Warum wir trotzdem Untertanen bleiben, wieso Kamerun wieder unser werden muss, und wie wir die Presse endlich an die Kette kriegen.
Henryk M. Broder will eine frappierende Entdeckung gemacht haben: Der deutsche Untertanengeist sei tot. „Ein Volk, das Bushido den Bambi verleiht, das Schwarzfahren, Auto-Abfackeln und Steuerbetrug duldet, ist kein autoritäres mehr.
Vom Befehlsempfänger zum Befehlsverweigerer …“ tippt Broder (erfreut? verblüfft? entsetzt? alles gleichzeitig?) in „Die Welt“.
Schade, denn hier hat der, der sonst oft schmerzhaft zielbewusst ins Schwarze trifft, eindeutig danebengeschossen. Wir sollen keine Untertanen mehr sein? Blödsinn: Wir haben bloß den Geßlerhut ausgetauscht, verneigen uns vor anderen „Autoritäten“ als unsere Vorgänger.
Klar: Kaiser gibt’s nicht mehr, Polizisten respektiert der zeitgeistige Jungmensch auch nicht wie früher, Soldaten sind Freiwild, Lehrer sowieso. Aber sind wir deshalb jetzt alle zu aufmüpfigen Anarchen geworden?
Leider Quatsch: Wann etwa hat man das letzte Mal einen Abteilungsleiter einer öffentlichen Einrichtung gesehen, der sich vor aller Augen dem Bannspruch der Frauen- und Genderbeauftragen seines Dezernats entgegengestellt hätte? Erwachsenen, scheinbar „mündigen“ Bürgern schlottern die Knie, wenn sie auf der Versammlung von einem strohdummen Pickelgesicht als „rechts“ bezeichnet werden. Und wenn gewalttätige Extremisten meinen, dass die Versammlungsfreiheit heute nicht gilt, dann gehen wir gehorsamst nach Hause.
Nein, nein, Untertanen sind wir heute vielleicht noch ausgeprägter als einst. Wir nennen es nur anders.
Wie jedem kleinen Untertanen-Würstchen kommt es uns vor allem darauf an, nicht anzuecken, es allen recht zu machen. Was manchmal gar nicht so einfach ist: Die „Lampedusa-Flüchtlinge“ auf dem Berliner Oranienplatz, für Leser dieser Zeitung schon alte Bekannte, machen es uns sogar ziemlich schwer. Die meisten sind mittlerweile in überdachte Unterkünfte umgezogen. Ein verbissenes Dutzend aber harrt in den Zelten aus und pfeift auf alle Räumungsanordnungen der deutschen Behörden. Natürlich verneigen wir uns vor so viel Standhaftigkeit. Dennoch wagen es immer mal wieder ein paar taktlose Deutsche, die Afrikaner zu fragen, wie das denn angehen könne: Sie kommen hierher, wollen den Schutz unseres Staates und unsere Unterstützung, und gleichzeitig übertreten sie dreist unsere Gesetze.
Die antworten, schließlich hätten wir 600 Jahre Kolonialismus verbrochen. Da stünde es uns überhaupt nicht zu, ihnen irgendwas vorzuschreiben.
Die Antwort verwirrt, nicht nur wegen der recht großzügig gefassten Zeitspanne. Die deutsche Kolonialzeit hat bekanntlich etwas weniger lang gedauert.
Doch was wollen sie uns damit sagen? Wahrscheinlich, dass sie entsetzlich unter der deutschen Verwaltung (in Somalia? Ach, was soll’s!) gelitten haben. Aber warum kommen sie dann ausgerechnet dahin, wo es immer noch deutsche Verwaltung gibt? Sehnen sie sich nach jahrzehntelanger Unabhängigkeit etwa danach, endlich wieder von Europäern, und da bevorzugt von Deutschen beherrscht zu werden statt von ihren Mitafrikanern?
Was hätte man wohl Mitte des 19. Jahrhunderts gesagt, wenn auf einmal eine breite „Flüchtlingsbewegung“ aus den USA gen England aufgebrochen wäre? Genau: Die Amis können es wohl nicht alleine, demnach sollten sie besser wieder britisch werden.
Es war ein bekannter Filmemacher aus Kamerun, der genau dies unlängst vorgeschlagen hat. Da früher alles viel besser gewesen und nach der Unabhängigkeit in die Hose gegangen sei, könne man nur zu einem Schluss gelangen: Die Kolonialmächte müssten zurückkehren.
