Trotz zuletzt guter Wirtschaftsdaten in Großbritannien gehen die Löhne zurück. Jeder fünfte Arbeitnehmer verdient weniger, als er zum Leben benötigt, bei den Unter-20-Jährigen sind es sogar 77 Prozent.
Auf den ersten Blick lassen die Zahlen hoffen: Endlich scheint sich die britische Wirtschaft zu erholen. Dieser Tage wurde bekannt, dass das Vereinigte Königreich so viel produziert wie seit drei Jahren nicht mehr. Die Bestellungen in der Industrie ziehen an und die OECD korrigierte ihre Wachstumsprognose nach oben. Um 1,5 Prozent soll die britische Wirtschaft in diesem Jahr wachsen, eine deutliche Steigerung gegenüber den 0,8 Prozent, von denen die OECD bislang ausgegangen war.
Einen Haken jedoch hat die Sache: Großbritanniens Arbeitnehmer haben nichts vom Aufschwung – im Gegenteil: ihre Situation hat sich in den vergangenen drei Jahren dramatisch verschlechtert, wie eine neue Studie der „Resolution Foundation“ in London zeigt.
Demnach ist die Zahl derer, die weniger verdienen, als sie zum Leben brauchen, im Jahr 2012 auf fast fünf Millionen gestiegen, im Jahr 2009 waren es „nur“ 3,4 Millionen Arbeitnehmer, die weniger als den so genannten „Living Wage“ verdienten. Er liegt derzeit in London bei 8,55 Pfund (rund 10 Euro) und 7,45 Pfund (8,80 Euro) außerhalb Londons. Für den Index werden die Durchschnittspreise für Miete, Lebensmittel und Energie berechnet und mit den Löhnen ins Verhältnis gesetzt.
Dramatische Zahlen bei der Jugend
Knapp 20 Prozent der britischen Arbeitnehmer, rund 4,8 Millionen, verdienen damit weniger als sie zum Leben brauchen, bei den Unter-20-Jährigen sind es sogar 77 Prozent. „Wir sind auf dem Weg zu einer Zweiklassen-Arbeitnehmerschaft“, sagt Matthew Whittaker, Senior Economist bei der Resolution Foundation und Autor der Studie. „Seit 2009 können die Löhne nicht mehr mit den steigenden Lebenshaltungskosten mit-halten“, sagt Whittaker. Ihm zufolge sind vor allem Arbeitnehmer mit mittlerem und unterem Einkommen betroffen.
„Das hat gravierende Folgen für die Familien, aber auch für die britische Wirtschaft als Ganzes“, sagt Whittaker. So habe beispielsweise die Zahl der „Food Banks“, der öffent-lichen Essensausgaben, deutlich zugenommen. „Familien mit geringen Einkommen können weniger konsumieren, es besteht die Gefahr der Überschuldung“, sagt der Ökonom. Dies führe dazu, dass mehr Menschen auf staatliche Hilfsleistungen angewiesen seien – und der Staat höhere Sozialausgaben hat.
Die Gründe für die Entwicklung sind vielfältig: mehr und mehr Briten arbeiten in Teilzeit oder mit so genannten „Zero-Hour“-Verträgen, die ihnen keine feste Stundenzahl mehr garantieren; gleichzeitig steigen die Lebenshaltungskosten, Lebensmittel und Energie werden teurer. Dennoch verharrt die Arbeitslosigkeit im Vereinigten Königreich bei 7,8 Prozent. Sie soll auf mindestens sieben Prozent fallen; erst dann will die Bank of England die Leitzinsen erhöhen und gegen die Inflation vorgehen. Sie lag im Juli bei 2,8 Prozent, ein leichter Rückgang von 2,9 Prozent im Juni.
(Tristesse im britischen Ort Skegness: Ein Mann sucht mit einem Metalldetektor nach Wertgegenständen. Die Verarmung ist hier besonders stark ausgeprägt)
Wales ist besonders betroffen
Die Studie des Think Tanks basiert auf Zahlen des nationalen Statistikamtes ONS und zeigt, dass Wales die größte Zahl an Arbeitnehmern hat, die unterhalb des „Living Wage“ verdienen. London und der Südosten stehen mit 16 Prozent vergleichsweise gut da. „Der dramatische Anstieg der Niedriglohnjobs ist überall im Land zu beobachten“, sagt Matthew Whittaker. Am stärksten sei die Zunahme im Osten Englands, im Südwesten und in den West Midlands. Insgesamt zählt Großbritannien knapp 63 Millionen Einwohner.
Für die Labour-Opposition sind die Zahlen ein weiterer Beleg des Scheiterns der Politik von Premier Cameron. Schattenministerin Rachel Reeves kritisierte, Premier Cameron und sein Kabinett verwalteten eine Wirtschaft, die „lediglich unsichere, schlecht bezahlte und oftmals ausbeuterische Arbeit bietet.“
Geringverdienen steuerlich entlastet
Ähnlich äußerte sich Schattenkanzler Ed Balls, der in einem Artikel für den britischen „Guardian“ schrieb, „zwei Quartale mit positivem Wachstum reparieren noch lange nicht die Schäden aus drei Jahren Stillstand.“ Labour hat nun den stellvertretenden Vor-sitzender der Beratungsgesellschaft KPMG, Alan Buckle, um Vorschläge zur Lösung des Problems gebeten.
Großbritannien hat einen nationalen Mindestlohn, der von der Niedriglohn-Kommission in Absprache mit Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden festgelegt wird. Er ist verpflichtend und soll im Oktober von derzeit 6,19 Pfund (7,30 Euro) auf 6,31 Pfund (7,50 Euro) steigen. „Es gibt offensichtlich auf beiden Seiten der Gleichung ein Problem: der Anstieg der Löhne ist zu gering, die Inflation ist zu hoch“, sagt Matthew Whittaker von der Resolution Foundation.
Die Regierung hatte zuletzt die Grenze für die Steuerpflichtigkeit auf 10.000 Pfund hochgesetzt. So soll verhindert werden, dass Geringverdiener über Gebühr belastet werden. Gleichzeitig sind jedoch im Frühjahr heftige Kürzungen bei den Sozialleistungen in Kraft getreten, so dass Kritiker von einem „Krieg der Armen gegen die Reichen“ sprechen.
Quellen: hartgeld.com/AP/Zumapress/WeltOnline vom 05.09.2013
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