Forscher der Universität Bergen haben zwischen Norwegen und Grönland eine etwa 1.500 km lange unterseeische Vulkankette entdeckt, aus der in Kürze eine Reihe neuer Inseln entstehen könnten. Die aus Hunderten von Vulkanen bestehende Kette reicht von Jan Mayen in der Grönlandsee bis zu Framstraße zwischen Svalbard und Grönland.
Jan Mayen ist eine große Insel nordöstlich von Island in der Grönlandsee und gehört politisch zu Norwegen. Benannt ist sie nach dem niederländischen Walfang-Kapitän Jan Jacobs May van Schellinkhout.
Jan Mayen ist vulkanischen Ursprungs und Teil des Nordatlantischen Rückens, der hier die Wasseroberfläche durchbricht. Ein knappes Drittel der Insel ist vergletschert. Hierbei handelt es sich ausschließlich um die Eiskappe des 2277 m hohen Beerenbergs, deren Gletscherströme sich in alle Himmelsrichtungen ergießen und an fünf Stellen das Meer erreichen.
Direkt aus dem Hauptkrater führt der Weyprecht-Gletscher bis an die Nordwestküste der Insel. Die im Südwesten der Insel gelegene Sør-Jan-Gruppe mit ihren Aschekegeln und Lavadomen ist vermutlich seit etwa 10.000 Jahren erloschen, während sich die letzten Ausbrüche an der Nordostspitze der Insel erst 1970/71, 1973 und 1985 ereigneten. Die gesamte Region wird dem Hot-Spot-Vulkanismus zugerechnet.
Einige dieser Vulkane zwischen Norwegen und Grönland sind nur noch 20 Meter unterhalb der Meeresoberfläche. Bereits im Jahre 2008 wurden erste Teile der Vulkankette namens Loki’s Castle entdeckt, jedoch erst jetzt wurde eine detaillierte Vermessung vorgenommen. In der Nähe der Vulkane wurden außerdem 50 neue Tierarten entdeckt.
Auf dem hydrothermalen Feld «Loki’s Castle» können nur die zähesten Mikroorga-nismen überleben, die Archaeen. Denn dort, wo sich diese Einzeller wohlfühlen, ist es stockfinster, sauer und kochend heiss. Es herrschen hohe Drücke, Sauerstoff ist kaum mehr vorhanden. Mit einem Tauchroboter sammelten die Wissenschaftler auf mehreren Expeditionen Gesteinsproben von den Schloten und den Hügeln.
Hitzetolerante Lebewesen dominieren
Im Inneren der porösen Kaminwand fand Jaeschke verschiedene Gruppen von so genannt «hyperthermophilen» Archaeen. Diese früher auch als Archaebakterien bezeichneten Mikroorganismen ertragen aussergewöhnlich hohe Temperaturen. Sie haben eine sehr robuste Zellmembran, die bei Temperaturen von 120°C noch funktionstüchtig ist. Im Innern des Kamins, wo das 320°C heisse Fluid durchströmt, dürfte aber selbst dies nicht reichen. Die Geologin kann sich nicht vorstellen, dass unter solchen Bedingungen noch Leben vorhanden ist. Proben aus dem Kaminzentrum hatte sie jedoch nicht.
An der Aussenwand der Schlote sind die Verhältnisse anders – und demnach auch die Mikroben. Sauerstoffhaltiges Meerwasser mischt sich mit aus der Schlotwand aus-tretendem abgekühltem Fluid und die Temperaturen liegen bei 20°C. Jaeschke konnte dort Bakterien finden, die Schwefelverbindungen oxidieren, um Energie zu gewinnen. Diese Mikroben bilden fadenartige Kolonien, die von blossem Auge sichtbar sind.
Als selten erwiesen sich hingegen methanverzehrende oder methanbildende Archaeen. «Ich hätte erwartet, dass es mehr davon gibt, denn im Fluid des Schwarzen Rauchers ist viel Methan vorhanden, das die Nahrungsgrundlage für diese Organismen bilden könnte», gibt Jaeschke zu bedenken.
Rätselhafte Sonderlinge
Wegen ihrer extremen Lebensweise sind Archaeen wenig erforscht. Noch vor wenigen Jahrzehnten galten sie als Bakterien. Mittlerweile wurden sie im Stammbaum des Lebens neben den Eukaryoten (Pflanzen, Tiere, Pilze) und den Bakterien in ein eigenes Reich eingeteilt. «Über diese Lebewesen wissen wir sehr wenig, und das Wenige, das wir wissen, stammt von Isolaten aus Labor-Reinkulturen», sagt Andrea Jaeschke.
Archaeen und Bakterien haben die Erde schon in ihrer Frühzeit besiedelt, als noch kein Sauerstoff vorhanden war. Hydrothermale Systeme kommen diesem Zustand wohl sehr nahe. «Sie bieten uns deshalb ideale Bedingungen, um das frühe Leben unseres Planeten zu studieren.» Archaeen gewinnen beispielsweise Energie, indem sie Verbindungen wie Methan, Kohlendioxid oder Schwefelwasserstoff für ihren Stoffwechsel nutzen. Sauerstoff benötigen sie nicht. «Diese Stoffwechselvorgänge funktionierten in der Frühzeit der Erde vor Milliarden von Jahren!», betont Jaeschke.
Viele Archaeen ertragen nicht nur kochendes Wasser, sondern können auch in Säuren oder extrem salzhaltigen Gebieten existieren. «Loki’s Castle» ist insofern eine Aus-nahme, als dass der Säuregrad des Fluids «nur» pH 5,5 beträgt (zum Vergleich: ein neutraler pH-Wert beträgt 7). Von anderen Black Smokern ist bekannt, dass sie mit pH 3 bis 4 viel saurer sind. Trotzdem leben auch dort die zähen Einzeller.
Welchen Beitrag die Mikroben von «Loki’s Castle» in geochemischen Prozessen leisten, ist aber derzeit noch unbekannt. «Im Moment wissen wir nur, wer alles da ist und was sie höchstwahrscheinlich tun», so die Geologin. Die Idee ist deshalb, dass die Wissen-schaftler auch die Aktivitäten der Mikroorganismen messen, um beispielsweise Aussagen über den Stoffumsatz machen zu können.
Neue Inselkette
Die Formierung einer neuen Inselkette könnte möglicherweise Auswirkungen auf die Meeresströmungen, eventuell auch auf den Golfstrom und damit auf das zukünftige Klima in Europa haben. Diese Region ist praktisch ein Ende des Golfstroms oder genauer des Nordatlantikstroms. Hier wird das Wasser von der Oberfläche in tiefere Regionen befördert. Es beginnt dann in der Tiefe des Nordatlantiks eine dem Golfstrom entgegen-gesetzte, kalte Meeresströmung.
Videos vom Meeresboden
Mit dem Tauchroboter sammelten Forscher in 2400 Metern Meerestiefe von einem Schwarzen Raucher Gesteinsproben, um die Mikrobenwelt zu untersuchen.
Quellen: PRAVDA-TV/UiB/ethlife.ethz.ch/wetter-center.de vom 25.08.2013
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