In den von Taifun „Haiyan“ verwüsteten Gebieten auf den Philippinen sind am Donnerstag dringend benötigte Hilfslieferungen angekommen. Wie das UN-Welternährungsprogramm mitteilte, erhielten 49.000 Menschen in und rund um die schwer verwüstete Stadt Tacloban Reis, Wasser und nahrhafte Energieriegel.
Einsatzteams kämpften sich mit Kettensägen durch von Schutt und Trümmern blockierte Straßen, um den Weg für die Lieferwagen freizumachen. Auf dem Flughafen von Tacloban landeten am frühen Donnerstagmorgen erste Transportmaschinen mit Versorgungs-gütern an Bord.
Es waren die ersten Nachtflüge seit dem zerstörerischen Durchzug des Taifuns am vergangenen Freitag. Das weckte die Hoffnung, dass nun Systeme zur Luftverkehrs-kontrolle wieder aktiv sind – und damit rund um die Uhr umfangreiche Hilfsoperationen möglich wären.
US-Regierungsvertretern zufolge könnte sich zudem die Zahl der zur Katastrophenhilfe abgestellten US-Truppen vor Ort bis Ende der Woche auf mehr als 1.000 verdreifachen. Nach äußerst schwierigen ersten Tagen würde man die logistischen Probleme langsam in den Griff bekommen, sagten die Beamten. So sei eine Überlandroute nach Tacloban eröffnet worden, die die Versorgung beschleunigen dürfte. Bislang haben US-Soldaten rund 800 Philippiner aus Tacloban in Sicherheit gebracht.
Allerdings harrten noch tausende Menschen in der Hoffnung am Flughafen aus, die Gegend verlassen zu können, darunter einige Soldaten. „Meine Familie hat nichts zu essen, und wir haben keine Bleibe“, klagte der Militärhauptmann William Escala. „Wir können den Gestank nicht mehr aushalten. Die Kinder werden krank.“
Wochenlang ohne Strom
Rund 600.000 Vertriebene in den Katastrophengebieten sind Behörden zufolge obdachlos, hungrig und durstig und brauchen dringend Hilfe. Ein Problem stellt weiter die Energieversorgung dar. Die von Taifun „Haiyan“ verwüsteten Gegenden könnten erst in sechs Wochen damit rechnen, wieder Strom zu bekommen, sagte Energieminister Jericho Petilla in der Nacht zum Donnerstag auf dem Flughafen von Cebu. Durch das verheerende Unwetter seien viele Übertragungsleitungen umgefallen und Kraftwerke zerstört worden.
Gerade in Tacloban müsse jedoch erst die Ordnung wiederhergestellt werden, sagte Petilla weiter. „Denn wenn es keinen Frieden und Ordnung gibt, ist es schwierig, wieder Strommaste aufzurichten.“
Petilla verwies dabei auf einen Zwischenfall vom Mittwoch, bei dem Armeesoldaten Schüsse abgaben, um eine Gruppe bewaffneter Männer zu vertreiben, die sich einem Kraftwerk in der Provinz Leyte näherten. Die nicht näher genannten Männer feuerten daraufhin zurück, flohen aber dann. Es wurde niemand verletzt. Die Behörden haben bislang 2.357 Todesopfer durch Taifun „Haiyan“ bestätigt. Die Zahl dürfte jedoch steigen.
Meteorologen legen Analyse vor
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat unterdessen eine Analyse Haiyans veröffentlicht. Demnach erreichte der Sturm seine größte Stärke mit einer mittlere Windgeschwindig-keit von 314 Kilometer pro Stunde und Spitzenböen von 379 Kilometer pro Stunde bevor er die Küste erreichte. Das führte zu fünf Meter hohen Flutwelle, die für einen erheb-lichen Teil der Zerstörungen verantwortlich waren.
Das Zentrum des Orkans traf am 8. November um 4:40 Ortszeit auf Land. Zu dieser Zeit betrugen die mittleren Windgeschwindigkeiten noch knapp 234 Kilometer pro Stunde.
Zur Einordnung Haiyans schreibt der DWD: Die höchsten mittleren Windgeschwindig-keiten, die bisher bei einem Taifun im Nordwestpazifik beobachtet wurden, verzeichnete Taifun Nancy im September 1961. Sie wurden auf 95 m/s (342 km/h) geschätzt, wobei nach neuesten Erkenntnissen von einer Überschätzung der Windgeschwindigkeiten in den 1940- 1960er Jahren ausgegangen wird (WMO). (…)
Die bisher stärkste Windgeschwindigkeit (wurde) bei dem Tropischen Zyklon Olivia mit einer Böe von 113 m/s (407 km/h) am 10. April 1996 auf Barrow Island /Australien gemessen. (Tropischer Zyklon, Taifun und Hurrikan sind regionale Bezeichnungen für das gleiche meteorologische Phänomen.)
Das besondere an Haiyan war neben den hohen Windstärken unter anderem, dass er sich beim Überzug über die Philippinen nicht weiter abschwächte, sondern ein Taifun der Kategorie 5, also der höchsten, blieb. Die anderen Kategorie-5-Taifune, die die Philippinen bisher trafen, haben sich sobald sie über Land waren, stets abgeschwächt.
Der letzte Taifun dieser Kategorie, der die Philippinen getroffen hatte, war Bopha mit mittleren Windgeschwindigkeiten von bis zu 260 Kilometer pro Stunde. Ab dem 3. Dezember 2012 zog er über Mindanao, die südlichste der Hauptinseln, und hinterließ mindestens 1000 Tote. Davor traf, so der DWD in seiner Analyse, am 17. Oktober 2010 Taifun Megi mit maximalen Windgeschwindigkeiten (Ein-Minuten-Mittel) von 288 Kilometer pro Stunde auf Luzon, die nördlichste Hauptinsel, auf der auch die Landes-hauptstadt Manila liegt.
In den vorangegangenen elf Jahren von 1999 bis 2009 traf dagegen kein Kategorie-5-Taifun auf den Philippinen auf Land. Jedoch hatte es auch schon vorher Häufungen solch besonders starker Taifune gegeben, zum Beispiel in der zweiten Hälfte der 1990er und in den 1960ern.
Allerdings ist zu bedenken, dass längst nicht alle Hurrikane oder Taifune auf Land treffen. Erst Ende Oktober hatte sich mit Lekima ein anderer Super-Taifun östlich der Philippinen gebildet, war dann aber nach Norden und schließlich Nordosten abgezogen ohne irgendwo auf Land zu treffen. Zuvor hatte es zeitweise so ausgesehen, als würde er im japanischen Fukushima für neue Schwierigkeiten sorgen.
Die Analyse des DWD ist also nicht unbedingt so zu verstehen, dass sie eine etwaige Zunahme der starken Tropen-Stürme ausschließt. Zu dieser Frage wird in dem Dokument nicht Stellung genommen.
Inzwischen haben diverse Länder und Hilfsorganisationen den Philippinen Unterstützung angeboten und auch bereits Lieferungen auf den Weg geschickt. Aus Deutschland ist unter anderem das Technische Hilfswerk (THW) aktiv, das bei der Trinkwasser-versorgung in der Region helfen will. Zwei Trinkwasseraufbereitungsanlagen und ein Labor zur Überprüfung der Wasserqualität sollen ab Ende der Woche zum Einsatz kommen. Hierzulande wird unter anderem von der Diakonie zu Spenden für die Überlebenden aufgerufen.
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Quellen: Reuters/taz.de vom 14.11.2013
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