Der Oberste US-Gerichtshof kippt Teile des Wahlrechtsgesetzes von 1965, dem Millionen von Afroamerikanern verdanken, dass sie ungehindert wählen können.
Der US-Supreme-Court hat ein historisches Bürgerrechtsgesetz zum Schutz der Wahl-beteiligung von Minderheiten teilweise gekippt. Der Supreme Court erklärte eine Passage des sogenannten Voting Rights Act aus dem Jahr 1965 für verfassungswidrig, die Wahlgesetze in einer Reihe von Bundesstaaten im Süden der USA unter Aufsicht der Regierung in Washington stellt. Damit sollte einst sichergestellt werden, dass Afro-amerikaner nach dem Ende der Rassentrennung ungehindert ihre Stimmen abgeben können.
Der Supreme Court urteilte, dass das Gesetz nicht mehr der gesellschaftlichen Realität entspreche. Die Auswahl der Bundesstaaten und Kommunen, die von einer Kontrolle betroffen sind, beruhe auf „jahrzehntealten Daten“, schrieb der Vorsitzende Richter John Roberts. Der Kongress müsse eine neue Formel festlegen, auf dessen Grundlage ent-schieden wird, welche Gebiete ihre Wahlgesetze von der Bundesregierung absegnen lassen müssen.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs fiel äußerst knapp aus. Die fünf Richter des konservativen Lagers stimmten für eine Neufassung des Voting Rights Act, die vier linksliberalen Richter wollten dagegen an der bestehenden Gesetzeslage festhalten. US-Präsident Barack Obama zeigte sich „zutiefst enttäuscht“. Das Urteil kippe „etablierte Praktiken, die seit Jahrzehnten faire Wahlen gewährleisten“, erklärte der erste afroamerikanische Präsident der USA.
Der US-Kongress hatte den Voting Rights Act in seiner ursprünglichen Form zuletzt im Jahr 2006 erneuert. Neun Bundesstaaten – Alabama, Alaska, Arizona, Georgia, Louisiana, Mississippi, South Carolina, Texas und Virginia – brauchen demnach für Änderungen an ihren Wahlgesetzen die Zustimmung aus Washington. Außerdem sind einzelne Gemeinden und Landkreise in Bundesstaaten wie Kalifornien, Florida und Michigan betroffen.
Schreibtests sollten Schwarze vom Wählen abhalten
In den USA werden die Einzelheiten des Wahlrechts wie der Zuschnitt der Stimmbezirke auf lokaler Ebene geregelt. Der Voting Rights Act beendete in den 60er-Jahren die Diskriminierung von Afroamerikanern bei Wahlen. Vor allem in den Südstaaten wurden ärmere und schlechter gebildete Schwarze einst systematisch über Lese- und Schreibtests ausgeschlossen. Wahlkreise wurden so zugeschnitten, dass die weiße Bevölkerung die Mehrheit stellte.
Der afroamerikanische Bürgerrechtsverband NAACP sprach von einer „empörenden“ Entscheidung des Supreme Court. Wähler aus ethnischen Minderheiten seien nun weniger geschützt vor der „Flut der Attacken, die wir in den letzten Jahren gesehen haben“, sagte NAACP-Präsident Benjamin Jealous.
Neue Gesetze benachteiligen viele Einwanderer
Jealous spielte damit auf Versuche an, im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2012 die Stimmabgabe an neue Bedingungen zu knüpfen. Mehrere Bundesstaaten – die meisten im Süden gelegen und von Republikanern regiert – verabschiedeten Gesetze, wonach Wähler nur gegen Vorlage eines Ausweises mit Bild ihre Stimme abgeben dürfen. Teilweise wurden die Regelungen von Gerichten wieder kassiert.
Bürgerrechtsaktivisten kritisierten, dass die Wahlgesetze insbesondere Einwanderer benachteiligen. Viele Immigranten haben keine Geburtsurkunde und können daher nur mit großem organisatorischen und finanziellen Aufwand einen offiziellen Ausweis beantragen. Auch unter Afroamerikanern und in ärmeren Bevölkerungsschichten sind Ausweisdokumente weniger verbreitet.
Quellen: AFP/WeltOnline vom 26.06.2013
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