Rote Flora: 50.000 Hamburger unter Generalverdacht – Polizei korrigiert sich – Zweifel am Angriff auf Davidwache

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Platzverweise, Kontrollen ohne Anlass: Hamburgs Polizei reagiert drastisch auf die jüngsten Randale. Die Maßnahme könnte die Konflikte in der Stadt noch verschärfen. Der schwer verletzte Polizist der Hamburger Davidwache ist laut Polizei 200 Meter entfernt verletzt worden – und nicht bei einer Attacke auf die Davidwache.

Hamburg befindet sich im Ausnahmezustand. Seit Samstagmorgen kontrollieren 200 Bereitschaftspolizisten große Teile der Innenstadt. Sie dürfen anlasslos Passanten und deren Taschen kontrollieren, Personalien aufnehmen und Platzverweise aussprechen. Am Wochenende wurden insgesamt 400 Menschen überprüft und 90 Aufenthaltsverbote ausgesprochen.

Was ist los in der Hansestadt, die sich gern als liberal und weltoffen bezeichnet? Ein Vertreter der Polizeigewerkschaft rechtfertigt die Maßnahme folgendermaßen: Es sei „eine Dimension erreicht, die einen Schusswaffengebrauch situationsbedingt wahr-scheinlich machen könnte“. Einige Autonome fühlten sich angesprochen: „Schießt ihr scharf, besuchen wir euch zu Hause“, stand auf einem Transparent, das an einem leerstehenden Gebäude der Baubehörde hing.

Hamburg hat keine friedliche Weihnachtszeit hinter sich: Anlass für die Einrichtung des polizeilichen Gefahrengebiets ist die Eskalation der Demonstration um die Rote Flora – einem seit 24 Jahren besetzten Kulturzentrum, das der Besitzer räumen will. Dagegen gab es im Dezember gewaltsame Proteste: Bei einer Straßenschlacht am 21. Dezember wurden 120 Polizisten und 500 Demonstranten verletzt, beide Seiten machten sich gegenseitig für die Eskalation verantwortlich.

50.000 Hamburger unter Generalverdacht

Der gewaltsame Angriff von 30 bis 40 Vermummten auf die Davidwache in St. Pauli, bei der Polizisten angeblich schwer verletzt wurden, hat nicht so stattgefunden, wie anfangs von der Polizei dargestellt. Das hat Polizeisprecher Mirko Streiber am Montag einge-räumt. „Der schwer verletzte Kollege ist nicht an der Reeperbahn, sondern in 200 Metern Entfernung in der Hein-Hoyer-Straße verletzt worden“, sagte Streiber der taz.

Streiber bleibt aber dabei, dass es Steinwürfe auf das Revier gegeben habe, wodurch aber niemand verletzt worden sei. „Dafür gibt es Zeugen“, behauptet Streiber. Video-Bilder vom vermeintlichen Angriff gibt es allerdings nicht. „Die Davidwache hat zwar zum Schutz Videoüberwachung“, betont Streiber. „Es wird aber nichts aufgezeichnet – so sind die datenschutzrechtlichen Bestimmungen.“

Ursprünglich hatte die Polizei behauptet, die Davidwache sei am Abend des 28. Dezember um 23.03 Uhr von dunkel gekleideten und teilweise mit St. Pauli-Schals vermummten Personen attackiert worden, die Sprechchöre skandiert hätten: „St. Pauli – Scheißbullen – habt ihr immer noch nicht genug!“

Als Polizeibeamte aus der Wache gekommen seien, seien sie an der Ecke Reeperbahn /Davidstraße „aus der Personengruppe heraus gezielt und unvermittelt mit Stein und Flaschenwürfen angegriffen“ worden. Dabei habe ein 45-jährige Beamte einen Kiefer und Nasenbeinbruch erlitten, als ihm einer der „Täter aus nächster Nähe heraus einen Stein ins Gesicht schlug“. Einer Polizistin sei Pfefferspray in die Augen gesprüht worden, ein dritter Beamter habe ein Bauchhämatom erlitten. Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch (SPD) zeigte sich entrüstet. „Derart zielgerichtete und massive Übergriffe auf Polizeibeamte sind unerträglich“, sagte er.

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„Zu keinem Zeitpunkt Stein- oder Flaschenwürfe“

Die vermeintliche Gewalt-Attacke auf die Davidwache hatte eine regelrechte Medien-kampagne zum Thema Gewalt gegen Polizisten ausgelöst, in deren Verlauf Polizei-gewerkschafter den Einsatz von Schusswaffen legitimieren wollten und die Einführung von Elektroschockern – sogenannten Tasern – forderten.

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Rechtsanwalt Andreas Beuth hatte bereits am Sonntag die Polizei-Version zurückge-wiesen, gestützt auf Augenzeugen und Mandaten, die sich zum fraglichen Zeitpunkt vor der Davidwache aufgehalten haben. „So gab es keine zum Teil vermummte Personen-gruppe von 30 bis 40 Personen“, sagte Beuth. Es habe auch keine Personen vor der Davidwache gegeben, deren Plan und Ziel es gewesen wäre, die Polizeirevierwache oder deren BeamtInnen zu attackieren. „Entsprechend hat es zu keinem Zeitpunkt Stein oder Flaschenwürfe auf das Gebäude der Revierwache gegeben; erst recht nicht auf aus der Wache herauskommende Polizeibeamte“, so Beuth.

