagieren. In den Augen von Mirza Kashif Ali zeigt sich in dieser Anekdote jedoch eine ideologische Verbindung zwischen Malala und dem indischen Autor.
Auch wenn die von der All Pakistan Private Schools Federation sowie der All Pakistan Private Schools Management Association ergriffenen Maßnahmen Malalas Einfluss einzudämmen versuchen, zeigen sie doch, welches Gewicht die Nobelpreisträgerin auch im eigenen Land hat. Laut der New York Times gab es wütende Reaktionen auf das Verbot von Malalas Buch und die Einführung des „Ich bin nicht Malala“-Tages in den sozialen Netzwerken.
Quelle: gulli.com vom 14.11.2014
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