Training für den Ernstfall: Die gemeinsamen Frühjahrsmanöver der US-amerikanischen und südkoreanischen Streitkräfte haben begonnen. Nordkorea fühlt sich dadurch provoziert – hält aber bislang still.
ast zwei Monate werden südkoreanische Soldaten gemeinsam mit US-Amerikanern ihre jährlich stattfindenden Manöver absolvieren, zu Land, zu Wasser und in der Luft. An diesem Montag (24.02.) fiel der Startschuss für das Manöver „Foal Eagle“. Zeitgleich begann außerdem die elftägige, größtenteils computersimulierte Kommando-Schulung „Key Resolve“.
Insgesamt 12.700 US-Soldaten nehmen teil, wie viele südkoreanische dabei sind, ist nicht genau bekannt. Im vergangenen Jahr waren es mehr als 200.000, dieses Mal etwas weniger. Auch die Zahl der beteiligten Waffensysteme sei weniger umfangreich, erklärt Christoph Pohlmann von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Seoul gegenüber der Deutschen Welle. „Das sind Maßnahmen, um den Norden nicht weiter zu provozieren. Allerdings ist es gleichzeitig so, dass die Südkoreaner auch nicht zu weich erscheinen wollen.“ Vermutlich deswegen würden in der südkoreanischen Presse keine entsprechenden Zahlen genannt.
Unvereinbare Positionen
Bei den großangelegten Trainingsmanövern geht es im Kern darum, fiktive Szenarien durchzuspielen, um „auf jede mögliche Krise antworten zu können“, so der Befehlshaber des gemeinsamen Truppenkommandos (CFC), Curtis Scaparrotti, vor genau zwei Wochen. Das Ganze sei rein defensiver Natur und würde nicht dazu dienen, einen Angriff vorzubereiten.
Worte an die Adresse der Führung in Pjöngjang – wie jedes Jahr. Aber Nordkorea fasst die seit 1997 stattfindenden Militärübungen seinerseits traditionell als Provokation auf, unterstellt dem verfeindeten Süden, tatsächlich eine Invasion zu planen und reagiert in steter Regelmäßigkeit mit aggressiver Rhetorik und Angriffsdrohungen.
Alle Jahre wieder
Im vergangenen Jahr war die Lage auf der koreanischen Halbinsel besonders angespannt: Die Manöver begannen nur wenige Tage nach dem dritten nordkoreanischen Atomtest vom 12. Februar. Auch 2014 reagierte Pjöngjang zunächst in altbekannter Weise. „Wir mahnen die Regierungen der USA und Südkoreas mit Nachdruck, die gefährlichen Militärübungen zu stoppen, die für die gesamte Halbinsel und die Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea in einer Katastrophe enden könnten“, hieß es in einer Mitteilung der amtlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA.
Doch dann waren aus Pjöngjang versöhnlichere Töne zu vernehmen. Die Nationale Verteidigungskommission schlug dem Süden Annäherungsmaßnahmen vor – allem voran eine neue Runde der seit Ende 2010 auf Eis liegenden Familientreffen.
Rhetorische Feinheiten
Insgesamt hätten sich die verbalen Drohgebärden in diesem Jahr sehr in Grenzen gehalten, meint Patrick Köllner vom Hamburger GIGA-Institut für Asien-Studien. „Nordkorea hat darauf verwiesen, dass im Endeffekt nicht Südkorea sondern die USA die Hauptschuldigen seien, die diese Provokation vorantreiben.“
Die vergleichsweise moderaten Töne passen nach Ansicht von Christoph Pohlmann auch zur jüngst ausgegebenen Linie Kim Jong Uns. „Er hat in seiner Neujahrsansprache genau wie die südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye den Willen bekräftigt, die inner-koreanischen Beziehungen zu verbessern.“
Emotionales Wiedersehen
In Seoul wurde Aussicht auf Familientreffen dennoch zunächst skeptisch beurteilt. Denn immer wieder wird dieses hochemotionale Thema politisch instrumentalisiert. Traditionell will der Norden für eine Zusage in Form von wirtschaftlichen Hilfen oder politischen Zugeständnissen belohnt werden. Und wiederholt ließ Nordkorea derartige Familientreffen in der Vergangenheit kurzfristig platzen. Zuletzt im Herbst 2013.
Auch dieses Mal drohte Pjöngjang zwischenzeitlich, die Treffen im Vorfeld zu stoppen, forderte zwar nicht mehr die Absage aber dennoch eine Verschiebung der Militärübung. Doch dann konnten sich Vertreter beider Seiten schließlich doch auch die Durchführung einigen: Seit dem 20. Februar und noch bis Dienstag (25.02.2014) waren im nord-koreanischen Feriengebiet Kumgang mehrere hundert Menschen versammelt, deren Familien vor mehr als sechs Jahrzehnten getrennt wurden.
Instrumentalisierung mit Methode
Durch die Familientreffen erhofft Nordkorea sich konkrete Einnahmen, ist Christoph Pohlmann überzeugt. „Es geht zum Beispiel um eine Wiedereröffnung des Tourismus-projekts im Kumgansan-Gebirge.“ Jetzt warte man, inwieweit Seoul im Gegenzug zu den Familienzusammenführungen bereit sei, Kooperationen mit dem Norden wiederzu-beleben.
Ob es tatsächlich dazu kommt, ist allerdings noch nicht klar. „Wir wissen nicht, inwieweit es von Seiten Südkoreas Zugeständnisse gegeben hat und ob sich die Südkoreaner bereit erklären werden, den Norden wieder verstärkt mit Nahrungs- oder Düngemitteln zu beliefern oder Projekte beispielsweise im Tourismusbereich wieder voranzutreiben“, erklärt Patrick Köllner.
„Foal Eagle“ und das Konfliktpotenzial
Bis zum 18. April dauert die gemeinsame südkoreanisch-amerikanische Militärübung an. Während dieser Zeit könnte schon ein kleiner Vorfall ausreichen, um die Situation auf der koreanischen Halbinsel wieder zu verschärfen, warnt Christoph Pohlmann von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Seoul. „Grundsätzlich ist die Lage weiter instabil. Es wäre verfrüht, jetzt schon auf eine Periode wie zur Zeit der Sonnenscheinpolitik (1998-2007) zu hoffen.“ Patrick Köllner vom GIGA-Institut sieht es ähnlich. „Eine neue Wärme in den Beziehungen ist nicht zu verzeichnen, daher sollte man das nicht überbewerten.“
Von einem Durchbruch sind Nord- und Südkorea nach wie vor weit entfernt. „Aus dem ewigen Kreislauf zwischen Konfrontation und Deeskalation wird man erst heraus-kommen, wenn sich die sicherheitspolitische Lage auf der Halbinsel strukturell verändert hat“, sagt Köllner. Die Voraussetzungen dafür: Ein Regimewechsel im Norden oder ein demonstrativer Schulterschluss der USA mit China. Nach beidem sieht es momentan nicht aus.
Video:
Quellen: Reuters/Deutsche-Welle vom 24.02.2014
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