Man stelle sich die Szene vor: Der frisch in Berlin ernannte deutsche Gouverneur geht in Kameruns Hafen Douala von Bord und ruft: „Na, meine Damen und Herren, da wären wir also wieder. Unter uns: Wie hattense’s denn so in der Zwischenzeit? Ziemlicher Mist, was? Aber keene Sorje, det kriejen wa allet wieda in’n Jriff!“
Etwa so? Kaum anzunehmen, dass die „Lampedusa-Flüchtlinge“ von dieser Szene träumen, von ihren linken „Unterstützern“ ganz zu schweigen.
Wie wollen wir aber die Forderungen der „Flüchtlinge“ erfüllen, wenn die Forderungen derart wirr sind? Am Ende keimt gar das dunkle Vorurteil auf, dass denen die „600 Jahre Kolonialismus“ in Wahrheit schnurzegal sind und sie nur in unsere Sozialkassen greifen wollen. Das wäre dann Futter für die populistischen Hetzer, denen sich vor allem die Medien entgegenstellen müssen.
Zum Glück tun die das auch, zumal die öffentlich-rechtlichen Staatssender. Dort wachen verantwortungsvolle Instanzen darüber, dass kein falscher Zungenschlag über den Sender geht, wie etwa die Rundfunkräte, Intendanten, inhaftierte Moslem-Fanatiker, Chef-redakteure, erfahrene Moderatoren … Moment mal, was war das da in der Mitte?
Wir haben richtig gelesen: Haben Sie schon mal „Türkisch für Anfänger“ gesehen? Autor Bora Dagtekin, Sohn einer Deutschen und eines Türken, bestätigte im Interview mit dem „Stern“ vom 28. November: Die ARD hat die Serie erst einem in U-Haft sitzenden Dschihadisten gezeigt, bevor man sie ins Programm nahm. Die „unabhängigen Programm-Macher“ wollten Ärger mit islamistischen Kreisen vermeiden und kürten den radikalen Gotteskrieger zum Zensor über das deutsche Fernsehen.
Ja, wir können es nicht oft genug betonen: „Rückgrat zeigen, Eintreten für das Leben – gegen Erniedrigung, Entrechtung und Gewalt, dabei eigene Nachteile in Kauf nehmen: Das ist Zivilcourage.“ Woher ich diese stolzen Sätze habe? Vom „Wort zum Sonntag“, den 20. Juli 2013, auf ARD, Überschrift: „Das starke Wort“.
Könnte man auch anders nennen. Soll man aber nicht, auch wenn dies bestimmte Medien wie dieses hier leider immer wieder tun.
Die Medien sind ein Problem, denn es gibt viel zu viele darunter, die sich der Kontrolle von Rundfunkräten und Dschihadisten entziehen und daher dem „Gemeinwohl“ schaden. Dem will die Große Koalition abhelfen. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, künftig regionale Zeitungen privater Verleger mit Mitteln der Rundfunk-Zwangsabgabe zu subventionieren. Voraussetzung dafür ist, dass die Blätter Nutzen bringen für den, so wörtlich im Vertrag, „Public Value“, was in etwa „Gemeinwohl“ heißt.
Und wer bestimmt, was dem „Public Value“ dient? Vorbild ist Nordrhein-Westfalen, wo man schon weiter ist auf dem Weg zur staatlich gepäppelten Presse. Dort soll eine „Stiftung Vielfalt und Partizipation“ darüber entscheiden, wer Geld bekommt.
Wir benötigen nicht viel Phantasie, um uns auszumalen, wer in dieser Stiftung das Sagen haben wird. Dafür müssen wir uns bloß andere derartige Einrichtungen ansehen, in denen „die Zivilgesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt repräsentiert“ ist: Da sitzen die Vertreter der Kirchen, Gewerkschaften, Umweltgruppen, von „gesellschaftlich relevanten“ Nichtregierungsorganisationen, Immigrantenverbänden etc. etc. Wenn sie sich treffen, geht es zu wie auf einem Grünen-Parteitag mit ein paar Alibi-„Konservativen“, deren wichtigstes Anliegen darin besteht klarzustellen, dass sie auch „gegen rechts“ und für die Frauenquote sind.
Anders gesagt: „Rechtspopulisten“, Islamismus-Kritiker, „Klima-Leugner“, Euro-Kritiker und alle anderen Dreckskerle, die sich „gegen die Zivilgesellschaft stellen“, haben da nichts zu suchen. Wer „Zivilgesellschaft“ durch „Arbeiterklasse“ ersetzt, der erkennt, wohin die Reise geht. Es erinnert doch recht drastisch an die DDR mit ihrer „Gemeinwohl“-orientierten Medienlandschaft: Von oben gelenkte Zeitungen, die keiner lesen will, die aber alle über Zwangsabgaben bezahlen müssen.
Und da meint Henryk M. Broder, wir seien fertig mit unserem Untertanentum.
Wir fangen gerade erst an!
Quelle: preussische-allgemeine.de vom 06.12.2013
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