Vietnam: Agent Orange – Seit 50 Jahre warten die Opfer auf Gerechtigkeit (Video)

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Ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit die USA zum ersten Mal Agent Orange über Vietnam versprühten. Über 35 Jahre nachdem der Krieg in Vietnam vorbei, ist startete endlich das erste vietnamesisch-amerikanische Projekt um Überreste von Agent Orange zu beseitigen. Spezialisten des vietnamesischen Verteidigungsministeriums begannen Mitte Juni 2011 in voller Schutzkleidung mit der Beseitigung von Blindgängern und anderen Kampfmitteln auf dem Gelände des ehemaligen US-Militärflughafens in Da Nang. Ihre Arbeit ist zweifach gefährlich. Da sind zum einen die nicht explodierter Granaten, Minen und anderes Kriegsgerät aus dem amerikanischen Krieg. In unseren Breiten eher bekannt als Vietnamkrieg. Das Gelände ist außerdem in hohem Maße dioxinverseucht. Die Beseitigung der Kampfmittel ist die Voraussetzung dafür, dass danach das Erdreich entgiftet werden kann.

Da Nang zählt zu den drei größten Dioxin Hot Spots in Vietnam. So werden die Stellen genannt, an denen die US-Luftwaffe ab 1961 Agent Orange lagerte und in Flugzeuge umpumpte, die das Gift dann über den vietnamesischen Urwald und landwirtschaftliche Flächen versprühten.

Kanadische Spezialisten beziffern nach einer Meldung von Viet Nam News vom 20.Juni 2011 die Grenzwerte auf dem Flughafenareal in Da Nang auf mehrere Hundert Mal über dem Wert, der nach internationalen Standards noch akzeptabel sei.

Mit dem Beginn der Bodensanierung in Da Nang haben 10 Jahre dauernde Verhand-lungen nun endlich einen greifbaren Erfolg.

Als die ersten Minensucher bei Da Nang das Gelände betraten war auch die Geschäfts-trägerin der US Botschaft in Vietnam, Virginia Palmer, zugegen. Sie lobte das gemeinsame Projekt „Wir haben in einem gemeinsamen Projekt zur Beseitigung von Dioxinbelastungen hier in Da Nang einen großen Schritt nach vorn gemacht. Das Projekt wird gemeinsam von USAID, einer staatlichen Institution für Entwicklungshilfe, und dem Ministerium der Verteidigung Vietnams getragen.“

Farmgehilfen des Todes

Tote Enten nach einem Agent Orange Angriff (1967)

Begonnen hat die systematische Dioxinvergiftung Vietnams vor exakt 50 Jahren. Am 10. August 1961 versprühte die US-Luftwaffe erstmals Pflanzenvernichtungsmittel über Vietnam unter dem Code Namen ‚Ranch Hand’ (auf Deutsch: Erntehelfer oder Farm-gehilfe) wurde eine hochgiftige Chemikalie über Urwäldern und Reisfeldern verteilt. Die Ziele: Zerstörung des tropischen Regenwaldes, in dem die vietnamesische Befreiungsfront ihr Rückzugsgebiet hatte. Vernichtung der Ernte, um den Kämpfern und der sie unter-stützenden Bevölkerung die Nahrung zu nehmen.

Das amerikanische Militär bezeichnete die damals eingesetzten Herbizide je nach Be-schaffenheit mit den Farbcodes Weiß, Blau oder Orange. Das am häufigsten eingesetzte Gift hatte orangefarbene Banderolen. Es enthielt neben anderen starken Giftstoffen auch Dioxin. Insgesamt wurden ca. 75-80 Millionen Liter Herbizid versprüht. Um diese Menge zu transportieren sind ca. 100 Güterzüge mit je 22 Großraum-Kesselwagen erforderlich. Besonders betroffen waren nach 1965 der sogenannten ‚Ho Chi Minh Pfades entlang der Grenzen zu Kambodscha und Laos sowie die Region nördlich von Ho Chi Minh Stadt / Saigon.

