Die Bevölkerung Deutschlands ist im Jahr 2013 gewachsen – dank Zuwanderern, vor allem Arbeitsmigranten aus EU-Staaten. Die Alterung der Gesellschaft lässt sich dadurch aber nicht aufhalten.
Mit einem großen Öltanker hat der Bevölkerungswissenschaftler Herwig Birk einmal die demografische Struktur eines Landes verglichen: Der Bremsweg ist extrem lang, die Fahrtrichtung lässt sich nur ganz langsam ändern. Dieses Bild gilt es in Erinnerung zu behalten, wenn man die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts betrachtet.
An sich sind diese Daten erstaunlich: Die deutsche Bevölkerung, deren Gesamtzahl 2011 wegen des Zensus auf 80,2 Millionen Menschen nach unten korrigiert werden musste, ist im Jahr 2013 neuerlich gewachsen.
Lebten am Jahresanfang noch gut 80,5 Millionen Menschen in Deutschland, waren es am Jahresende knapp 80,8 Millionen, wie das Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mit-teilte.
Das Geburtendefizit steigt
Dieser Zuwachs allerdings – und da ist zum ersten Mal an den Öltanker zu denken – ergibt sich nicht aus dem Anstieg der Geburtenzahlen. Gewiss zwar, es wurden mehr Kinder in Deutschland geboren, ihre Gesamtzahl dürfte 675.000 bis 695.000 betragen.
Die Ungenauigkeit dieser Angabe beruht darauf, dass es noch keine exakten Geburten-daten für die zweite Jahreshälfte 2013 gibt, man also noch ein wenig schätzen musste. Fest indes steht, dass 2013 mehr Kinder in Deutschland geboren wurden als 2012. Da waren es genau 673.544. Diese Zahl ist 2013 mit Sicherheit übertroffen worden.
Aber dieser Anstieg sorgt nicht für ein Umsteuern des Demografie-Tankers. Denn aus Gründen der langfristig entstandenen Bevölkerungsstruktur ist die Zahl der Todesfälle im vergangenen Jahr ebenfalls gestiegen, von 869.582 im Jahr 2012 auf einen Wert zwischen 885.000 und 905.000 im Jahr 2013. Das heißt, dass das deutsche Geburten-defizit trotz einer höheren absoluten Zahl von Säuglingen 2013 noch größer geworden ist.
Gab es 2012 noch 196.038 weniger Geburten als Todesfälle, so dürfte diese Differenz 2013 auf 200.000 bis 220.000 gestiegen sein. Demografisch also hat der Anstieg der Geburtenzahlen wenig gebracht. Deutschland hätte schrumpfen müssen, wenn es nur auf das Verhältnis zwischen Geborenen und Gestorbenen ankäme.
Zuwanderung aus EU-Staaten
Für den Bevölkerungszuwachs verantwortlich ist vielmehr die Zuwanderung. Der sogenannte Wanderungssaldo ist 2013 zum dritten Mal in Folge gestiegen. Abermals sind mehr Menschen aus dem Ausland nach Deutschland gekommen, als fortgezogen sind.
Die Differenz zwischen Zugezogenen und Weggezogenen dürfte nach den noch vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes auf etwas mehr als 400.000 gestiegen sein, nachdem dieser positive Wanderungssaldo 2011 noch bei 279.000 und 2012 bei rund 369.000 gelegen hatte.
Doch dass somit das deutsche Demografieschiff einen erheblichen Impuls von außen erhalten hat, heißt noch lange nicht, dass dies den schon vor Jahrzehnten eingeschlagenen Kurs in Richtung Schrumpfung und Alterung ändern könnte. Das gilt schon deshalb, weil der größte Teil der Zuwanderer aus EU-Staaten stammt – vor allem aus Ost- und Südeuropa – und nach Deutschland vor allem wegen wirtschaftlicher Perspektiven kommt.
Über deren Stabilität in Deutschland aber kann derzeit genauso wenig gesagt werden wie über die Dauerhaftigkeit der Krise in den Herkunftsstaaten. Wegen der Flexibilität, die auf dem europäischen Arbeitsmarkt mittlerweile herrscht, kann sich der Wanderungs-saldo bei einer Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schon in wenigen Jahren wieder umdrehen.
