Es ist schon nervenaufreibend, in der historischen Phase eines grundlegenden Wandels zu leben. Dies gilt insbesondere dann, wenn der große schwerfällige, mit Abfall beladene Lastkahn der zu Ende gehenden industriellen Zivilisation nicht so schnell seinen Kurs ändert, wie er es nach unserem Wissen eigentlich tun müsste. Oft fühlt man sich dann mit seiner düsteren Weltsicht, seinen sorgfältigen Vorbereitungen auf eine schwierige Zukunft und angesichts der spöttischen oder kichernden Verwandten, die einen jeden Tag damit aufziehen, was für ein Einfaltspinsel man doch sei, der sich über kommende schlechte Zeiten Sorgen mache, bloßgestellt und beschämt. Halten Sie durch. Es gibt schlimmere Dinge in diesem Leben, als sich nicht genau an den Zeitplan zu halten.
Zwei einfache Begriffe verdeutlichen, warum zwei aussagekräftige Hinweise auf einen Wirtschaftskollaps seit den Erschütterungen des Jahres 2008 ungelöst blieben: Trägheit und Betrug. Niemals zuvor in der menschlichen Geschichte existierte eine Matrix derart komplexer Systeme – so umfassend, dicht, folgenschwer und einflussreich –, die das alltägliche Leben (nicht nur einer größeren Bevölkerung, die in ihm agiert) am Laufen hält. Dahinter steckt so viel Masse in Bewegung, dass es schon eine Weile dauert, bis eine Verlangsamung eintritt. Die aufgenommene Energie reicht immer noch aus, das System am Laufen zu halten und einen Eindruck von Kontinuität zu vermitteln.
So liefert die Agrarindustrie immer noch riesige Mengen bernsteinfarbenen Getreides und ganze Tankladungen von Maissirup an die Snacks produzierenden Fabriken PepsiCos, und die Lastwagen der Wal-Mart-Einzelhandelskette befördern immer noch reihenweise Paletten mit Erdnussflips und anderem Knabberzeug von den PepsiCo-Beladerampen in die Konsumtempel. Auf den Autobahnen und Fernstraßen staut sich weiterhin der Verkehr, obwohl der Ölpreis jetzt bei 100 Dollar pro Barrel liegt. Die Beleuchtung bleibt angeschaltet. Und das langweilige Geschwafel der Kabel-Fernseh-sender bildet weiterhin das ständige und unerbittliche Hintergrundgeräusch des Lebens. Man gewinnt den oberflächlichen Eindruck, dass alles normal so weitergeht wie bisher. Aber wie schon Herbert Stein auf prägnante Weise sagte: »Wenn etwas nicht endlos weitergehen kann, wird es aufhören.«
Der Betrug ist in dem Missbrauch und der bewusst irreführenden Interpretation offizieller Statistiken, die als Maßstab der Regierungspolitik benutzt werden, sowie in der vorherrschenden Buchhaltungsmanipulation der gleichen Regierung in Haushalts-angelegenheiten, aber auch in unseren führenden Finanzinstitutionen und Unternehmen allgegenwärtig. Dies schließt fehlerhafte Aufsicht und Kontrolle im Bankwesen ein, Manipulation der Zinsen, Betrug bei Hypotheken und anderen Wertpapieren, das so genannte »Front-Running«, d.h. das Vorschieben von Eigengeschäften, Leerverkäufe, die Weiterverpfändung von Wertpapieren, Geldwäsche, das so genannte »Pumping and Dumping« (d.h. man treibt den Kurs eines Finanzinstruments erst künstlich hoch, um dann große Mengen dieser Papiere, die sich im Eigenbesitz befinden, gewinnbringend zu verkaufen), das künstliche Aufblähen von Verkaufszahlen, die endlose Einführung neuer, »innovativer« Schwindel-Finanzinstrumente und am wichtigsten, die im Grundsatz falsche Bewertung der Kosten für Kredite, die sich in praktisch allen Bereichen und insbesondere bei Immobilien, Aktien und Anleihen widerspiegelt.
Darüber hinaus sind in den Schatten der Schattenwelt, die auch als »Schattenbanken« bekannt ist, in jenen kaum wahrnehmbaren Gefilden aus Geheimnissen und Intrigen, nur wenige privilegiert, zu wissen, was wirklich vorgeht. Und man kann sicher sein, dass sie sich ausschließlich um ihren Anteil an den Geschäften kümmern, während sich immense Summen immer abstrakteren »Geldes« ihren Weg durch die Abwasserrohre der Derivate bahnen, bis sie schließlich im Ozean des enttäuschten Vertrauens Vergessen finden.
