Hintergrund. In wenigen Ländern wächst dieses Ökosystem – aber nur wegen Holzimporten aus anderen Staaten. Global gesehen sinkt allein die Geschwindigkeit seiner Vernichtung.
Der globale Waldverlust spielt in der Umweltkrise eine herausragende Rolle. Damit gehen die Sorgen über die Folgen von Artenverlust, Klimawandel, aber auch den Wegfall der Lebensgrundlage für vom Wald abhängige Bevölkerungsgruppen einher. Non-Governmental Organizations (NGO) prangern darum die Zerstörung der Lebensgrund-lagen indigener Völker durch Palmölplantagen (Bild aus Indonesien) und Sojawüsten an. Bei der »Rettung des Klimas« durch Kohlenstoffmärkte hat der Wald eine Schlüssel-funktion.
Weshalb transnationale Naturschutzorganisationen Spenden sammeln, »um die Säge zu stoppen«. Schließlich veröffentlicht die Welternährungsorganisation (FAO) seit 1980 regelmäßig die Ergebnisse einer globalen Waldbestandsaufnahme, die Global Forest Ressources Assessment, in dem die Verluste systematisch beschrieben werden. Es gibt also viele verschiedene Akteure, die sich bei diesem Thema zu Wort melden.
Was als Wald betrachtet wird, ist eine Definitionssache. Dabei geht es nicht nur um die Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärwäldern. Es ist auch die Frage bedeutsam, ob Flächen, die zu zehn Prozent mit Bäumen bedeckt sind, noch als Wald gelten oder ob die Wertung erst bei einer 30prozentigen Baumbedeckung beginnt. Setzt man die Zehnprozentmarke, werden locker bestandene Savannenwälder mitgezählt. Auf der Basis dieses Kriteriums sind derzeit rund 30 Prozent der Erdfläche (40 Millionen Quadratkilometer) mit Wald bedeckt, zu einem Drittel mit Primär- und zu zwei Dritteln mit Sekundärwäldern.
Die Geschwindigkeit des Waldverlusts hat von 2000 bis 2010 gegenüber 1990 bis 2000 leicht abgenommen. Weltweit betrug er Ende des vorigen Jahrhunderts durchschnittlich 83000 Quadratkilometer pro Jahr, in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts nur noch 56000. In asiatischen Ländern, speziell in China, konnten mehr Waldzu- als -abnahmen verzeichnet werden. Generell wird etwa die Hälfte des Waldverlustes durch Wiederbe-waldung ausgeglichen.
Forest Transition
In Regionen, in denen (im Vergleich zu früheren Verhältnissen) der Zuwachs den Verlust übertrifft, wird von einem Übergang gesprochen, von der Forest Transition. Die Wieder-bewaldung kann durch Pflanzung (im schlimmsten Fall von Baummonokulturen), durch eine Umstellung des landwirtschaftlichen Anbausystems auf Agrarforstwirtschaft oder einfach dadurch geschehen, daß der Wald sich die Flächen zurückholt, die vom Menschen dauerhaft oder zeitweise verlassen wurden. Letzteres findet auch in regelmäßigen Zyklen bei mit Brandrodung arbeitenden, aber durchaus nachhaltig extensiven Anbausystemen statt.
Es leuchtet ein, daß die Wende vom Verlust zur Zunahme des Waldes etwas wäre, an dem Menschen direkt oder indirekt beteiligt sind. Historisch betrachtet gab es einen solchen Umschwung in einer Reihe von heutigen Industrieländern aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen anscheinend als »Nebeneffekt«. Das weckt bei Natur- und Waldschützern die Hoffnung, daß der seit vielen Jahren in den Ländern des Südens beobachtete Wald-verlust eines Tages sozusagen »von selbst« aufhören könnte.
Darum klärt ein Blick in die Vergangenheit auf, ob eine solche Erwartung berechtigt ist. Es stellt sich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen eine Forest Transition in tropischen Ländern erwartet werden kann, ähnlich wie sie im 19. und 20. Jahrhundert in europäischen Ländern und Teilen der USA stattgefunden hat. Aufgrund retrospektiver Analysen wurden zwei zur Forest Transition führende Wege identifiziert.
