In Moskau hat am Donnerstag ein Runder Tisch zum Thema „Die Arktis und die nationalen Sicherheitsinteressen Russlands“ stattgefunden, schreibt die „Nesawissimaja Gaseta“ am Freitag.
Die Teilnehmer der Diskussion suchten nach Antworten auf mehrere wichtige Fragen, unter anderem über die Wahrscheinlichkeit von Gefahren für Russland im Hohen Norden.
Die Debatte über die Erschließung der Arktis begann, als Verteidigungsminister Sergej Schoigu vor wenigen Tagen den Ausbau der Militärinfrastruktur in der Arktis ange-kündigt hatte. (Ein entsprechendes Dekret hatte zuvor Präsident Wladimir Putin unterschrieben.) Unter anderem geht es um den Wiederaufbau von mehreren Militärflugplätzen, den Bau von Soldatenunterkünften und die Entwicklung der Infrastruktur an der Nordostpassage.
Experten zweifeln jedoch an der Zweckmäßigkeit des finanziellen Aufwands. Der Direktor des Instituts für politische und militärische Analysen, Alexander Scharawin, vermutet, dass die Kosten für das Arktis-Vorhaben etwa fünfmal höher sein könnten als in den europäischen Gebieten Russlands. „Wir haben den Norden verlassen, und die Rückkehr dorthin ist ein teurer Spaß“, so der Experte.
Der wohl einzige Trost sei, dass die neue Infrastruktur nicht nur militärischen Zwecken dienen könnte. Besonders wichtig wäre die Nordostpassage, die russische und aus-ländische Schiffe auf dem Weg von Europa nach Asien nutzen könnten. Diese Route würde etwa 20 Tage dauern (zum Vergleich: Die Route durch den Suez-Kanal dauert etwa 45 Tage), so Scharawin.
In Bezug auf militärische Gefahren für Russland gibt es keine einheitliche Meinung. Der Vizepräsident der Akademie für geopolitische Probleme, Konstantin Siwkow, findet, dass die Kräfte der Nordflotte nicht ausreichen, um die Grenzen im Hohen Norden zu sichern. Professor Andrej Sagorski von der Moskauer Staatlichen Hochschule für internationale Beziehungen zeigte sich dagegen überzeugt, dass die Gefahr eines bewaffneten Konflikts in der Arktis „absolut minimal“ sei.
Offensichtlich ist aber, dass Russlands Aktivitäten in der Arktis mit Wirtschafts-interessen zusammenhängen. Im Februar 2013 hatte Putin das strategische Programm zur Arktis-Erschließung bis 2020 signiert. Die wichtigste Aufgabe ist dabei die Erschließung von Öl- und Gasvorkommen im Arktisschelf. Nach UN-Angaben belaufen sich die erkundeten Ölvorräte auf 100 Milliarden Tonnen und die Gasvorräte auf 50 Billionen Kubikmeter.
In Russland sind die Prognosen sogar noch optimistischer: Der Präsident des staatlichen Ölkonzerns Rosneft, Igor Setschin, führte an, dass die Gasvorräte im russischen Kontinentalschelf bei mehr als 80 Billionen Kubikmeter liegen. Gemeinsam mit dem Energieriesen Gazprom ist Rosneft zur Erschließung von insgesamt 80 Prozent des russischen Arktisschelfs berechtigt.
Auf den ersten Blick könnte man annehmen, dass die Arktis-Vorkommen sich positiv auf den Marktwert der führenden Energieunternehmen in Russland auswirken. Das ist aber nicht der Fall. Der Chefökonom von Sberbank CIB, Jewgeni Gawrilenkow, verwies in diesem Zusammenhang auf mehrere gescheiterte Gazprom-Projekte in der Arktis.
Auch der Rohstoffexperte Michail Krutichin betonte, dass die Kosten für die Arktis-Erschließung enorm hoch seien. „Dieses Öl und Gas könne man nicht mit Profit verkaufen. Der einzige Weg wäre die völlige Steuerbefreiung der Energieunternehmen, doch in diesem Fall würde der Staat nichts erhalten. Aus diesem Grund wurde die Erschließung des Gasfeldes Schtokman auf die lange Bank geschoben“, so der Branchenkenner.
Die Umsetzung der Förderprojekte im Kontinentalschelf würde mindestens acht bis zehn Jahre dauern, aber niemand wisse, wie die Öl- und Gaspreise dann sein werden, ergänzte Krutichin.
Infografik:
Quelle: Ria Novosti vom 24.01.2014
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