Lebensmittel-Preise: Die Welt wird globale Hunger-Katastrophen erleben

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Hunger

Bis zum Jahr 2050 muss die Welt 70 Prozent mehr Lebensmittel produzieren, um die Bevölkerung zu ernähren. Die ungleiche Verteilung der Ressourcen wird durch Spekulationen auf Nahrungsmittel noch verschärft. Experten erwarten große, globale Hungerkatastrophen, auch bedingt durch die Zunahme von Natureregnissen, wie Hochwasser und Dürre.

(Bild: Viele Entwicklungen deuten auf eine neue Hungersnot hin, die globale Folgen haben könnte. (Ivan Vladimirov, Hungersnot. Screenshot: DWN/wahooart.com))

Im Jahr 2050 wird es auf der Welt etwa neun Milliarden Menschen geben. Bis dahin müssen die Nationen es schaffen, die Produktion von Lebensmitteln um 70 Prozent zu steigern, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Obwohl es immer ertragreichere Ernten gebe, werde der Konsum immer größer, daher sei es eine Herausforderung, unsere Lebensmittelvorräte stabil zu halten, sagte Marc Sadler vom Landwirtschafts- und Umweltdienst der Weltbank. Die steigende Nachfrage komme von „neuen Konsumenten mittleren Einkommens“ in den Schwellenländern, die ihre Ernährung umstellten. Immer mehr Menschen brauchen immer mehr Lebensmittel.

Ein zweites Problem der weltweiten Versorgung mit Lebensmitteln ist die ungleiche Verteilung der Ressourcen. Die größten Reserven befinden sich in Ländern, die diese nicht exportieren. „Etwa die Hälfte der weltweiten Getreidevorräte sind in Indien und China“, sagte Sadler einem Bericht von Bloomberg zufolge. Der Handel von Lebensmitteln sei zwar relativ uneingeschränkt, aber die zur Verfügung stehenden Lagerbestände für den Weltmarkt seien gering.

Zusätzlich wird diese Situation durch die Preistreiberei durch Spekulationen auf Lebensmittel erschwert. Ernten und Erträge können versichert werden. Landwirte weltweit bekommen von Finanzmarkt-Akteuren das Angebot, ihre Ernten zu einem bestimmten Preis und zu einer vereinbarten Zeit garantiert verkaufen zu können. Diese Future-Verträge können jedoch von den Versicherern auch weiterverkauft und gehandelt werden. Etwa 60 Prozent des weltweiten Marktes mit Grundnahrungsmitteln sind in der Hand von Akteuren, die diese weder anbauen noch brauchen. Es geht ihnen nur um Profit.

Banken, Hedge Fonds und Rentenfonds können mit diesen Produkten dann Wetten auf die Entwicklung der Lebensmittelpreise in deregulierten Finanzmärkten abschließen. Das führt zu drastischen Preisschwankungen bei Grundnahrungsmitteln wie Weizen, Mais und Soya. Steigende Preise sind eine Katastrophe für Dritte Welt Länder, deren Bevölkerung in Armut lebt. Unterernährung und Hunger sind die unmittelbaren Folgen.

Weitere Folgen sind ein Anstieg der Prostitution und der Kriminalität allein für die Beschaffung von Lebensmitteln, wie die Organisation World Development Movement (WDM) berichtet. Die Verbreitung von Krankheiten wird durch Unterernährung be- schleunigt. Nur aufgrund der steigenden Lebensmittelpreise wurden 2010 mehr als 44 Millionen Menschen in extreme Armut getrieben. Im Vergleich dazu hat sich das Ausmaß der Wetten auf Lebensmittel in den letzten fünf Jahren mit 126 Milliarden Dollar fast verdoppelt, berichtet WDM. Dieses Geschäft ist auch bekannt als große Hunger-Lotterie.

Diese Entwicklungen werden durch häufiger auftretende Naturkatastrophen in Armuts-gebieten verschlimmert. Dürreperioden, Überschwemmungen, Erdbeben oder Tsunamis vernichten Ernten und damit die Lebensgrundlage der Menschen, die sich auf den Finanzmärkten nicht mehr mit Nahrungsmitteln versorgen können.

In zehn Jahren werde die Zahl der lebensmittelgefährdeten Menschen aufgrund dieser Entwicklungen um fast ein Viertel steigen. Lebensmittelgefährdet sind Menschen, die pro Person und pro Tag weniger als 2.100 Kalorien zu sich nehmen. Bis 2023 werden bis zu 868 Millionen Menschen in 76 Staaten mit niedrigem und mittlerem Einkommen davon betroffen sein. 40 Prozent der hungerleidenden Bevölkerung wird dann aus Südafrika kommen.

Ohne eine umfassende und weltumspannende Regulierung der Finanzmärkte steht der Welt in nicht allzu ferner Zukunft eine Hungerkatastrophe bevor. Transparenz bei den Future-Veträgen muss hergestellt werden. Derzeit weiß niemand, wie viel und welche Lebensmittel zwischen welchen Akteuren gehandelt werden. Strikte Grenzen über die Höhe der Gewinne und das Ausmaß der Finanzgeschäfte müssen etabliert werden, um den kaputten Markt für Grundnahrungsmittel – und damit den Preis fürs Überleben – fair zu gestalten.

Quelle: Deutsche-Wirtschafts-Nachrichten vom 02.07.2013

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