Der erste Weg wird gern auf eine einfache Formel gebracht: Industrialisierung und das Wachstum des Dienstleistungssektors ziehen die Arbeitskräfte vom Land in die Städte, die landwirtschaftliche Intensivierung erhöht in den am besten geeigneten Regionen sowohl die Profitabilität der Produktion als auch die Menge der hergestellten Nahrungsmittel, wobei die Entvölkerung der weniger geeigneten Standorte durch marktwirtschaftliche Mechanismen (Preisverfall) beschleunigt wird.
In den so verlassenen Gegenden erobern sich die Wälder ganze Landstriche zurück. Mit anderen Worten: Industrialisierung und ein in der Landwirtschaft erwirtschafteter Wohlstand sind die Triebkräfte der Entvölkerung. Das klingt nach einer Win-Win-Situation.
Der zweite Weg wird laut der Forest-Transition-Theorie durch Holzmangel induziert. Dieser führt nach Ansicht der Experten zu steigenden Holzpreisen, was wiederum die Landeigentümer zu Investitionen in Baumplantagen anregen wird. Dank Intensivforst-wirtschaft, die künftig auch mit gentechnisch (!?) veränderten Bäumen produzieren will, wird es möglich, den Holzbedarf mit einem geringeren Flächenverbrauch zu decken. So könnten die übrigen Wälder von Abholzung verschont bleiben, so daß dort Schutzgebiete eingerichtet werden können und die bisher noch bestehende Artenvielfalt erhalten bleibt.
Deshalb fordern Patrick Meyfroidt (Katholische Universität in Louvain) und Eric F. Lambin (Stanford University – School of Earth Sciences), ausgehend von der Prognose einer 20prozentigen Steigerung des Holzverbrauchs bis 2030, eine durch den Emissionshandel stimulierte Ausbreitung von Baumplantagen. Eine Reduzierung des Holz-und Papierverbrauchs vorzuschlagen, kommt den beiden Autoren, die auch als Politikberater agieren, nicht in den Sinn.
Sie räumen zwar ein, daß Baumplantagen »oft negative ökologische Auswirkungen« haben, doch ihre Schlußfolgerungen gehen in eine andere Richtung: Die Politik solle Baumplantagen und deren Produktivität fördern, »naturfreundliche« Landwirtschaft in Gegenden unterstützen, die für eine industriemäßige Großproduktion »aufgrund der biophysikalischen oder sozialen Bedingungen« ungeeignet sind, und die Zonierung von landwirtschaftlichen Flächen betreiben, die ein hohes Potential aufweisen. Das klingt nicht gerade nach einer Einbeziehung der lokalen Bevölkerung, die von derlei Planungen betroffen sein könnte.
(Foto: In den USA, in China oder den Niederlanden wird von einem nationalen »grünen« Wachstum gesprochen: Das erreichen diese Staaten ausschließlich durch Holzimporte z.B. aus Rußland)
Abwanderung in die Stadt
Was zeigt uns ein Blick in die Geschichte der Forest Transition? War es tatsächlich eine Win-Win-Situation? Nehmen wir die drei am besten untersuchten Länder: In Groß-britannien kam es im 19. Jahrhundert zwar zu einer massiven Abwanderung vom Land in die Stadt, nicht jedoch zu der für einen solchen Prozeß angeblich typischen Wiederbe-waldung. Die umfangreiche Land-Stadt-Migration war genauer gesagt eine massive Vertreibung, verbunden mit einer dramatischen Landumverteilung, die unter dem Namen »Enclosure Movement« (Einzäunungsbewegung) in die englische Geschichte einging.
Dabei nutzten die Besitzer der entstehenden Fabriken die Arbeitskraft der entwurzelten Bevölkerung ausgesprochen gern. Im Ergebnis dieser schon von Friedrich Engels und Karl Marx analysierten Enteignungswelle war im Jahr 1876 die Hälfte der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche von England und Wales in der Hand von nur 2250 Menschen konzentriert.
Doch eine Wiederbewaldung der entvölkerten Gebiete blieb nicht nur aus, sondern die Waldflächen wurden weiter reduziert. Die ehemaligen gemeinschaftlich genutzten Weiden wurden von den neuen Eigentümern in Ackerland umgewandelt. Dennoch wuchsen trotz steigender Gesamtproduktion auch die Agrarimporte. Einfuhren aus der Quasikolonie Irland deckten 1840 mindestens ein Sechstel des englischen Nahrungs-mittelbedarfs. Hinzu kamen Importe aus den Kolonien in Asien und Afrika.