Hinter der „bewusst falschen Darstellung“ vermutet Beuth „augenscheinlich politische Interessen der Polizeiführung und ihrer Gewerkschaften“ wie Forderungen nach zusätzlichen Stellen, einer besseren Bezahlung der Polizei, einer „Aufrüstung“ der Polizei und aktuell die Einrichtung eines unbefristeten Gefahrengebiets von nie dagewesener Ausdehnung.

Dass es 200 Meter entfernt in der Hein-Hoyer-Straße/Seilerstraße zu einem Zwischen-fall gekommen sein könne, bei dem uniformierte Polizisten von Kiezbesuchern attackiert worden seien, wollte Beuth nicht ausschließen.

In diesem Zusammenhang hat die Staatsanwaltschaft jetzt ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung gegen einen Unbekannten eingeleitet. Polizeisprecher Streiber appellierte an Beuth, seine Zeugen zu den Ereignissen der Polizei zu benennen, „damit man sich ein klares Bild machen kann“.

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Fragwürdig ist, warum die Polizei erst jetzt die Gefahrenzone ausruft, eine Woche nach dem Angriff auf die Polizeiwache. Kamen der Hamburger Polizei die Feiertage dazwischen?

Die aktuelle Situation jedenfalls erhitzt die Gemüter. Die Hamburger Morgenpost zitiert wütende Passanten, die auf dem Weg zum Kaffeetrinken mehrmals kontrolliert wurden und einen Platzverweis erhielten, als sie sich beschwerten. Andere regten sich darüber auf, dass ganze Stadtteile unter Generalverdacht gestellt werden. Tatsächlich leben in der deklarierten Zone weit über 50.000 Menschen, die Außengrenze verläuft zum Teil über drei Kilometer von der angegriffenen Davidwache entfernt. Betroffen sind die Stadtteile St. Pauli sowie Teile der Sternschanze und Altona. Ein Hamburger fragte sich, was er nun morgens anziehen solle, um nicht kontrolliert zu werden.

Die Reaktion der breiteren Öffentlichkeit wiederum ist gespalten. Auf Facebook erklärten bereits 50.000 Menschen ihre „Solidarität mit den Beamten der Davidwache“. Andere Hamburger reagierten mit Humor und zeigten harmlose Fotos aus dem Gefahrengebiet, etwa vom Sonntagsfrühstück oder dem Flohmarktbesuch.

Rechtlich fragwürdig, politisch fatal

Auch rechtlich ist das Gefahrengebiet umstritten, sie ist eine Hamburger Spezialität. Seit der Hamburger Senat 2005 das Polizeigesetz änderte, dürfen Beamte in vorher definierten Gebieten Personen ohne konkreten Verdacht „kurzfristig anhalten, befragen, ihre Identität feststellen und mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen“. Bisher rief die Polizei das Gefahrengebiet meistens nur für kurze Zeit aus, häufig bei Demonstrationen oder Fußballspielen.

Kritiker bewerten die Kontrollen als Eingriff in mehrere Grundrechte, etwa in die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. „Unserer Ansicht nach ist diese Maßnahme vor allem deshalb rechtsstaatlich problematisch, weil allein die Polizei über ihre Einrichtung und Dauer entscheidet und dabei von niemandem wirklich kontrolliert wird“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Hamburger Linken, Christiane Schneider. Die Linke erwägt deshalb eine Klage gegen das Gefahrengebiet. Auch Grüne und Linke kritisierten die Hamburger Polizei.

Unter Schill Karriere gemacht

Es ist nicht das erste Mal, das Hamburgs SPD-Alleinregierung wenig Fingerspitzengefühl zeigt. Im Oktober war der Kurs gegen die Flüchtlinge aus Lampedusa verschärft worden, die seit Monaten in der St.-Pauli-Kirche untergebracht waren. Ausgerechnet in dem Monat, in dem im Mittelmeer Hunderte Flüchtlinge ertrunken waren und bundesweit über Flüchtlingspolitik diskutiert wurde. Selbst die ARD-Tagesthemen attestierten dem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz und der Hamburger SPD damals ein „schlechtes Timing“.

Das Resultat: Große Teile der Hamburger Bürgerschaft solidarisierten sich mit den Flüchtlingen. Auch die Symbolkraft der Esso-Häuser hatte die SPD unterschätzt. Die Sozialbauten sind einsturzgefährdet und wurden polizeilich geräumt. Der Eigentümer will die Gebäude abreißen und auf dem Gelände unter anderem Eigentumswohnungen bauen.

Am späteren Nachmittag traf sich in Hamburger Rathaus der Innenausschuss, der über die Fortsetzung des Gefahrengebiets sprechen wollte. Zur Sprache kommen soll auch die Polizeitaktik bei der Demonstration um die Rote Flora. Hamburgs Grüne und Linke hatten nach der Demonstration der Polizei eine Mitschuld an der Eskalation gegeben.

Wer sich an die Zeit unter dem Innensenator und Rechtspopulisten Ronald Schill er-innert fühlt, hat für dieses Déjà-vu auch einen personellen Beleg. Die Einsatzleiter der Polizei bei der Demonstration um die Rote Flora, Peter Born und Hartmut Dudde, hatten unter dem Rechtspopulisten und früheren Innensenator Ronald Schill Karriere gemacht, berichtet die taz. Es sieht so aus, als bliebe es unruhig in Hamburg.

Oder war es womöglich eine Art „Testballon“ für den Tag X, um zu testen, wie die Reaktion der Bevölkerung, von Organisationen in Sozialen Medien und auf der Straße ausfällt?

Quellen: PRAVDA TV/dpa/ZeitOnline/taz.de vom 07.01.2014

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