Auf Aufnahmen der NASA-Mars-Sonde „Mars Reconnaissance Orbiter“ (MRO) haben Wissenschafter ein urzeitliches Delta gefunden, in dem sich einst ein Fluss zumindest in ein großes Gewässer ergeben hatte. Die Forscher sehen darin einen Beleg für die Existenz eines schon lange vermuteten Ozeans, der einst einen Großteil der nördlichen Mars-hemisphäre und damit mehr als ein Drittel des Roten Planeten bedeckt hatte.
(Foto: Vergleich zwischen dem Delta in der Mars-Region Aeolis Dorsa (l.) und eine heutigen irdischen Flussdelta am Baikalsee)
„Wissenschaftler vermuten schon lange, dass die nördlichen Tiefländer des Mars ein aus-getrockneter Meeresboden sind. Bislang hat jedoch noch niemand eindeutige Beweise dafür gefunden“, erläutert der Geologe Mike Lamb vom California Institute of Technology (Caltech) und Mitautor der aktuell im Fachmagazin „Journal of Geophysical Research“ veröffentlichten Studie.
„Obwohl auch die aktuelle Entdeckung noch nicht die Bedingungen eines solchen ein-deutigen Beweises für die Existenz eines einstiges Mars-Ozeans erfüllen, stellen sie doch zumindest den bislang stärksten Hinweis dafür dar“, fügt Roman DiBiase, der Erstautor der Studie hinzu.
Der Umstand, dass der Großteil der nördlichen Hemisphäre tiefer gelegen ist als die südliche Hemisphäre gleiche entsprechenden Strukturen von Meeresbecken auf der Erde. Die Grenze zwischen den Tiefländern und den Hochländern wäre dann der Verlauf der einstigen Küstenlinie des angenommenen Mars-Ozeans.
Auf den hochaufgelösten MRO-Aufnahmen eines 100 Quadratkilometer großen Geländes innerhalb der Mars-Region Aeolis Dorsa (rund 1.000 Kilometer vom Gale-Krater ent-fernt) haben die Forscher gratartige Gebilde, sogenannte invertierte Kanäle (inverted channels) ausfindig gemacht.
Diese Strukturen finden sich auch auf der Erde und bilden sich hier, wenn grobkörnige Materialien wie etwa Kies und Geröll von Flüssen am Boden abgelagert und nach und nach angehäuft werden. Trocknet ein Fluss dann aus, erodiert das feinkörnigere Material und lässt die größeren zurück, wodurch sodann ein Grat den einstigen Flusslauf nach-zeichnet.
Auf den Satellitenaufnahmen erscheint es nun so, dass diese Kanäle deltaförmig aus-fächern, was die Geologen auf drei mögliche Entstehungsarten schließen lässt: Zum einen könnten die Strukturen ein einstiges Abflusssystem gebildet haben, in dem Bäche von einem Berg herab geflossen und zusammen später einen größeren Fluss gebildet haben.
Zum zweiten könnte das Wasser auch einen sogenannten Schwemmfächer gebildet haben, die entstehen, wenn ein Fluss aus einem Seitental in ein Haupttal oder in eine Ebene tritt, wo er seine Gesteinsfracht an seinem Austrittspunkt in alle Richtungen aufschüttet und so die fächerartige Form der Aufschüttung entsteht. Als dritte Erklärungsmöglich-keit könnten die Kanäle Teil eines Mündungsdeltas sein, durch das sich ein Fluss (ver-gleichbar etwa mit dem irdischen Nil) in ein größeres Gewässer, einen Binnensee oder eben in einen Ozean ergibt.
(Bild: Übersichtskarte der untersuchten Region in Aeolis Dorsa)
Um herauszufinden, welches Szenario am wahrscheinlichsten die Formation auf dem Mars erklärt, haben die Wissenschaftler die Struktur anhand weiterer hochauflösender Aufnahmen untersucht, wodurch es ihnen auch möglich war, Stereo-Ansichten des Deltas zu erstellen, auf welchen Details bis zu 25 Zentimeter Größe, damit kleinste Oberflächen-merkmale und genaue topografische Daten gewonnen werden konnten. Anhand dieser ließen sich Höhenunterschiede der Kanäle zur Umgebung schon ab einem Meter exakt ermitteln. Auf diese Weise konnten sie Stück für Stück nachvollziehen, wie sie die Sedimente ursprünglich abgelagert hatten, woraus sich auch die Flussrichtung des sich formenden einstigen Gewässers ermitteln ließ.
Wie sich zeigte, floss besagter Strom in derartiger Richtung, dass es sich entweder um einen Schwemmfächer oder um ein Delta gehandelt haben muss. Dann fanden die Forscher in den Sedimenten aber auch Hinweise dafür, dass sich hier ein Fluss in ein größeres Gewässer ergoss.
Zwar wurden schon zuvor Delta auf dem Mars entdeckt, doch handelte es sich dabei immer nur um entsprechende Strukturen innerhalb geologischer Grenzen, etwa im Innern von Einschlagskratern. Entsprechende Fluten hatten also immer nur Seen gespeist. Es handelte sich also nicht um Belege für einen einstigen Ozean. „Jetzt haben wir wahrscheinlich den bislang überzeugendsten Beleg für ein Delta, dessen Fluss aber in ein einst existierendes großes und freies Gewässer in der nördlichen Hemisphäre geflossen ist“, kommentiert DiBiase. Dieser Ozean wäre dann zumindest so groß wie die gesamte Region Aeolis Dorsa gewesen und hätte damit eine Fläche von rund 100.000 Quadratkilometern bedeckt.
Allerdings geben die Forscher zugleich zu bedenken, dass es durchaus auch noch alter-native Erklärungsmöglichkeiten gibt. So könnte es einst einen großen Krater vor Ort gegeben haben, der mit der Zeit vollständig wegerodierte. „Dieses Szenario bedürfte jedoch gewaltiger geologischer Prozesse und einer hohen geologischen Aktivität. Für diese haben sich jedoch zumindest bislang nirgends auf dem Mars Hinweise gefunden.
In weiteren Untersuchungen wollen die Forscher nun den möglichen Küstenverlauf genauer untersuchen und in den dortigen Sedimenten nach weiteren Hinweisen und Belegen für einen einstigen Ozean suchen.
Video
http://www.youtube.com/watch?v=SH40TEUsv0Y
Quellen: NASA/caltech.edu/grenzwissenschaft-aktuell.de vom 20.07.2013
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