Während sich Großbritannien 1860 noch zu vier Fünfteln selbst versorgte, war dieser Anteil im Jahr 1913 auf 45 Prozent gesunken. Dies hatte teilweise mit der Bevölkerungs-entwicklung in England zu tun, die sich von 8,3 Millionen Einwohnern im Jahr 1801 innerhalb eines Jahrhunderts nahezu vervierfacht hatte – auf 30,5 Millionen im Jahr 1901. In dieser Periode verschwanden Wälder kontinuierlich, bis ihr Flächenanteil in den 1920er Jahren den Tiefstand von weniger als fünf Prozent erreichte. Schließlich schritt die Politik ein und sorgte mit der Gründung einer staatlichen Forstkommission für eine gezielte, langsam voranschreitende Wiederaufforstung.
Heute sind 11,8 Prozent des Vereinigten Königreiches wieder mit Wald bedeckt. Es waren also nicht die »Marktkräfte« bzw. der vermeintliche Automatismus einer durch Wohl-stand erzeugten Urbanisierung, die eine Trendwende bewirkten, sondern die Durch-setzung eines politischen Willens.
In Frankreich spielten im Vorfeld der Wiederbewaldung sowohl quantitative Faktoren (fehlende Walddecke, Holzpreise, zunehmende Nutzung fossiler Brennstoffe) als auch qualitative Faktoren (öffentliches Bewußtsein, die Anwendung von Gesetzen usw.) eine Rolle. Der Waldzuwachs begann, nachdem 1827 ein neues Forstgesetz (Code Forestier) verabschiedet wurde. Regional begrenzte ökologische Desaster – Überschwemmungen infolge der Abholzung eines Teils der Alpen, die Verkarstung von Ardèche und Cevennen – wurden als nationale Katastrophe empfunden und schufen die notwendige Stimmung zur Durchsetzung des Gesetzes.
Damit verbunden war eine Privatisierung der Wälder der Feudalherren als Nachwirkung der Französischen Revolution. Das Bestreben der neuen Waldbesitzer, die von ihnen angelegten Baumplantagen kommerziell zu verwerten, geriet zunehmend mit den traditionellen Nutzungsansprüchen der Landbevölkerung (Waldweide, Brennholz) in Konflikt. In der von den Eliten bestimmten öffentlichen Wahrnehmung war die Landbe-völkerung schuld an der Zerstörung der Wälder. Die Diffamierung dieser Gesellschafts-schicht als »faul« und »ignorant« sowie eine übertriebene Darstellung der von der Landbevölkerung verursachten Waldzerstörung war ein Charakteristikum der Berichte jener Zeit.
Das erinnert an den heutigen Diskurs zur Umweltzerstörung in den Ländern des Südens. Auch da gibt es nicht wenige Stimmen, die das fehlende Umweltbewußtsein und die mangelnde Aufklärung der armen Bevölkerung als treibende Kraft der dortigen Umwelt-zerstörung beschreiben.
Die Beschuldigung der Bergbewohner Frankreichs legitimierte quasi ihre Vertreibung und Enteignung sowie die Anpflanzung neuer industrieller Wälder. Von 1848 bis 1850 waren in Frankreichs Wäldern zwischen 18000 und 60000 Soldaten im Einsatz, um dem Forstgesetz von 1827 und den privaten Besitzansprüchen Geltung zu verschaffen. Der ländliche Exodus und die Wiederbewaldung Frankreichs waren damit besiegelt, wenn-gleich es noch sporadischen Widerstand bis 1872 gab. Auch andere Faktoren haben zu Frankreichs Wiederbewaldung beigetragen.
So wurde im 19. Jahrhundert statt Holz immer mehr Kohle verbraucht. Kartoffeln mit höherem Flächenertrag im Vergleich zu Getreide wurden zum Grundnahrungsmittel der armen Bevölkerung. Eisenbahnen ermöglichten den Transport von Lebensmitteln in die urbanen Ballungszentren.