Fühlen Sie sich also nicht schlecht, wenn diese gigantische Maschinerie der Tollheit zum Stillstand kommt, und vertrauen Sie darauf, dass das blendende Licht des göttlichen Richterspruchs tatsächlich auch bis in die Wassertiefen dringt, in die das enttäuschte Vertrauen herabgesunken ist. Früher oder später wird sich die Beziehung zwischen Realität und Wahrheit wieder an den tatsächlichen Ereignissen orientieren.
In der Zwischenzeit lohnt es sich aber, über eine gewichtige Frage nachzudenken: Welche Form wird die Zukunft annehmen? Und wie werden wir uns selbst auf dem Weg dahin und schließlich in dieser Zukunft verhalten? Und was werden wir bei all dem denken und empfinden? Sehr wahrscheinlich wird die Reise, auf die uns zu begeben wir im Begriff sind, rauer und härter sein als unser derzeitiger Bestimmungsort, wenn wir dort einmal angekommen sind. Außerhalb der Mainstream-Finanzmedien und der akademischen Urwälder herrscht der Konsens vor, dass die Modelle, die wir entwickelt und benutzt haben, um wirtschaftliche Vorgänge zu verstehen, mit jedem Monat brüchiger geworden sind. Und dies vergrößert sicherlich die Schwierigkeit für uns, eigene theoretische Modelle dazu zu entwickeln, wie das alltägliche Leben in den vor uns liegenden Jahren aussehen wird.
In der Welt der Internetblogs und andernorts neigen einige dazu, den Kapitalismus für unsere Misere verantwortlich zu machen. Aber Kapitalismus ist ein Phantomgegner und kein Wirtschaftssystem. Er ist auch in Wirklichkeit keine Ideologie oder ein Glaubens-system. Wenn dieser Begriff überhaupt eine Bedeutung hat, beschreibt er das Verhalten kumulierten Mehrwerts in Übereinstimmung mit den bekannten Gesetzen der Physik – der Bewegung von Energie durch Zeit und Raum – und die Entscheidungen, die wir bei der Organisierung der Gesellschaft in Beziehung auf diesen Mehrwert treffen. Die Energie wird durch das Kapital verkörpert, das sich aus Vereinfachungsgründen wiederum in Geld ausdrücken lässt. Zinsen bilden die Kosten des Geldes innerhalb eines bestimmten Zeitraums und die Risiken ab, die mit der Kreditvergabe verbunden sind. Nebenbei bemerkt haben Zinsen in allen politischen Systemen die gleiche Funktion, auch wenn einige Gesellschaften versucht haben, Zinsen zu kriminalisieren.
In der Hochzeit der industriellen Expansion, als fossile Brennstoffe noch im Überfluss vorhanden und daher billig waren und wir den größten Mehrwert jemals in der Geschichte erzeugten, traf die Menschheit einige sehr schlechte Entscheidungen und verprasste diese einmalige Goldgrube. Es kam zu zwei Weltkriegen und einer Vielzahl anderer militärischer Konflikte, die weniger Opfer forderten. Die USA und seine Nachahmer versuchten, den Reichtum unter einer Gangster-Regierung zu verge-sellschaften. Aber es gelang ihnen lediglich, die gesamte Bevölkerung – bis auf die Gangster selbst – in Armut zu stürzen.
Amerika errichtete unwirtliche Vorstädte und Las Vegas. Aber keine dieser »modernen« Kulturen traf irgendwelche Anstalten für eine Zukunft, in der das Verschwenden der fossilen Brennstoffe und die technisch-industrielle »Party« möglicherweise an ihre Grenzen stoßen würden, was genau jetzt der Fall ist. Stattdessen entschieden wir uns dafür, uns der absurden Ansicht des Wirtschaftsprofessors Julian L. Simons anzu-schließen, der einfach behauptete, es gebe keinen Grund, anzunehmen, dass an irgendeinem gegebenen Moment in der Zukunft die verfügbare Menge irgendwelcher natürlichen Rohstoffe oder Dienstleistungen auf dem jetzigen Preisniveau geringer als jetzt ausfallen werde. Gleichzeitig hofften wir darauf, irgendeine Gruppe genialer Erfinder werde schon die Probleme der Verknappung der Ressourcen und des Bevölkerungswachstums rechtzeitig lösen.
Diejenigen, die den Kapitalismus verteufeln, schlagen als Ausweg aus unserer komplizierten Zwickmühle vor, einfach das Geld abzuschaffen. Aber die Vorstellung einer menschlichen Gesellschaft ohne Geld lässt uns nur die Alternativen, entweder auf die Affenbrotbäume der steinzeitlichen Savanne zurückzukehren oder sich den techno-narzisstischen Masturbationsfantasien eines Ray Kurzweil über ein Multiversum anzu-schließen, das mit den organischen Vorgängen auf dem Planeten Erde nichts mehr zu tun hat.
