Widerstandsfähige Pflanzen – ohne Gentechnik

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Dass die EU bald einen neuen Genmais zulässt, wird immer wahrscheinlicher. Pflanzen widerstandsfähig zu machen, geht aber auch ohne Gentechnik – so der Anspruch von Biozüchtern. Unterstützung erhalten sie von einem neuen Fachgebiet der Universität Kassel.

Rund 340.000 Pflanzenarten wachsen auf der Erde, doch nur ein Bruchteil davon landet auf dem Teller: 30 Arten liefern 95 % der pflanzlichen Nahrungsmittel. Insgesamt spielen nur rund 150 Arten für die Ernährung eine nennenswerte Rolle. Und es könnten noch weniger werden. Denn getrieben von Marktmechanismen konzentriert sich die konventionelle Landwirtschaft immer stärker auf wenige ertragsstarke Sorten. Das trägt dazu bei, dass die Biodiversität drastisch sinkt.

Gegen diesen Trend steuern Biobauern: „Ökologische Landwirtschaft strebt nicht nur mehr Sortenvielfalt, sondern auch eine höhere genetische Variation innerhalb der Sorten an“, erklärt Prof. Dr. Gunter Backes, Leiter des Fachgebietes „Ökologische Pflanzen-züchtung und Agrarbiodiversität“ an der Universität Kassel. „Eine höhere Diversität innerhalb einer Sorte kann begünstigen, dass die Pflanzen langfristig widerstandsfähiger werden und sich besser an geografische und klimatische Schwankungen anpassen.“

Dass die ökologische Landwirtschaft genetische Vielfalt stärker fördert als die konventionelle, liegt an den unterschiedlichen Züchtungszielen und -methoden. „Konventionelle Landwirtschaft schafft für die Pflanze eine künstliche und reduzierte Umwelt“, erklärt Backes. Mineraldünger sorgen für eine hohe Nährstoffzufuhr, Chemikalien wie Pestizide halten Krankheiten und Schädlinge fern. Diese künstliche Umwelt wird kurzfristig an die Pflanze angepasst, mit dem Ziel, Erträge zu optimieren.

In der Biolandwirtschaft hingegen fügt sich die Pflanze in ein bestehendes Ökosystem ein. Alle Bestandteile dieses Systems werden so beeinflusst, dass sie die nachhaltige Produktion einer Feldfrucht bestmöglich unterstützen. „Das Ziel ist eine Pflanze, die in einem ökologischen Umfeld eine bessere Leistung bringt. Dafür muss sie imstande sein, sich an ein spezifisches lokales System anzupassen sowie kurzfristig stärkere Schwankungen der Bedingungen abzupuffern. Die potentiell höhere Diversität von ökologisch gezüchteten Sorten steigert diese Anpassungsfähigkeit“, erklärt Backes.

Im Labor macht Backes gezielt genetische Ressourcen durch ihre Charakterisierung für die Züchtung nutzbar. Am Beispiel Dinkel, Roggen, Hafer und wildem Weizen analysiert er derzeit, wie genetisch divers und somit wertvoll bestimmte Gruppen von Sorten sind. Die Diagnose genetischer Marker hilft, neue Kreuzungen zu planen. Backes kristallisiert heraus, welche Eigenschaften mit welchen Gen-Allelen verknüpft sind, erkennt dadurch beispielsweise, welche Gene für Resistenzen verantwortlich sind. Dieses Wissen stellt er den Züchtern zur Verfügung, die dadurch sehen, welche Kreuzungspartner sich am besten eignen, wenn die am Ende des Züchtungsprozesses stehende Sorte die erwünschten Eigenschaften haben soll.

Mit Gentechnik, bei der Gene von einer Art zu einer anderen übertragen werden, hat die Kasseler Forschung nichts zu tun. Die Gen-Untersuchungen dienen nur der Diagnose. So lässt sich beispielsweise auch langfristig beobachten, welche genetischen Veränderungen Züchtungen verursachen.

Backes arbeitet zukünftig eng mit Züchtern zusammen. Er widmet sich Problemen, die sich für Biozüchter oder aber konventionelle Züchter, die für den Ökolandbau arbeiten, ergeben. Die enge Zusammenarbeit mit Züchtern soll sicherstellen, dass die Projekt-ergebnisse den Weg in die Praxis finden. Neben der Charakterisierung genetischer Ressourcen will Backes sich zunächst zwei anstehenden Projekten widmen: Er erforscht, wie man Ackererbsen mithilfe nützlicher Begleitpilze vor Krankheiten schützen kann. Außerdem beschäftigt er sich weiterhin verstärkt mit Getreide – wie mit der Charakterisierung und Nutzung komplexer Weizensorten.

Quelle: uni-kassel.de vom 23.04.2014

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