Im Detail verschiedene, aber ähnliche Entwicklungen führten auch in anderen europäischen Ländern zur Wiederbewaldung. Gesetze zur Wiederaufforstung wurden 1852 in Österreich und 1859 in Bayern verabschiedet.
In den USA schuf die Forrest-Transition-Theorie folgenden Mythos: Die anfängliche wirtschaftliche Entfaltung beginnt mit einer Entwaldung. In einer späteren Phase aber werden landwirtschaftliche Flächen freigegeben, so daß die Wälder wieder aufwachsen können. Was lokal und regional zutraf (in New England und anderen Bundesstaaten an der Ostküste), erweist sich bei nationaler Betrachtung und gründlicher erneuter Analyse als falsch. Die Waldverluste hatten sich einfach nur nach Westen verlagert, und parallel dazu breitete sich der Wald an der Ostküste wieder aus, so daß sich am Ende im günstigsten Fall ein Nullsummenspiel ergab.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Land-Stadt-Migration in der Ära der industriellen Revolution weder eine friedliche Entwicklung darstellte, bei der die Bevölkerung die ländlichen Gebiete freiwillig verließ, um ein bequemeres Leben in den Städten zu suchen, noch war sie in jedem Fall mit einer Wiederbewaldung verbunden.
Berechnungen über Jahrzehnte
In der heutigen globalisierten Welt kann eine Untersuchung der Waldentwicklung auf Länderebene schnell zu falschen Schlußfolgerungen führen, wenn die internationalen Warenströme außer acht gelassen werden. Die Schonung der Waldbestände in China und Finnland wurde zum Teil durch Holzimporte aus Rußland erkauft. Dies scheint inzwischen eine allgemeine Tendenz zu sein. In letzter Zeit häufen sich Berichte darüber, daß es nicht nur einzelne Länder sind, die ihre Waldbilanz zu Lasten Dritter aufbessern. In vielen reichen Staaten kann eine Wiederbewaldung dank Import von Holzprodukten erfolgen. Unter den 34 Ländern, die in diese Kategorie fallen, finden sich neben China und den USA auch Italien, Japan, die Niederlande und Spanien.
Die US-amerikanische Naturwissenschaftlerin Julianne Mills Busa (Smith College in Northampton/Massachusetts) stellte die Menge des gehandelten Holzes dem Binnen-verbrauch von Holzprodukten in 176 Ländern über den Zeitraum von 1972 bis 2009 gegenüber. Mit ihren Ergebnissen widerlegt sie zwei Mythen, die in der neoliberalen Diskussion über Armut und Umwelt eine zentrale Rolle spielen, nämlich erstens, daß es die »Armut« sei, die Umwelt zerstört und zweitens, daß »grünes« Wachstum eine Lösung für die Umweltprobleme darstelle.
Die Verfolgung der Warenströme von Holz und Holzprodukten legt offen, daß reiche Länder, die den entsprechenden Verbrauch durch Import abdecken statt durch heimische Ressourcen, so Busa, »die Illusion eines Naturschutzes im eigenen Land erzeugen, während sie weltweit zur Naturzerstörung beitragen«.
Unter Bezugnahme auf die in Politik und Wissenschaft verbreitete Ansicht, Ökoeffizienz und Ökotechnologie seien Schlüssel für nachhaltiges Wachstum in den reichen Ländern und für »Entwicklung« der armen Länder, berechnete sie einen speziellen Koeffizienten, der neben Holzverbrauch und Handelsströmen auch die Effizienz bei der Holzgewinnung und -verarbeitung in Rechnung stellte. Danach tragen reiche Länder auch nach Ein-führung nachhaltiger Technologien noch zur Zerstörung der Wälder in den armen Ländern bei. »Die Entkopplung von Produktion und Verbrauch erzeugt eine Trennung zwischen Problem und politischer Lösung. Das Waldmanagement innerhalb der Länder kollidiert mit den globalen Zielen zum Schutz der biologischen Vielfalt«, ist ihre Schlußfolgerung.