Getroffen von der Giftbrühe wurden neben den Pflanzen auch Tiere und der Mensch. In den Tümpeln und Teichen schwammen nach den Angriffen tote Enten und in den Bächen verendeten die Fische. Zu den unmittelbar auftretenden Folgen bei den Menschen ge-hörten Allergieschock, Erbrechen, Durchfälle, Atembeschwerden, Blutungen der Schleimhäute – nicht selten mit Todesfolge. Bei Schwangeren kam es durch die Gift-wirkung vermehrt zu Fehlgeburten.

Langzeitfolgen von Agent Orange

Missbildungen der Beine als Folge von Agent Orange

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Die Folgen der chemischen Kriegsführung in Vietnam dauern bis heute an. Betroffen sind neben den am stärksten leidenden Menschen in Vietnam, Angehörige der US-Armee und verbündete Soldaten aus Korea und Kanada. Die US-Regierung hat nach langen Ausein-andersetzungen eine Liste mit Krankheiten aufgelegt, die als Agent Orange Folgen aner-kannt sind. US-Bürger, die an diesen Krankheiten leiden und nachweislich in Vietnam eingesetzt waren, erhalten in diesen Fällen öffentliche Leistungen zur Linderung ihrer Leiden. Letztmals im Oktober 2009 erweiterten die Gesundheitsbehörden diese Liste und ergänzten die Krankheiten B-Zell Leukämie, Parkinson sowie krankhafte Durchblutungs-störungen des Herzens. Schon seit Jahren auf der Liste stehen unter anderem Prostata-krebs, Lungenkrebs, Weichteil-Sarkoma oder Hodgkin-Lymphome, Chlorakne, Diabetes Mellitus (Typ2).

Die wohl schrecklichste Langzeitwirkung des Dioxins ist seine mutagene Wirkung. Die Bilder von Kinder und Erwachsenen mit fehlenden Gliedmaßen, deformierten Schädeln und sonstiger Missbildungen gingen und gehen um die Welt. In Vietnam, das mit ca. 4 Millionen Agent Orange Opfern am stärksten betroffen ist, gehören die jüngsten Opfern zur Generation der Enkel der Kriegsveteranen.

Auch Neukontaminationen mit Agent Orange sind immer noch nicht Vergangenheit. Bis heute sind die Belastungen in einigen Gebieten Vietnams nämlich nicht abgeklungen. An sogenannten Hotspots, also ehemaligen Lagerflächen von Herbizidfässern oder an Ab-sturzstellen von Sprühflugzeugen treten immer noch extrem hohe Boden- und Wasser-verseuchungen auf. Besonders betroffen sind Gebiete um die Flughäfen bei Da Nang und Bien Hoa. Im Bien Hung See wurden nach Meldungen von Viet Nam Net im Sommer 2008 in Fischen Dioxinwerte von 15.349 ppt (parts per trillion) gemessen, Frösche wiesen 11.765 ppt auf. Der in Vietnam noch als unbedenklich geltende Wert liegt bei 1.0 ppt.

»Agent Orange«, ein künstlich hergestelltes Herbizid, beschreibt die Zusammensetzung aus 2,4–Dichlorphenoxyessigsäure und 2,4,5-Trichlorphenoxyessigsäure. Bei der Synthese dieses Chemikals entsteht das giftige Nebenprodukt Dioxin in Form von 2,3,7,8-Tetrachlord[i]benzoparadioxin, kurz TCDD. TCDD gilt als ein Ultragift, das sowohl zu sichtbaren als auch zu weniger sichtbaren Folgen führen kann. Durch die fettlösliche Eigenschaft und eine Halbwertszeit von durchschnittlich zehn Jahren wird Dioxin langfristig in Zellen angelagert. TCDD hat speziell in Bezug auf den menschlichen Organismus die Wirkung eines Krebspromoters und eine eigenständige human-kanzerogene Wirkung.

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Weiterhin kann es durch seine neurotoxische Wirkung Schäden im zentralen Nerven-system und durch eine mutagene Wirkung jegliche Art von Chromosomenveränderung – von körperlicher Fehlbildung bis hin zu geistiger Behinderung – hervorrufen. Die mutagene Wirkung kann x-chromosomal vererbt werden, sodass die Folgegenerationen ebenfalls von einer Dioxinvergiftung betroffen sein können. Zusätzlich stellt die Anlagerung von TCDD in der Muttermilch eine weitere Kontaminationsgefahr für Folgegenerationen dar.

