Irland steht nach dem Fund von 800 Babyleichen in Tuam unter Schock. Der Skandal fördert nicht nur die Abgründe der meist katholischen „Fürsorge-Einrichtungen“ zutage, sondern eine Kultur des Vergessens und Verdrängens.
Pater Brian D’Arcy, einer der bekanntesten Katholiken Irlands, traf vermutlich eine verbreitete Stimmung, als er von einer „Greueltat“ sprach, „die in einem anderen Land passiert sein muss“. Aber es ist Irland, seine Heimat, in dem ein Massengrab mit fast 800 Kinderskeletten entdeckt wurde. „Ich konnte gar nicht glauben, dass dies in meiner Lebenszeit passiert ist, in meinem Land und unter der Religion, zu der ich gehöre und der ich mein Leben gewidmet habe“, sagte der fassungslose Pater am Freitag dem irischen Fernsehen.
Die Öffentlichkeit steht kopf, seit die Forschungsergebnisse der Heimathistorikern Catherine Corless zur Gewissheit machen, was zuvor nur in einigen Regionen des Landes als Gerücht kursierte: dass Babys und Kinder „gefallener Mädchen“ in katholischen Heimen unmenschlich behandelt und nach ihrem Tod wie Abfall weggeworfen wurden.
Die Spuren des aufgefundenen Massengrabes in der westirischen Ortschaft Tuam führen in das einstmals benachbarte „St.-Marien-Heim für Mütter und Babys“, das zwischen 1925 und 1961 von Nonnen des „Bon Secour“-Ordens betrieben wurde. Dort landeten unverheiratete Frauen, die wegen einer Schwangerschaft aus der konservativ-religiösen Gesellschaft ausgestoßen worden waren. Die Kinder sollen in dem Heim, das als „The Home“ bekannt war, ohne Hilfe von Ärzten und Hebammen zur Welt gekommen und danach grob vernachlässigt worden sein. Viele starben offenbar an Unterernährung und heilbaren Krankheiten. Statt sie zu bestatten und an ihre Namen und Lebenszeiten zu erinnern, wurden sie von den Nonnen in einem nahegelegenen Abwassertank verstaut.
Kultur des Vergessens und Verdrängens
Journalisten, die die Hintergünde des grausigen Funds recherchieren, erhärten nun die Vorwürfe. Der irische Fernsehreporter Philip Boucher-Hayes sprach mit mehreren Landsleuten, die berichteten, sie hätten die Nonnen dabei beobachtet, „wie sie in der Abenddämmerung zusammen mit Arbeitern leibliche Überreste in diesen Abwassertank steckten“. Boucher-Hayes geht davon aus, dass ein ähnliches Schicksal wie die „Tuam-Babys“ – so werden die Opfer in der irischen Presse genannt – auch andere Kinder erleiden mussten: In anderen Gegenden Irlands, in Cork, in West-Meath, in Tipperary gebe es ebenfalls „sehr große Gemeinschaftsgräber“ mit unidentifizierten Leichen, von denen bisher niemand wisse.
Der Skandal fördert nicht nur die Abgründe der staatlichen, meist katholischen „Fürsorge-Einrichtungen“ zutage, sondern eine über lange Zeit dominante Kultur des Vergessens und Verdrängens. In der vergangenen Woche meldete sich ein Mann zu Wort, der in Tuam aufgewachsen ist. Er berichtete, dass er schon 1972 gemeinsam mit seinem Freund Frannie Hopkins das Massengrab entdeckt habe. Es sei „randvoll mit Skeletten“ gewesen, sagte Barry Sweeney einer Zeitung. Die Teenager machten ihren Fund öffentlich – aber es folgte kein Skandal. Ein Priester habe das Grab gesegnet, und die Dorfbewohner hätten es danach mit Blumen bepflanzt, erinnerte sich Sweeney.
Die Sozialeinrichtungen Irlands waren bis in die letzten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts hinein überwiegend in den Händen der katholischen Kirche. Das Heim in Tuam zählte zu zehn derartigen Institutionen, in denen Zehntausende unverheiratete Mütter weggesperrt wurden, um, wie es damals hieß, die Moral anständiger Frauen nicht zu gefährden. Ihren Kindern wurde die Taufe verwehrt, sie durften auf keine normale Schule gehen.
Auch in den wenigen Institutionen, die protestantische Träger hatten, scheinen die Grundregeln menschlichen Anstands nicht immer befolgt worden zu sein. Seit Jahren kämpft die „Gruppe der Überlebenden des Hauses Bethanien“ um staatliche Unter-suchungen und Schadensersatz. In der Dubliner Einrichtung für unverheiratete Mütter waren zwischen 1922 und 1949 mehr als 200 Kinder gestorben. Im Jahr 2010 wurden sie in unidentifizierten Gräbern auf einem nahegelegenen Friedhof gefunden.
Die Betroffenengruppe wirft dem Staat Beihilfe vor, unter anderem weil er Dokumente vernichtet habe. Sie präsentierte eine verstörende Statistik: Nachdem in den Jahren 1935 bis 1939 mehr als 80 Kinder in dem Heim gestorben waren, fiel die Zahl für ein Jahr auf null, nachdem Berichte über die unhaltbaren Zustände eine öffentliche Diskussion ausgelöst hatten – und kranke Kinder vorübergehend in ein Spital gebracht wurden.
„Dunkle Vergangenheit“
Mehr Erfolg hatten die Opfer der sogenannten „Magdalenen-Wäschereien“, in denen katholische Nonnen über Jahrzehnte Tausende von der Gesellschaft ausgestoßene Frauen wie Sklaven gehalten hatten. Nach staatlichen Untersuchungen, die die zum Teil barbarischen Zustände in den öffentlich alimentierten Fabriken bestätigten, ent-schuldigte sich Premierminister Enda Kenny im vergangenen Jahr bei den betroffenen Frauen im Namen der irischen Nation. Zurzeit laufen Verhandlungen über die Höhe des Schadensersatzes.
Weitere Untaten präsentierte unlängst der britische Regisseur Stephen Frears einem breiteren Publikum. Sein auf dem Buch „The Lost Child of Philomena Lee“ basierender Kinofilm „Philomena“ leuchtet die verbreitete Praxis der Zwangsadoption aus. Buch und Film konzentrieren sich dabei auf das „Sean Ross Abbey“ in Tipperary. Nachdem dort die Kinder ihren Müttern weggenommen und an Adoptiveltern verkauft worden waren, vernichtete die Heimverwaltung Dokumente, um spätere Kontaktaufnahmen zwischen leiblicher Mutter und Kind zu verhindern.
Nach all diesen Skandalen hat sich in Teilen der irischen Gesellschaft schon fast eine Art Müdigkeit breitgemacht. Aber der grausige Fund in Tuam lässt die Debatte nun wieder hochkochen. Der irische Kinderminister Charlie Flanagan sprach in der vergangenen Woche von einer „schockierenden Erinnerung an die dunklere Vergangenheit Irlands, als unsere Kinder nicht so wertgeschätzt wurden, wie es sein sollte“.
Michael Neary, der Erbischof der Region, drückte sein Mitgefühl aus und nannte die Entdeckung des Massengrabes „eine Angelegenheit von großem öffentlichen Interesse, die umgehend Handlungen erfordert“. Die Regierung hat inzwischen Untersuchungen eingeleitet. Der betroffene Orden teilte nur mit, dass er nach der Schließung des Heimes alle relevanten Unterlagen an den Staat übergeben habe.
Quellen: AFP/faz.net vom 09.06.2014
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