Bund und Länder verhandeln hinter verschlossenen Türen – Experte: »SGB-II-Recht soll deutlich verschärft werden« – Umzüge künftig genehmigungspflichtig.
Hartz-IV-Gesetze sind kompliziert. So kompliziert, dass Sozialgerichte nicht mehr hinterherkommen, die daraus resultierenden Rechtsstreitigkeiten zu bearbeiten. Doch nun soll alles besser werden. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe bemüht sich derzeit um eine »Rechtsvereinfachung im SGB II«. Das Kürzel SGB II steht für das zweite Sozial-gesetzbuch, in dem Hartz IV geregelt wird.
Insgesamt gibt es 120 Vorschläge zur Vereinfachung, von denen 24 die Zustimmung aller Beteiligten haben. Die Linksfraktion im Bundestag hatte in der letzten Woche zu einem Fachgespräch geladen, um zu hören, was Experten von den Vorschlägen halten. Der Sozialrechtler Harald Thomé meinte: »Das Papier enthält Licht und Schatten, aber die Schatten überwiegen.« Unter dem verharmlosenden Titel der Rechtsvereinfachung solle »das SGB-II-Recht deutlich verschärft werden«.
Einige der Reformvorschläge haben es tatsächlich in sich: So sollen Umzüge künftig genehmigungspflichtig werden. Aufwandspauschalen für ehrenamtliche Tätigkeiten will man stärker auf den Regelsatz anrechnen und überbezahlte Leistungen sollen ohne Bescheid einfach zurückgefordert werden. Das heißt, man könnte dem Betroffenen einfach den Regelsatz kürzen, ohne ihn vorab zu informieren. Außerdem will man Aufstockern den anrechnungsfreien Einkommensbeitrag kürzen. Gegenüber »nd« kritisierte Thomé zudem, dass sich »zunehmend ein Hartz-IV-Sonderrecht etabliert«.
Aber es gibt einige Vorschläge, die den Hartz-IV-Beziehern das Leben leichter machen könnten. So sind längere Bewilligungszeiträume vorgesehen. Bislang müssen die Betroffenen ihren Hartz-Antrag alle sechs Monate erneuern. Zukünftig müssten sie das nur noch einmal im Jahr. Auch bei den umstrittenen Sanktionen zeichnet sich eine Besserung ab. So sollen zukünftig nicht mehrere Sanktionen gleichzeitig verhängt werden dürfen. Noch können Jobcenter die Leistungen sogar komplett streichen, wenn der Arbeitslose nicht spurt. Demnächst dürften die Sanktionen nur noch nacheinander voll-streckt werden.
Bereits im Herbst könnten die Vorschläge als Gesetzentwurf dem Bundestag vorgelegt werden. Doch ob tatsächlich alle umgesetzt werden, steht in den Sternen. Die Bundes-regierung hat das letzte Wort, und sie lässt sich dabei nicht in die Karten schauen. Sabine Zimmermann, Fraktionsvize der LINKEN, stört sich an dieser Geheimniskrämerei: »Es ist nicht hinnehmbar, dass Bundesregierung und Landesregierungen in Hinterzimmern über rechtliche Veränderungen im SGB II verhandeln, ohne die Betroffenen zu beteiligen und Parlamente zu informieren. Hier wird anscheinend die unsägliche Politik der vergangenen Jahre fortgesetzt«, so die Politikerin gegenüber »nd«.
Die LINKE im Bundestag habe sich vorgenommen, Öffentlichkeit zu schaffen. »Zusammen mit Erwerbsloseninitiativen und Gewerkschaften wollen wir Ver-schlechterungen verhindern und positive Veränderungen anregen«, betonte Zimmermann.
Wie nötig Reformen sind, zeigt ein 16-seitiges Papier, in dem Jobcenter-Geschäftsführer aus dem ganzen Bundesgebiet eine kritische »Zwischenbilanz« ziehen. Demnach hätten sich die Rahmenbedingungen teilweise »schwieriger gestaltet«. Etwa weil das Hartz-IV-Recht »durch eine Vielzahl von Reformen und die laufende Rechtsprechung immer komplizierter geworden« sei. Dies ziehe immer mehr Kapazitäten von den eigentlichen Aufgaben ab.
Zudem beklagen die Autoren die schlechte Finanzlage der Jobcenter. Weil Personal- und Sachkosten gestiegen seien, die Budgets aber stagnierten oder schrumpften, müsse man immer öfter intern umschichten. So müssten Gelder, die eigentlich für Bildungs- und Fördermaßnahmen für die Arbeitslosen vorgesehen seien, die Finanzlöcher der Jobcenter füllen. Bundesweit wurden in den ersten zehn Monaten des Jahres 2013 mehr als 200 Millionen Euro »umgeschichtet«.
Dies ist umso ärgerlicher, als der Bund seit Jahren die Eingliederungsmittel zusammen-streicht. Die Geschäftsführer beklagen, dass sich dadurch die Möglichkeiten der aktiven Arbeitsförderung »zum Teil dramatisch« verschlechtert hätten. Und das, obwohl der Förderbedarf für Kunden mit »multiplen Problemlagen« wachse.
Quellen: dpa/neues-deutschland.de vom 27.02.2014
Weitere Artikel:
Hartz-IV-Empfänger, Rentner, Asylanten: 7,25 Millionen Menschen brauchen Hilfe vom Staat
Von der Hand in den Mund : Der Rentenbetrug
Zusammenarbeit von Bundesagentur für Arbeit und Bundeswehr: Hartz-IV-Kritik unerwünscht
Fast jedes fünfte Kind von Armut bedroht
Hartz IV in der Familie: Jobcenter setzt Schüler unter Druck
Asylbewerber stürmen Deutschland: Höchster Stand seit 1997
Mangel in Deutschland: “Die Hartz-IV-Sanktionen sind menschenrechtswidrig”
Jeder vierte EU-Bürger ist von Armut bedroht
Jobcenter: Hartz IV Bezieher sollen Möbel verkaufen und Leitungswasser trinken
Hartz IV: Bundesagentur diffamiert Inge Hannemann
Staatlosigkeit und Massenversklavung: Bekanntmachung an die Hohe Hand im In- und Ausland
Massenversklavung in der BRD und EU (Video)
Hat dies auf Oberhessische Nachrichten rebloggt.
dieser ganze unfug müßte nicht sein wenn wir ein bedingungsloses grundeinkommen hätten…
hartz/arbeitslosengeld zu beziehen heißt das man sich vor anderen menschen nackig macht und diese einen dann sozial vergewaltigen und die gesellschaft die am arbeiten ist schaut erleichtert weg…
Arbeitslose und Sozialtransfer-Empfänger haben halt keine Lobby, gegen die wird feste im Staats-TV gewettert und Stimmung gemacht, so wird die noch arbeitende Restbevölkerung gegen die Ärmsten aufgehetzt, während für fremdländige Wirtschaftsflüchtlinge feste geworben wird. Ich nenne dass Deutschenfeindliches verhalten unserem eigenen Volke gegenüber! Pfui Deibel!