Der Einfluss der Chemikalie auf Organismen ist von der Höhe, Dauer und Häufigkeit der Exposition, vom Alter und Zustand der körpereigenen Enzyme und der individuellen Krankheitsgeschichte abhängig. Laut WHO liegt ein tolerierbarer Dioxinwert bei 0,1-0,4 mg Aufnahme pro Tag (Berendt 2009, S.28). Eine erhöhte Aufnahme kann zu erheblichen gesundheitlichen Folgen führen:

  • Krebserkrankungen: (Non-) Hodgins-Lymphome, Melanome, Leukämie, Lymphdrüsen-, Lungen-, Prostata-, Darm- und Knochenmarkkrebs;
  • neurotoxische Auswirkungen: Schwächung des Immunsystems, Lähmungen, spastische Erscheinungen, Hirnschäden;
  • Auswirkungen auf das endokrine System und den Insulinhaushalt: Wachstumsstörungen, Enzymfehlfunktionen, Hauterkrankungen, Diabetes, Unfruchtbarkeit, Frühgeburten;
  • Chromosomenveränderungen: u.a. Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, Strukturasymmetrie des Gesichts, fehlende Organe oder Glieder, Fehlstellungen der Glieder, Polydaktylie, Kleinwüchsigkeit, Deformationen des Hirns und Rückenmarks, Anencephalie, Spina Bifida, Grebbes-Syndrom, Hydrocephalie;
  • Auswirkungen während einer Schwangerschaft: Fehlgeburten, Frühgeburten, intrauterine Wachstumsrückbildungen;
  • mittelfristige psychische Erscheinungen: Schockzustände, psychonervale Beeinträchtigungen, Schwindelanfälle, Reizbarkeit, Vergesslichkeit, Niedergeschlagenheit, posttraumatische Belastungsstörung in Verbindung mit toxischer Enzephalopathie, Schlaflosigkeit, vermehrte Erregbarkeit, sexuelle Störungen, Befindlichkeitsstörungen, Ängste und Selbstmordgedanken;
  • langfristige psychische Erscheinungen: Neurasthenie;
  • Letalität (Fabig 2007, S.52; Fabig/Otte 2007, S.194 f.; Gallo 2007, S.235 f.; Kühner 2009, S.2 f.).

Es existieren über 300 veröffentlichte Studien, die einen Zusammenhang von Dioxin und Erkrankung bestätigen. Auch wenn sich die Studien uneinig darüber sind, von welchem Dioxinwert eine bestimmte Krankheitsgefahr ausgeht, ist dennoch festzuhalten, dass jeder erhöhte Dioxinwert auch ein erhöhtes Risiko darstellt (Nguyen Van Tuan 2006, S.80 f./114).

Nach Auswertung und Korrektur US-amerikanischer Aufzeichnungen zur Operation »Ranch Hand« ergibt sich folgendes Bild:

  • 4,8 Millionen Menschen kamen während der Operation »Ranch Hand« direkt mit »Agent Orange« in Kontakt.
  • 17 Millionen SüdvietnamesInnen und eine Millionen NordvietnamesInnen waren insgesamt den Herbiziden ausgesetzt.
  • Die Durchschnittskonzentration des Dioxins der einzelnen Substanzen lag bei 13 mg.
  • Im Rahmen von über 19.900 Flugeinsätzen wurden 44 Mio. Liter »Agent Orange«, 20 Mio. Liter »Agent White«, 8 Mio. Liter »Agent Blue«, 1,9 Mio. Liter »Agent Purple«, 464.164 Liter »Agent Pink« und 31.026 Liter »Agent Green« versprüht.
  • 2.631.297 Hektar wurden mit Herbiziden besprüht (bis zu 27 Kilogramm Dioxin/Hektar).
  • Von 60% bewaldetem Land wurden 44% zerstört: 3,3 Millionen Hektar Land, 50% Oberfläche der nordöstlichen Mekongregion, zwei Millionen Hektar tropischer Wald, 40% der Mangrovenwälder und 43% der Ackerfläche.
  • Es kam zur Störung des Nährstoffgleichgewichts und der Bewässerungssysteme, zur Verminderung von Biodisponibilität, zu Veränderungen von Mikro- und Makroklimata und zur Begünstigung unerwünschter Arteninvasionen.
  • Im Jahr 2003 lag der Dioxingehalt in tierischen Nahrungsmitteln (Hot-Spot-Gebiet Bien Hoa) bei 0,03-331 mg (Fabig 2007, S.47; Stellman u.a. 2003, S.682 f.; Vo Quy 2007, S.218 f./212 f.).

