„Ein Ausweg wird nicht leicht sein“: Nach dem Wahldebakel der Regierung fahren ihr wieder einmal die Verfassungsrichter in die Parade und erklären zentrale Sparmaßnahmen als verfassungswidrig.
Erneut hat das höchste Gericht Portugals den Sparplänen der konservativen Regierung einen Strich durch die Rechnung gemacht und drei von vier geplanten Sparmaßnahmen gekippt. Als verfassungswidrig wurde zum Beispiel die Kürzung der Gehälter im öffent-lichen Dienst bezeichnet, die 675 Euro monatlich übersteigen, ebenso die Besteuerung von Arbeitslosen- und Krankengeld sowie Einschränkungen bei der Hinterbliebenen-renten.
(Foto: Sozialproteste in Portugal im November 2012)
Immer wieder fährt das Gericht der konservativen Regierung in die Parade und kippt unausgewogene Maßnahmen, die mit Blick auf die Troika verabschiedet wurden.
Nach verschiedenen Angaben klafft nun eine Finanzierungslücke zwischen 750 und 1,2 Milliarden Euro im Haushalt. Die Pläne, mit denen die Auflagen der Troika befriedigt werden sollten, das Defizit in diesem Jahr auf 4% der Wirtschaftsleistung zu senken, sind jetzt fraglich geworden. Die Finanzierungslücke macht 0,5 bis 0,8% % des Bruttoinlands-produkt (BIP) aus.
2013 fiel das Defizit vor allem wegen einmaligen Privatisierungserlösen auf 4,9%. Das war erneut höher als 2011 (4,3%), als es mit Privatisierungen deutlich gesenkt werden konnte. 2012 stieg es wieder deutlich auf 6,4%, weil nicht genug Tafelsilber verramscht werden konnte.
Die Regierung muss nun nach anderen Sparmaßnahmen suchen oder weitere Steuern erhöhen. Doch der konservative Ministerpräsident Pedro Passos Coelho zeigte sich „zutiefst besorgt“ über das Urteil und seine Auswirkungen. „Ein Ausweg wird nicht leicht sein“, sagte der Regierungschef und kündigte an, dass man die Entscheidungen nicht überstürzen werde.
Man wolle zwar das Urteil respektieren, aber nicht zulassen, dass Portugal in die Krise zurückfalle und erneut die EU-Partner um Hilfe bitten müsse. Im Mai konnte das Land den Rettungsschirm wieder verlassen und verzichtete auf präventive Kreditlinien. Allerdings erhält Portugal nur wegen der massiven Geldschwemme der Europäischen Zentralbank wieder Geld zu bezahlbaren Zinsen.
Aber besonders gut ist die Lage nicht, denn nach etwas Wachstum ist das Land wieder auf dem Weg in Rezession. Die Wirtschaft schrumpft im ersten Quartal 2014 um 0,7%. Die Regierung Coelho hat zwar am Freitag erneut einen neuen Misstrauensantrag abgewehrt, doch sitzt sie seit geraumer Zeit auf dem Schleudersitz. Den neuen Antrag hatten die Kommunisten gestellt, die deutlich gestärkt aus den Europaparlamentswahlen hervor-gingen. Unterstützt wurde er von allen Oppositionsparteien, aber die Regierungs-koalition konnte ihn mit 132 von 230 Stimmen abschmettern.
Wie schon bei den Kommunalwahlen zuvor hat sie von den Wählern am vergangenen Sonntag aber erneut eine heftige Abfuhr erhalten. Es zeigte sich erneut deutlich, dass sie längst weit entfernt davon ist, eine Mehrheit der Landsleute hinter sich zu haben. Die beiden Regierungsparteien kamen gemeinsam mit 27,7% nicht einmal an die Sozialisten heran, die mit 31,4% die Wahlen gewannen.
Die Kommunisten erreichten mit 12,5% eines der besten Ergebnisse ihrer Geschichte. Der Linksblock kam auf 5%, musste aber Verluste hinnehmen. Auf 7% aus dem Stehgreif kam die neue „Partei der Erde“ von Marinho e Pinto. Der Journalist will eine linke Alternative für das Land, wo die Linke nun gemeinsam leicht eine absolute Mehrheit stellen könnte. Allerdings war die Wahlbeteiligung bei den Wahlen mit 35% sehr gering.
Wenige Stunden nach Verkündigung des Urteils hatten die Kommunisten (PCP) einen Misstrauensantrag gegen die Mitte-Rechts-Regierung eingereicht. Er wurde mit 123 zu 89 Stimmen abgewiesen. Die PCP hatte den Antrag damit begründet, dass die Sparpolitik zu einer Verarmung weiter Teile der Bevölkerung geführt habe. Zweifellos hat diese Art von “Sparpolitik” letztlich im Jahr 2013 zu einer Arbeitslosenquote von über 18 Prozent geführt. Geradezu absurd ist der Vorschlag auf die so erhöhten Ausgaben für Arbeitslose eine Steuer zu erheben.
Die jetzt vorgebrachte Argumentation, dass damit der Abbau des Haushaltsdefizits gefährdet sei, geht am Wesentlichen vorbei. Das Defizit fiel 2013 vor allem wegen einmaliger Privatisierungserlöse, genauso wie es im Jahre 2012 wegen sehr viel geringeren Privatisierungen auf 6,4 Prozent angestiegen war. Jetzt wird überlegt, die Mehrwertsteuer von 23 auf 25 Prozent zu erhöhen. Ein Schlag für die 2,5 Millionen Menschen, die in Portugal an der Armutsgrenze leben. Schade, dass Portugal seit Beginn der Krise im Kampf gegen Steuerhinterziehung so wenig effizient vorgeht.
Man schätzt, dass jeder vierte erwirtschaftete Euro dem Staat vorenthalten wird. Man kann nur hoffen, dass der sich zuletzt abzeichnende Erfolg im Kampf gegen Steuer-paradiese auch Portugal zugutekommt. Zurzeit befindet das Land wieder auf dem Weg in Rezession. Das BIP ist im ersten Quartal 2014 um 0,7 Prozent geschrumpft.
Keine guten Aussichten für den Arbeitsmarkt, noch für den von der EU geforderten Abbau des Haushaltdefizits. Dabei lenkt die Konzentration auf das Haushaltdefizit nur von der Gesamtverschuldung in Höhe von 129 Prozent ab.
Quellen: PRAVDA TV/nachdenkseiten.de/heise.de vom 01.06.2014
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Das ist alles was es dazu zu sagen gibt.
Hat dies auf Oberhessische Nachrichten rebloggt.