Gammastrahlenblitze sind besonders energiereiche kosmische Ereignisse – und die Folge des Todeskampfs großer Sterne, die zur Supernova werden. Ein „Monster“ unter ihnen namens GRB 130427A bereitet Astronomen seit Monaten Kopfzerbrechen.
Mit rund hundert beobachteten Gammastrahlungsblitzen pro Jahr sind die kosmischen Ereignisse keine Seltenheit. Doch der Blitz GRB 130427A, den Ende April Satelliten gemessen haben, übertrifft alle bisher beobachteten und stellt Forscher vor Rätsel. Wie könnte er entstehen? Warum war er so ungewöhnlich stark und dauerte so lange?
Dank einem Frühwarnsystem – einer Art Notfall-Pieper für Physiker – wurden Astronomen auf der ganzen Welt im April alarmiert und konnten eine Fülle an Daten sammeln. Einige Ergebnisse haben sie nun in gleich fünf zeitgleich erscheinenden Studien veröffentlicht. Vier Studien von internationalen Forschergruppen erschienen allein im Fachmagazin „Science“.
Die sogenannten Gamma Ray Bursts (GRB) entstehen unter anderem, wenn massereiche Sterne zur Supernova werden. Sie stoßen dabei in einigen Fällen einen Materiestrahl aus, der sich fast mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. Diese Jets verursachen eine starke Gammastrahlung, die in kurzen Blitzen – bis zu einer Minute lang – auch in einer großen Entfernung messbar sind. Sogar Gammastrahlenblitze aus fernen Galaxien können Astronomen beobachten.
Satelliten wie unter anderem „Swift“ von der Nasa, „NuSTAR“ oder auch das Gamma-strahlen-Weltraumteleskop „Fermi“ sind auf die Entdeckung der Blitze ausgelegt. Doch auf ein solches „Monster“, wie einige Wissenschaftler GRB 130427A nennen, waren sogar ihre Instrumente nicht vorbereitet.
100 Milliarden Mal so energiereich wie sichtbares Licht
„Dass diese Explosion, Milliarden von Lichtjahren entfernt, dennoch unseren Gamma-ray Burst Monitor ausgereizt hat, zeigt, wie unglaublich energiereich dieses Ereignis war“, sagt Andreas von Kienlin vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE), der das Messgerät für den Satelliten „Fermi“ gebaut hat.
Die Gammastrahlung des im April gemessenen Blitzes war die bisher höchste, die Forscher je beobachten konnten. Mit einem Wert von 95 Gigaelektronenvolt für das energiereichste gemessene Photon – also etwa 100 Milliarden mal so viel wie für Photonen im sichtbaren Lichtbereich – stellte das Ereignis den neuen Rekord auf. Auch war der Strahlungsausbruch ungewöhnlich nah für einen GRB: Er brauchte nur rund vier Milliarden Jahre, um uns zu erreichen.
Die Forscher konnten daher besonders genaue Daten sammeln. So vermuten die Astronomen, dass ein sterbender Stern mit 20 bis 30 Sonnenmassen und dabei nur dem etwa Drei- bis Vierfachen des Sonnenvolumens für die Strahlung verantwortlich ist. Die Richtung aus der der Blitz kam, lässt sich zudem auch auf eine kleine und junge Galaxie zwischen den Sternbildern Löwe und Großer Bär eingrenzen. Ein Stern in einer Galaxie ähnlich der Kleinen Magellanschen Wolke wird als Quelle vermutet.
Nur in der direkten Nachbarschaft gefährlich
Statt jedoch bisherige Modelle für die Entstehung der Bursts zu untermauern, werfen die neuen Daten Fragen auf. „Es wurde bisher vermutet, dass Dichtewellen bei der Ent-stehung der Strahlung beteiligt sind: Aufeinandertreffende Schalen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten“, sagt Jochen Greiner vom MPE, der am „Fermi“-Weltraumteleskop beteiligt ist. „Diese Vermutung ist aber nun widerlegt.“
Forscher brüten daher schon über neuen Erklärungsversuchen und debattieren, welche Mechanismen noch an den mächtigen Blitzen beteiligt sein könnten. „Ein alternativer Erklärungsversuch basiert auf sogenannter photosphärischer Emission“, sagt Greiner. „Dabei sehen wir Photonen aus dem tiefsten Inneren des Feuerballs, die an aufgeheizten Elektronen gestreut werden.“
Auf der Erde selbst lassen sich durch Teleskope oft nur die Auswirkungen der Blitze oder Begleiteffekte messen. Die Erdatmosphäre absorbiert die Gammastrahlung. Nur das Afterglow, das Abklingen und damit verbundene Lichtspektrum, lässt sich noch sehen. Es ist normalerweise über Tage oder Wochen nachweisbar. Im Falle von GRB 130427A konnten Astronomen es aber noch Monate messen.
Wirklich gefährlich können aber Blitze und Jets sterbender Sterne in näherer Umgebung für die Erde sein. „Durch die enge Begrenzung auf um die fünf Grad ist es sehr unwahr-scheinlich, dass die Erde von einem Jet getroffen wird“, so Greiner. Innerhalb der Milchstraße könnte ein solch seltenes Ereignis aber genug Energie haben, um die Atmosphäre unseres Planeten zu ionisieren.
Das Leben auf der Erde wäre dann unmöglich. Häufiger und bereits nachweisbar sind aber GRB, die sich auch auf den Funkverkehr der Erde auswirken: GRB 030329 war ein solcher Kandidat, der im Jahr 2003 einige Probleme in der Erd-Ionosphäre verursachte.
Video: GRB 130427A für zwei Stunden mit dem RAPTOR-Teleskop aufgenommen, beobachtet aus Los Alamos, Neu Mexiko und Mt. Haleakala auf Maui, Hawaii, nach einem Alarm vom Nasa-System „Swift“.
Quellen: PRAVDA TV/NASA/SpiegelOnline vom 22.11.2013
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