(Grafik: Deutschlands Bevölkerung hat im Jahr 2013 erneut zugenommen. Dasselbe gilt für die Geburtenrate)
Niedrige Geburtenrate bei Zuwanderern
Aber auch unabhängig von der Ökonomie gibt es Faktoren, die bei der gegenwärtigen Zuwanderung eine nachhaltige Veränderungswirkung größeren Ausmaßes auf die demografischen Verhältnisse unwahrscheinlich machen.
Da ist zum einen die Geburtenrate. Zwar befinden sich die meisten Neuankömmlinge im arbeits- und daher meist auch im gebärfähigen Alter, sodass sie, wenn sie denn dauerhaft bleiben sollten, durchaus zu höheren Geburtenzahlen beitragen könnten. Doch größere Hoffnungen sollte man darauf nicht setzen.
Denn: „Wenn sich Zuwanderer in Deutschland integrieren, dann passen sie sich den hiesigen Verhältnissen an, und das gilt auch für die Fertilität“, erläutert Rembrandt Scholz vom Rostocker Max-Planck-Institut für demografische Forschung im Gespräch mit der „Welt“.
Anders gesagt: Dauerhaft hier lebende Zuwanderer bekommen weniger Kinder, als es möglicherweise in ihren Herkunftsländern üblich ist. Für die zweite Generation von türkischen Migrantinnen in Deutschland hat man dies bereits statistisch nachweisen können. Die Immigrantinnen übernehmen unser Reproduktionsverhalten und verfestigen somit den Trend, dass bei eigener steigender Lebenserwartung nur wenige Kinder geboren werden, die dereinst die Renten für die Elterngeneration zahlen können.
Wenige Geburten in Ost- und Südeuropa
Verschärfend kommt hinzu, dass die derzeitigen Einwanderer sich noch nicht einmal an deutsche Reproduktionsraten anpassen müssen – weil nämlich auch in ihren Herkunfts-ländern bereits ein Reproduktionsverhalten nach deutschem Muster herrscht.
In den Ländern, aus denen derzeit besonders viele Menschen nach Deutschland kommen, sind die Geburtenraten kaum höher als hierzulande. In Deutschland kamen 2012 auf tausend Einwohner 8,4 Lebendgeburten, aber in Portugal auch nur 8,5 und jeweils bloß neun in Italien sowie Griechenland.
Deutlich mehr als zehn Geburten pro tausend Einwohner gibt es in Europa nur in Ländern, die bei der Zuwanderung nach Deutschland keine Rolle spielen, in Irland (15,7), Großbritannien (12,8) und Frankreich (12,6).
Hingegen sind Bulgarien (9,5) sowie Polen und Rumänien (jeweils 10,0) nicht weit entfernt vom deutschen Niveau. Von der gegenwärtigen Zuwanderung ist daher keine nachhaltige Veränderung des Reproduktionsverhaltens in Deutschland zu erwarten.
Regionale Entvölkerung hält an
Dass man daher trotz Zuwanderung keinerlei Entwarnung bei den absehbaren Problemen des demografischen Wandels geben kann, zeigt sich noch an einem anderen Punkt. Da geht es um deutsche Schrumpfungsregionen, die immer mehr entvölkert und gerade von jungen Leuten kaum noch besiedelt werden.
Dieses Problem wird durch die Zuwanderung von Arbeitssuchenden in keiner Weise gemildert. „Zuwanderer gehen in die großen Metropolen, die ihnen attraktiv erscheinen und ihnen vor allem genügend Arbeitsmöglichkeiten eröffnen“, sagt der Rostocker Demografie-Experte Rembrandt Scholz. „Die gehen nicht in strukturschwache Regionen.“ Warum sollten sie auch? Da kommen jene Menschen ja her.
Insofern werden ländliche Regionen etwa in Ostdeutschland – wo die Rostocker Forscher den Trend für Mecklenburg-Vorpommern schon nachweisen konnten – vom Zu-wanderungsboom kaum profitieren. Ja, der Trend zu stabilen oder gar wachsenden Städten einerseits und austrocknenden Provinzen andererseits wird sich noch verstärken, wenn die Zuwanderung unter den bestehenden demografischen Verhältnissen anhält. Denn diese Zuwanderung geht in die Städte.
Der schleichende Tod der Völker Deutschlands…
Quellen: PRAVDA TV/WeltOnline vom 08.01.2014
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