In der EU hat ein geheimes Gremium die Regierungs-Geschäfte übernommen: Im sogenannten Trilog fallen die Entscheidungen über Gesetze abseits der ohnehin nur rudimentären demokratischen Strukturen. Die Wahlen zum EU-Parlament sind vor diesem Hintergrund eine Farce. Die Bürger Europas werden zu Komparsen in einem schlechten politischen Theater.
In der EU gibt es schwerwiegende demokratische Defizite: Das EU-Parlament wird nicht nach dem Prinzip “one man – one vote” gewählt. Die Beschickung ist nach nationalen Kontingenten eingeteilt. Anders als der Name sagt, ist das Parlament keine Volksver-tretung, die die Gesetze macht. Das alleinige Recht, Gesetze vorzuschlagen, obliegt der EU-Kommission.
Die Kommission wird von niemandem gewählt. Erfahrene LobbyistenPolitiker, die auf nationaler Ebene ausgedient haben, machen die Gesetze. Das Parlament dient eher der nationalen Versorgung und ist eine Art Versorgungsreserve für die nationalen Parteien. Daher tummeln sich im EU-Parlament auch unsägliche Chaoten wie der österreichische Politiker Andreas Mölzer, der die EU in blankem Rassismus als “Negerkonglomerat” bezeichnet hat. Es gibt keine Instanz, die solche Exzesse unterbinden kann. Alle EU-Parlamentarier genießen – ob rechts oder links – massive Privilegien. Für die Bezahlung von Leuten wie Mölzer haben die europäischen Steuerzahler aufzukommen.
Abseits des pseudo-demokratischen Schaulaufens und der offensichtlichen Proporz-Posten fallen die Entscheidungen in einem Gremium, das für diese Aufgabe überhaupt nicht vorgesehen ist: Der EUObserver hat aufgezeigt, dass die Hinterzimmer-Politik in Brüssel seit geraumer Zeit kein Einzelfall, sondern eine Art Institution geworden ist.
Das Gremium, welches über die Bürger Europas bestimmt, heißt „Trilog“.
Kaum jemand hat von dieser Organisationen je gehört.
Der Trilog sollte ursprünglich den Gesetzgebungsprozess bei Pattsituationen zwischen Rat und Parlament weiterführen. Doch im Schattengremium fallen immer öfter die Entscheidungen. Die EU wurde von einer anonymen Gruppe gekapert, deren Namen niemand kennt und die für ihre oft weitreichenden Entscheidungen nicht verantwortlich gemacht werden können.
EU-Gesetze werden immer stärker vom Trilog entschieden. Doch es gibt keine einzige Erwähnung dieses entscheidenden Schattengremiums der Gesetzgebung in einem EU-Vertrag. Rechtlich gesehen gibt es den Trilog gar nicht.
Die EU beschreibt die Aufgabe des Trilogs offiziell so:
„Sämtliche Trilog- und Fachsitzungen, die vor der ersten Sitzung des Vermittlungsaus-schusses stattfinden, dürften dazu beitragen, dass dieVermittlung oft bereits in dieser ersten Sitzung abgeschlossen werden kann, manchmal sogar in Form einer einfachen Feststellung des zuvor erreichten Einvernehmens.“
Dazu dienen auch Informelle Verhandlungssitzungen:
„In diesen informellen Verhandlungssitzungen bemühen sich der Präsident des AStV und der (die) Vertreter des EP um eine Annäherung der Standpunkte beider Organe, so dass das Ergebnis der ersten Lesung des EP (…) vom Rat akzeptiert werden kann …
Auch wenn klar ist, dass in erster Lesung keine Einigung erzielt werden kann, ist es möglicherweise sinnvoll, die Kontakte mit dem Parlament fortzusetzen, um die strittigen Punkte klarer einzugrenzen … Kennzeichnend für die erste Lesung ist also, dass kontinuierlich Kontakte bzw. Verhandlungen mit dem Parlament stattfinden, wobei Parlament und Rat anschließend über die Ergebnisse dieser Zusammenkünfte beraten und ihre jeweilige Verhandlungsposition festlegen. Gleiches gilt auch für die Phase, in der die Vermittlung vorbereitet wird.“
Tatsächlich fallen in diesem ursprünglich als Vermittlungssauschuss geplanten Gremium jedoch immer öfter die Entscheidungen. In der Legislaturperiode des EU-Parlaments von 1999 bis 2004, wurden 89 der 403 beschlossenen Gesetze erst nach der ersten Lesung beschlossen. In der ersten Hälfte der laufenden Parlamentsperiode belief sich die Zahl auf nur noch 4 Prozent.
