Die Explosion der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko löste eine riesige Ölpest aus. Jahre später leiden tausende Menschen an den gesundheitlichen Folgen.
George Barisich kann nicht mehr rennen – seine Lunge macht das nicht mit. Das Leben des 58-Jährigen hat sich vor vier Jahren dramatisch verändert. Die Explosion der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko zerstörte nicht nur die Existenzgrundlage des Fischers.
Barisich stellte damals seine Arbeitskraft und sein Boot für den Kampf gegen die Ölpest zur Verfügung. Ihn trieb der Wunsch an, zu helfen. Außerdem musste er irgendwie Geld verdienen. Im Nachhinein bereut er seine Entscheidung. Durch den Kontakt mit dem Öl habe er zunächst Atemprobleme, später eine Lungenentzündung bekommen, erzählt er. Sein Gesundheitszustand sei nicht mehr derselbe wie vor dem Unglück.
Barisich erwägt, Schadensersatzforderungen an den Ölkonzern BP zu stellen.
Entsprechende Zahlungen sieht ein Vergleich vor, den ein Bundesgericht im Februar bestätigte. Davon profitieren könnten Schätzungen zufolge etwa 200 000 Betroffene, sofern sie nachweisen, dass ihre Gesundheit durch den Kontakt mit dem Öl gelitten hat. In erster Linie geht es um Atemwegs- oder Hauterkrankungen. Die Entschädigung – in Einzelfällen bis zu 60.700 Dollar (43.900 Euro) – soll die Kosten für medizinische Behandlung und Nachsorgeuntersuchungen decken.
In einer Langzeitstudie im Auftrag der US-Regierung versuchen Wissenschaftler die gesundheitlichen Folgen der Ölpest zu ermitteln. Insgesamt 33.000 Probanden nehmen teil, Barisich ist einer davon. Aus früheren Studien wisse man, dass es in einem Zeitraum von ein bis zwei Jahren nach einer Ölpest zu Atemproblemen und Veränderungen in der Lungenfunktion kommen könne, sagt Dale Sandler, die die Untersuchung leitet. Nach ein paar Jahren normalisiere sich der Zustand dann allmählich wieder.
„Was allerdings keiner je gefragt hat: Ist das Risiko für diese Menschen höher, nach fünf oder zehn Jahren herzkrank zu werden oder Krebs zu bekommen?“, sagt die Medizinerin in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. „Ich bin mir sicher, dass sich die Leute, die die Ölpest erlebt haben, genau darüber Sorgen machen.“ Auch aus diesem Grund ist die Studie auf mindestens zehn Jahre angelegt.
Psychische Folgen
Erste Ergebnisse deuten laut Sandler darauf hin, dass diejenigen, die an den Reinigungs-arbeiten nach der Ölpest beteiligt waren, vermehrt unter Depressionen oder Angst-gefühlen leiden. Allerdings, so die Ärztin, dürfte es grundsätzlich schwierig sein, einen direkten Zusammenhang zwischen gesundheitlichen Problemen und der Ölpest nach-zuweisen. Die meisten Betroffenen hätten nämlich schon zuvor im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Kontakt mit Öl oder chemischen Substanzen gehabt. Viele seien darüber hinaus Raucher.
Auch Bert Ducote berichtet über psychische und körperliche Beschwerden. Seine Haut sei während der mehrere Monate dauernden Arbeiten trotz Schutzkleidung mit einer Mischung aus Rohöl, Salzwasser und chemischen Dispersionsmitteln in Kontakt gekommen, sagt der Fischer aus Meraux. Es hätten sich Dutzende Beulen an Hals, Rücken und Bauch gebildet.
Wie Barisich möchte Ducote im Zuge des Vergleichs mit BP seinen Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung geltend machen. Zugleich beklagt er: „Das bisschen Geld, das sie uns geben, wird nie unsere Lebensqualität und unsere Gesundheit ersetzen können.“
BP verweist dagegen auf die Worte des US-Bezirksrichters Carl Barbier, wonach beide Seiten den Vergleich als eine faire und vernünftige Alternative für einen Prozess bezeichnet hatten. Außerdem listete der Konzern eine Reihe von Maßnahmen zum Gesundheitsschutz auf. So hätten die Arbeiter beispielsweise Schutzkleidung und ein Sicherheitstraining erhalten.
Nicht alle nutzten jedoch diese spezielle Ausrüstung, sagt Edward Trapido. Der Krebs-spezialist leitet eine Studie an der Universität von Louisiana, die die Auswirkungen der Ölpest auf die an den Reinigungsarbeiten beteiligten Menschen und ihre Familien untersucht. Laut Trapido legten viele wegen der brütenden Hitze keine Schutzkleidung an. Von den gegenwärtigen Langzeitstudien erhofft sich der Wissenschaftler auch Lektionen für die Zukunft: Die Erkenntnisse könnten helfen, bei vergleichbaren Katastrophen besser zu reagieren.
Video: Vier Jahre nach dem ca. 757 Millionen Liter Öl in den Golf von Mexiko geflossen sind, werden immer noch tote, unterernährte oder toxisch belastete Tiere gefunden, die Langzeitfolgen sind nicht abschätzbar
Quellen: PRADVA TV/rt.com/dpa/taz.de vom 20.04.2014
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