Die Selbstorganisation der Betroffenen

Die bittere Armut Vietnams in den 80er und 90er Jahren hatte besonders gravierende Auswirkungen auf die Agent Orange Opfer. Sie gehörten zu den Ärmsten der Armen. Die ,Pflege‘ erfolgte in den Familien. Diese hatten aber so gut wie keine medizinischen und technischen Mittel, um schwer körperlich und geistig behinderten Kindern und Jugend-lichen das Leben zu erleichtern. Auch die Möglichkeiten von Krankenhäusern und Kliniken in Vietnam waren enorm eingeschränkt. Sie waren völlig unzureichend ausgerüstet und erhielten auch kaum oder keine internationale Hilfe. Das Leiden der Agent Orange-Opfer wurde mit wenigen Ausnahmen in der Weltöffentlichkeit bis weit in die 90er Jahre totgeschwiegen.

Die heute vorhandene Solidaritätsbewegung ging in starkem Maße von Vietnam selbst aus. 1998 entstand unter dem Schirm des vietnamesischen Roten Kreuzes das Komitee zur Unterstützung der Agent Orange-Opfer. Im Juli 2004 etablierte sich dann die Vietnamesische Organisation der Opfer von Agent Orange (VAVA). Sie vertritt die Interessen der Betroffenen und organisiert Benefizveranstaltungen, um Geld für die Opfer zu sammeln. Die weltweit am stärksten wahrgenommene Aktion der VAVA war eine Klage, die vietnamesische Agent Orange Opfer gegen die amerikanischen Chemieunternehmen führen, die einst die Herbizide hergestellt und damit riesige Gewinne erwirtschaftet haben. Die Klage richtet sich gegen Dow Chemical Co, Monsanto Co und 35 andere Unternehmen. Die Verfahren zogen sich über fünf Jahren hinweg durch alle Instanzen.

Ende Februar 2009 hat der Oberste Gerichtshof der USA letztinstanzlich die Klage der Agent Orange Opfer ohne Kommentar zurückgewiesen. Die erneute Brüskierung der Opfer durch die US-Rechtssprechung bringt diese aber nicht zum Schweigen. Auch wenn die juristischen Verfahren keinen Erfolg gebracht haben, so haben sie doch weltweit die Aufmerksamkeit auf die Problematik der Agent Orange-Opfer gelenkt. Und auch heute, 50 Jahre nachdem Start des chemischen Krieges ruft die VAVA die Weltöffentlichkeit zur Solidarität auf. In einem Appell aus Hanoi von Juni 2011 heißt es: “wir appellieren an unsere Brüder und Schwestern in Vietnam und in aller Welt, die Hilfe für die Opfer von Agent Orange zu erweitern und unseren Kampf für Gerechtigkeit zu unterstützen”.

Die US Regierung übernimmt keinerlei Verantwortung

Gemessen an den Anforderungen zur Linderung der Beschwerden der Agent Orange Opfer sind die in Vietnam sowie weltweit aufgebrachten Geldmittel viel zu gering. Die US- Regierung bestreitet weiterhin jeglichen ursächlichen Zusammenhang der Sprühaktionen in den 60er Jahren und den heute vorhandenen Leiden. Die USA wollen mit allen Mitteln vermeiden, dass Ansprüche auf Schadenersatz entstehen könnten. Wie groß diese Furcht ist, zeigen nicht zuletzt die Aussagen der US-Diplomatin Virginia Palmer. Bei der eingangs erwähnten Pressekonferenz zum Start der Dioxin-Dekontaminierung in Da Nang erklärte sie: „Wir verstehen die Besorgnis der Vietnamesen über die Auswirkungen von Dioxin auf die Umwelt und die Gesundheit. Unsere gemeinsamen Gespräche in den letzten Jahren haben dieses Entgiftungs-Projekt ermöglicht und außerdem Hilfsprogramme zur Unter-stützung von Menschen mit Behinderungen, egal welch Ursachen diese Behinderungen auch haben mögen. Die US-Regierung hat hierfür in den letzten fünf Jahren ungefähr 42 Millionen US Dollar bereitgestellt.“

