Jugendarbeit und Sport: Vereint im Rausch

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Vereinssport fördert Gesundheit und Psyche von Kindern und Jugendlichen. Stimmt nicht, sagt der Soziologe Wolf-Dietrich Brettschneider. Seine neue Studie offenbart, dass die Vereinswelt sogar schädlich sein kann – vor allem wenn es um Alkohol geht.

Es ist die „dritte Halbzeit“, die zur Gewohnheit geworden ist. Der Kasten Bier nach dem Spiel. Die feuchtfröhliche Vereinsfeier, bei der auch Hochprozentiges fließt, oder die großen Vorbilder bei der Bierdusche im Fernsehen: Alkohol und Sport haben eine besondere Verbindung.

Dabei zeichnen die Sportverbände gerne das Bild vom Wundermittel Sport, gerade wenn es darum geht, Jugendlichen soziale Werte zu vermitteln. Erziehung durch Sport, zu einem gesunden Leben, zu Toleranz, Fairness und Verantwortungsbewusstsein.

Die neue Kinder- und Jugendstudie „Aufwachsen mit Sport“ des renommierten Soziologen Wolf-Dietrich Brettschneider und seines Kollegen Erin Gerlach kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass Sportvereine Heranwachsende in eine Kultur des Trinkens und Feierns einführen, anstatt sie gegen Alkohol stark zu machen.

Von der dritten Klasse bis zum Berufseinstieg

Die Studie ist ein außergewöhnliches Projekt: Zehn Jahre lang haben die Wissenschaftler immer wieder dieselben Kinder, später Jugendliche befragt. Von der dritten Klasse bis hin zur Berufsausbildung. Der Vorteil dieser Untersuchung: Zufälle in den Ergebnissen sind nahezu ausgeschlossen. „Wir können die Entwicklungsverläufe in den Biografien ganz genau nachzeichnen“, sagt Soziologe Brettschneider. Insgesamt 1637 Heran-wachsende aus Paderborn sind Teil der Studie. „Der Umfang dieses Längsschnitts ist auf diesem Gebiet einmalig“, jubelt der Wissenschaftler.

Den Sportvereinen konnten die Soziologen nur geringfügig Positives nachweisen: Ein positiver Einfluss auf die Entwicklung sei selbst bei einer zehnjährigen Vereinsmit-gliedschaft kaum zu finden. „Kein durchgängig positiver Effekt“ heißt es zu so zentralen Themen wie psychische Gesundheit, Gewalt und Persönlichkeitsentwicklung.

Zwar rauchen sportliche Jungen und Mädchen deutlich weniger als ihre Altersgenossen, beim Alkoholkonsum ist das aber ganz anders: „Wir haben festgestellt, dass Kinder, die in den Verein kommen und länger bleiben, dort den Umgang mit Alkohol im negativen Sinne lernen“, sagt Brettschneider. „Und er wird sogar stabilisiert. Diejenigen, die aus dem Sportverein aussteigen, konsumieren anschließend wieder deutlich weniger Alkohol.“

„Wir sind kein Feuchtbiotop“

Rolf-Ingo Weiss, Vorsitzender der Deutschen Sportjugend und Vorstandsmitglied im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), sieht das anders: „Wir sind kein Feucht-biotop, was den Alkohol betrifft“, sagt er. Aber natürlich sei der Sport ein Abbild der Gesellschaft. „Und nach dem Sporttreiben wird natürlich auch hier oder da mal in irgendeiner Art und Weise etwas getrunken“, so Weiss.

Richtig ernst genommen wird das Problem offenbar nicht. „Wir haben ja schon vor zehn Jahren über diese Themen geredet“, räumt der Sportjugend-Vorsitzende ein. „Und vor sieben, acht Jahren haben wir mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ‚Alkoholfrei Sport genießen!‘ eingeführt. Diese Maßnahmen wirken auch vor sich hin.“

Das Problem: Sie erreichen kaum einen der Jugendlichen in der entscheidenden Phase. Seit ihrem Start hat die Aktion laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) nur rund 1,2 Millionen heranwachsende Sportler erreicht. 9,5 Millionen Jugendliche sind aber in der Deutschen Sportjugend organisiert, und die Fluktuation ist hoch.

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Überschätzte Anti-Alkoholkampagnen

„Die Aktionsprogramme werden in ihrer Wirkung überschätzt“, sagt Brettschneider. Und verweist auf erfolgreichere Projekte im Ausland: „In der Schweiz hat man mit der Aktion ‚Cool and Clean‘ den Alkoholkonsum deutlich senken können.“ Die Kampagne setze auf ein Alkoholverbot bei sportlichen Aktivitäten mit jugendlicher Beteiligung, und zwar aktiv wie auch passiv. „Aber dort wurde es auch flächendeckend und systematisch gemacht“, sagt Brettschneider.

Von einem Verbot hält der Sportjugendchef gar nichts: „Dann erreicht man genau das Gegenteil. Man muss bei den Jugendlichen das Bewusstsein schärfen, wie sie mit Alkohol umzugehen haben, und wie eben nicht. Das sind Aufgaben für Vereine, Übungsleiter und Trainer.“

Im Sportverein fänden die Kinder ihre Vorbilder, denen sie nacheifern, sagt Brettschneider. „Dann ist ganz entscheidend, welche Norm sich durchsetzt: der verantwortungsvolle Umgang mit Alkohol oder aber das Sturztrinken, auf das alle mit Bewunderung gucken.“ Der Soziologe fordert die Verbände auf, endlich angemessen zu reagieren.

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Auch eine Wirkung gegen Adipositas ist nach der Studie pauschal nicht nachweisbar: „Wenn überhaupt kann man so argumentieren: Findet ein übergewichtiges Kind im Verein Spaß an der Bewegung, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es sich auch außerhalb des Vereins bewegt“, so Brettschneider.

Eine besonders positive Funktion haben die Sportvereine hingegen für viele Kinder beim Wechsel zur weiterführenden Schule. „In dieser Zeit ist die einzig konstante Ressource die Gruppe im Sport“, so Brettschneider. Sie übernehme hier Aufgaben, die weder Eltern noch Lehrer in der Zeit erfüllen könnten. Eine Einbettung in eine Sportgruppe ver-hindere, dass die Jungen und Mädchen in ein Loch fallen würden.

Quellen: dpa/SpiegelOnline vom 02.10.2013

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0 comments on “Jugendarbeit und Sport: Vereint im Rausch

  1. Vergessen wir nicht das Klassendenken, das SPortvereine prägen.
    Das merkt man allerding snur, wenn man auf der Seite derjenigen steht die klassisch gesprochen: „Immer zuletzt ins Team gewählt werden“. (Das ist jetzt bildlich gemeint).
    Ich war gezwungenermassen in diversen Sportvereinen, abe rnie lange….
    Weil ich leider schon von Kindheit her nicht sportlich bin, sondern mehr der Kopftyp, geörte ich zu der Kategorie, und nein es war keine schöne Zeit…. Eher Zeitverschwendung.

    Also Fairness und Zusammenhalt hab ich in diesen Verinen keine gesehen, nur „Ich bin besser als du“ – Gehabe.

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