Meiner Vermutung nach wird es, solange es menschliche Gesellschaften gibt, auch Tauschmittel geben, die die Qualität dessen besitzen, was wir heute »Geld« nennen. Und solange es Geld – in welcher Form auch immer – gibt, werden einzelne Menschen mehr davon besitzen als andere. Und sie werden einen Teil ihrer Überschüsse zu bestimmten Bedingungen an andere verleihen.
Bei dem, was die meisten Menschen als »Kapitalismus« bezeichnen, handelte es sich um ein Wirtschaftsmodell, das aus einer bestimmten Übergangsphase in der Geschichte abgeleitet wurde. Zunächst schien es die Wirklichkeit zutreffend zu beschreiben, aber schon nach einer Weile tat es das nicht mehr, weil sich die Realität veränderte, und es letztlich eben nur ein Modell war. Nichts währt ewig, und das gilt auch für das Bekleidungsunternehmen Boohoo, Karl Marx, John Maynard Keynes und Paul Krugman.
Als erstes verkehren sich die Komplexität und der Abstraktionsgrad unserer derzeitigen Geldoperationen, die man manchmal als »finanzialisierte Wirtschaft« bezeichnet, ins Absurde. Wenn wir irgendetwas für unsere Probleme mit Geld verantwortlich machen wollen, dann unsere halbherzigen Versuche, die Verlangsamung der technisch-industriellen Fortschritts-Kavalkade durch die Ausgabe von Ersatz-Überschuss in Form von Schulden abzufedern – was das Versprechen beinhaltet, irgendwann in der Zukunft hypothetischen, noch gar nicht erwirtschafteten Reichtum zu verteilen. Versprechen dieser Art wurden jetzt zu viele ausgesprochen, und es gibt zu wenige vertrauenswürdige Versprechende. Zudem sind die Aussichten, Reichtum in dem Ausmaße zu erzeugen, wie es in der jüngeren Vergangenheit möglich war, sehr gering.
Die versteckte (oder ignorierte) Wahrheit über diese Zwickmühle findet ihren unver-meidlichen Ausdruck in der gegenwärtigen degenerierten Kultur, jener Monstrositäten-schau pornografischer, krimineller Habgier, zu der die USA geworden sind. Diese Entwicklungen zeigen nur, wie moralisch verkommen unsere gegenwärtige Epoche ist, was sich schon daran festmachen lässt, dass die allgemeine Aufmerksamkeit sich auf solche vulgären Dummheiten wie die sexuell aufgeladene Tanzform Twerking oder die Pornoromanze zwischen Kanye West und Kim Kardashian, die Aktivitäten der Reality-Fernsehsendung Duck Dynasty sowie die Partyexzesse der »Wölfe der Wall Street« konzentriert. Seit der Ermordung John F. Kennedys sind wir in kleinen, aber stetigen Schritten zu einem Land geworden, in dem alles erlaubt ist und nichts mehr wirklich zählt.
Die politische Verantwortung dafür kann gleichermaßen zwischen den progressiven Vertretern der so genannten Babyboomer-Generation (bspw. den Erfindern des Konzepts der politischen Korrektheit) und den primitiven Konservativen »freimarktwirt-schaftlicher« Prägung (die Slogans wie »Geld ist Redefreiheit« anhängen) verteilt werden. Der Haken ist allerdings, dass einige Dinge wirklich zählen, und dazu gehört bspw. die Frage, ob sich die Menschheit in irgendeiner Weise weiterhin zivilisiert verhalten kann, wenn die technisch-industrielle Orgie ihrem Ende entgegen geht.
Quelle: info.kopp-verlag.de vom 09.03.2014
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Hat dies auf Oberhessische Nachrichten rebloggt.
Strukturelle Fehler, auch Denkfehler, können nur durch Erziehung verändert werden. Eine auf Lebens-/Naturerhaltung basierende Lebensweise ist uns aberzogen und durch eine Konsumgesellschaft ersetzt worden. Daher kann auch der Rückwärtsgang/die Richtungsänderung nur schrittweise erreicht werden. Die Profitmaximierung führt zu einer Sackgasse, weil es deren Charakter ist naturzerstörend bzw. Ressourcen verschwendend zu wirken. Wer glaubt, dass dies zu korrigieren ist, irrt, denn deren Philosophie ist, Verbote zu umgehen oder abzuschaffen. Das kann nur durch Änderung der Zielsetzung von Profit- in Nutzenmaximierung (für die Gemeinschaft) erreicht werden. Die Globalisiserung ist letztlich nur eine Wiederholung der Osterinsel.