Jeder Dollar hilft den Betroffenen und jede positive Geste den Opfern gegenüber aus offiziellem amerikanischen Munde ist gut. Solche Gesten müssen aber größer und ver-bindlicher werden. Dies fordern auch die nichtstaatlichen Organisationen in den USA, die schon seit langer Zeit Hilfe leisten. Teilnehmer einer Konferenz über die Folgen von Agent Orange in Washington sprachen sich Anfang Januar 2010 für eine Ausweitung der Hilfe für vietnamesische Agent Orange Opfer aus. Sie bezeichneten die bisherige Hilfe als zu gering und als völlig unzureichend. Alan B Oates, Vorsitzender der „Nationalen Vereinigung der Vietnam Veteranen“ sagte während der Veranstaltung „ich kann nicht erkennen, dass die Regierung der USA sich wirklich um die Probleme derjenigen kümmert, die in Vietnam von den Folgen des Agent Orange betroffen sind.“

Die Vietnams von heute heißen Iran, Libyen oder Jemen

Das Engagement vieler engagierter Menschen und Gruppierungen hat bewirkt, dass 50 Jahre nach dem Start der Agent Orange Sprühaktionen heute auch in den großen Massen-medien berichtet wird. Dies ist gut. Das Problem der Zerstörung menschlicher Gesundheit und der Umwelt durch Kriege ist allerdings ganz und gar nicht Geschichte. Als die USA vor wenigen Tagen die kompletten ‚Pentagon Papiere’ offiziell freigaben, ergriff ein Mann namens Daniel Ellsberg das Wort. Er hatte diese Papiere vor 40 Jahren in die Öffent-lichkeit gebracht und die Lügen der USA über den Krieg in Vietnam entlarvt.

Heute ruft Ellsberg verantwortungsbewusste Journalisten auf, die Wahrheit über die aktuellen Kriege in die Öffentlichkeit zu tragen:

„Machen Sie nicht meinen Fehler. Warten Sie nicht, bis ein neuer Krieg im Iran begonnen hat, bis weitere Bomben in Afghanistan, in Pakistan, Libyen, Irak oder Jemen gefallen sind. Warten Sie nicht, bis Tausende gestorben sind, bevor Sie an die Presse und an den Kongress gehen, um die Wahrheit mit Dokumenten zu sagen, die Lügen und Verbrechen oder internen Projektionen von Kosten und Gefahren enthüllen.“

Fazit

Die Auswirkungen und Folgen des Vietnamkrieges auf Umwelt und Mensch wurden 1970 mit dem Begriff des »Ecocide« beschrieben. »Ecocide« beschreibt in bewusster An-lehnung an den Begriff des Genozids die gezielte und permanente Zerstörung der menschlichen Umwelt. Explosive Munitionen, der Einsatz von Napalm und Minen, die mechanische Zerstörung der Felder und der gezielte Einsatz von Herbiziden gelten entsprechend als Akte gegen die Menschlichkeit.(1) Das geschädigte Ökosystem ist nicht mehr in der Lage, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Auch wenn im Juli 2010 US-Außenministerin Hillary Clinton Hilfe bei der Beseitigung der giftigen Hinter-lassenschaften des US-Militärs im Vietnamkrieg zusicherte, stehen die ökologischen Aufbauprogramme aufgrund der hohen Kosten in ständiger Gefahr, gestoppt zu werden.