Rund 80 Prozent der EU-Gesetze werden nun in der ersten Lesung beschlossen. Ein durchschnittlicher Gesetzgebungsprozess dauert insgesamt durchschnittlich 14,4 Monate. Das Trilog-Verfahren soll diesen Prozess weiter beschleunigen. Die geheimen Ver-handlungen beginnen, sobald sich die Zuständigen auf eine Anfangsposition zu einem Gesetz geeinigt haben.
Die Zahl der Teilnehmer variiert von Fall zu Fall, nicht aber das Verfahren an sich. Im Verhandlungsteam sitzen in der Regel der Berichterstatter, Schattenberichterstatter aus anderen Fraktionen und die Ausschussvorsitzende.
Die Teilnehmer erhalten Dokumente, welche die drei Startpositionen der drei Institutionen erhält. In einer vierten Spalte wird der Kompromisstext des Trilogs notiert. Dieser Prozess geschieht in Hinterzimmern Brüssels.
Die Mitarbeiter eines Abgeordneten haben verraten, dass ihr Vorgesetzter Mitglied in 40 Trilogen war. Im Durchschnitt fanden rund 25 separate Trilog-Sitzungen pro Woche statt, so der EUObserver.
Die Gesetzgebung verliert somit an Demokratie und Transparenz.Nachvollziehbar ist die Gesetzgebung in nur zwei Momenten. So ist der Entwurf öffentlich und das in der Schlussabstimmung der 751 EU-Abgeordneten beschlossene Gesetz. Die Entwicklung dazwischen geht hinter verschlossenen Türen vor sich.
Die Wahl zum EU-Parlament ist daher in erster Linie ein Verteilungskampf: Die Partei-Konzerne (wie Mathew D. Rose es in einem lesenswerten Buch sehr treffend beschreiben hat) sichern sich weitere Posten. Jedes einzelne Mandat bringt der jeweiligen Partei hunderttausende Euro, die Gehälter und Privilegien nicht eingerechnet. Das ist ein knallhartes Geschäftsmodell, von dem nur die Parteien, und nicht die Bürger profitieren.
In den kommenden Jahren wird sich das nicht ändern – auch wenn angeblich der Kommissionspräsident künftig unter Berücksichtigung der Wahlergebnisse der EU-Wahl bestimmt werden soll. Die beiden Spitzenkandidaten Martin Schulz und Jean-Claude Juncker können nur bedingt als lupenreine Demokratenangesehen werden: Schulz steht unter Beschuss, weil er ein Dokument manipuliert hat und weil er seine Mitarbeiter mit Beamtenposten versorgt. Juncker hat gesagt, dass er es bevorzugen würde, wenn die wichtigen Entscheidungen in „dunklen Räumen“ getroffen würden.
Doch Angela Merkel hat bereits klar gemacht, dass diese Neuregelung nur eine Empfehlung ist, die nicht bindend ist. Daher wird der nächste EU-Kommissionspräsident in freihändiger und geheimer Kungelei von den Regierungschefs bestimmt werden.
Die Entscheidung werden weiterhin im Trilog erfolgen.
Das ist keine Demokratie.
Das ist ein Witz.
Quellen: dpa/Deutsche-Wirtschafts-Nachrichten vom 05.04.2014
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