Es ist zu betonen, dass die Vernichtung des Ökosystems zwar in vielen Kriegen eine ein-gesetzte Strategie war, dennoch hat der Einsatz von Herbiziden im Vietnamkrieg eine unvergleichliche Zerstörung hervorgerufen. Der Krieg, der Einsatz von Herbiziden und besonders der Einsatz von „»Agent Orange« haben im enormen Ausmaß der Umwelt, aber in noch gravierenderer Weise der Zivilbevölkerung geschadet. Sensibilität, die Schaffung eines Bewusstseins und Aufklärung sind sowohl nationale als auch internationale Ziele für eine angemessene Betrachtung und einen angemessenen Umgang mit den Folgen des »Agent Orange«-Einsatzes.

Video: Vietnam – My orange pain (RT Documentary)

Literatur

Beckmann, Tho/Giesler, Renate (2000): Das Beispiel Vietnam: Agent-Orange und die Folgen. Zeitschrift »Behinderung und Dritte Welt« 11 (3), S.102-104.

Berendt, Isabell Franziska (2009): Der Einsatz von Agent Orange während des Vietnamkriegs in den 1960er Jahren. Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Hamburg.

Fabig, Karl-Rainer (2007): Agent Orange vor Gericht. In: Fabig, Anita/Otte, Kathrin (Hrsg.): Umwelt, Macht und Medizin. Zur Würdigung des Lebenswerks von Karl-Rainer Fabig. Kassel, S.46-57.

Fabig, Anita/Otte, Kathrin (Hrsg.) (2007): Umwelt, Macht und Medizin. Zur Würdigung des Lebenswerks von Karl-Rainer Fabig. Kassel.

Gallo, Werner (2007): Die unmittelbaren Wirkungen des Giftgaskrieges in Vietnam auf Menschen (und Umwelt) und ihre Folgen als Altlast. In: Fabig , Anita/Otte, Kathrin (Hrsg.), op.cit., S.232-241.

Griffiths, Philip Jones (2003): Agent Orange. »Collateral Damage« in Vietnam. London.

Hee-Tae Chae (2004): ER-ZIEHEN DURCH BE-ZIEHEN. Entwurf eines ganzheitlichen Erziehungsmodells auf der Grundlage der Individualpsychologie und der ostasiatischen Philosophie. Dissertation am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Philipps-Universität Marburg/Lahn.

Kühner, Stefan (2009): Lange nach dem Krieg … – Agent Orange und die späten Leiden der Opfer. In: Zeitschrift »Behinderung und Dritte Welt« 20 (2), S.16-23.

Le Thi Nham Tuyet/Johansson, Annika (2001): Impact of Chemical Warfare with Agent Orange on Women’s Reproductive Lives in Vietnam. A Pilot Study. In: Reproductive Health Matters 18, S.156-164.

Linck, Gudula (1995): Befähigung anderer Art? Zur Lebenswelt körperlich Behinderter in China. Pfaffenweiler.

Nguyen Van Tuan (2006): Agent Orange, Dioxine et leurs consequences. Ho-Chi-Minh-City.

Ninh Do Thi Hai (2002): Vietnam. Die Sozialpolitik für Behinderte in Vietnam. In: Pitschas, Rainer/Baron von Maydell, Bernd/ Schulte, Bernd (Hrsg.): Teilhabe behinderter Menschen an der Bürgergesellschaft in Asien und Europa. Speyer, S.195-204.

Stellman, Jeane Mager/Stellman, Steven D./Christians, Richard/Weber, Tracy/Tomasallo, Carry (2003): The extent and patterns of usage of Agent Orange and other herbicides in Vietnam. In: Nature 442, S.681-687.

Vo Quy (2007): Ökozid in Vietnam – Erforschung und Wiederherstellung der Umwelt. In: Fabig, Anita/Otte, Kathrin (Hrsg.), op.cit., S.218-231.

Anmerkungen

1) Die Operation »Ranch Hand« verstieß zum damaligen Zeitpunkt gegen die Haager Landkriegsordnung von 1907 und das Genfer Giftgasprotokoll von 1925; aufgrund fehlender Ratifizierung sind weder die USA noch die ehemalige südvietnamesische Regierung völkerrechtlich anklagbar (Berendt 2009, S.16 f.).

Quellen: PRAVDA TV/vietnam-kompakt.de/wissenschaft-und-frieden.de vom 23.09.2014

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