Positives aus El Salvador
Forest Transition gibt es aber auch jenseits des Exports der eigenen Umweltzerstörung. Dafür steht eine Reihe von Beispielen aus kleineren Ländern des Südens, jedes mit seiner eigenen Geschichte. Stellvertretend sei hier die Entwicklung in El Salvador skizziert, einem mittelamerikanischen Land mit einer Fläche von 21000 Quadratkilometern, dessen Wälder Ende der 1970er Jahre nahezu vollkommen abgeholzt waren. Von 1990 bis 2000 nahmen die locker bewaldeten Flächen um mehr als ein Fünftel zu und die dicht bewaldeten um mehr als sechs Prozent. Die Wiederbewaldung des Landes war von neoliberalen Reformen und vom Bürgerkrieg beeinflußt, der dort von 1980 bis 1992 stattfand.
Bereits während der bewaffneten Auseinandersetzungen sorgte die Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN) in dem von ihr kontrollierten Territorium dafür, daß der Wald unangetastet blieb, vor allem, um Sichtschutz für ihre Operationen zu gewährleisten. Außerdem wurde durch die Präsenz der FMLN die Expansion der agroindustriellen Produktion gestoppt. Der Bürgerkrieg hatte aber auch zur Folge, daß ein Sechstel der Bevölkerung ins Ausland flüchtete, verbunden mit regelmäßigen Geld-sendungen an ihre zurückgebliebenen Verwandten.
Dies, in Kombination mit dem Verfall der Weltmarktpreise für landwirtschaftliche Produkte, hatte den größten Effekt auf die Veränderung der Landschaft. Bei einem Preisindex für deren Erzeugnisse, der im Jahr 2000 nur noch ein Viertel der Indizes der 1970er Jahre betrug, fehlte der ökonomische Anreiz zur landwirtschaftlichen Produktion.
Ein weiterer Faktor war die, wenn auch unvollkommene Landreform der 1980er Jahren. Sie war zwar als Ergänzung zur militärischen »Befriedung« des Landes ein Teil der Aufstandsbekämpfungsstrategie, aber im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Staaten umfangreicher. Und sie hatte einen gewissen umverteilenden Charakter. Sie betraf ein Fünftel der Landesfläche und brachte Besitztitel für ein Viertel der Bevölkerung, wobei die Reform sowohl individuelles als auch kollektives Eigentum gestattete.
Vor dieser Landreform war die Abholzung (»Urbarmachung«) von Flächen die Methode der Wahl, um Besitzansprüche geltend zu machen. Neben der Schaffung einer relativen Rechtssicherheit waren die Reformen auch mit institutionellen und kollektiven Ver-änderungen in der territorialen Organisation verbunden, einschließlich der Prävention von Waldbränden, der gemeinsamen Verwaltung von Wäldern und einer Kontrolle der Jagd. Auf technischer Ebene wurden viele der von der Landreform betroffenen Gemeinden durch nationale und internationale NGO beraten, die die Einführung agrarökologischer Modelle förderten.
Auf der Grundlage einer Mischproduktion, die den Anbau von Kaffee und Früchten, Kunsthandwerk, Pflanzenmedizin und die gezielte statt einer willkürlichen Gewinnung von Feuerholz umfaßte, nahm die Walddecke auch in Gebieten mit über 250 Einwohnern pro Quadratkilometer zu. So wurde die biologische Vielfalt sogar in diesen dicht besiedelten Regionen gefördert. Dort wachsen z.B. inzwischen über 100 verschiedene Gefäßpflanzenarten pro Hektar.
Die Wiederbewaldung von El Salvador steht in scharfem Widerspruch zu den aggressiven globalen Wiederaufforstungsprogrammen, bei dem Manager schnell wachsende, kurzlebige Arten mit geringer Holzdichte bevorzugen. Diese Projekte sind allein darauf angelegt, Gewinne im CO2-Handel zu erzielen. Plantagen mit nur wenigen Baumarten haben zudem eine hohe Ausfallrate, insbesondere dann, wenn sie an den konkreten Standort ungenügend angepaßt sind.
So waren z.B. nur zwei von 98 untersuchten Plantagenprojekten in Brasilien erfolgreich. Auch die konventionellen Wiederaufforstungsprojekte in der in der Sahelzone gelegenen Republik Niger waren lange Zeit erfolglos, bis man sich schließlich besann, dem traditionellen Wissen der dort lebenden Bäuerinnen und Bauern Beachtung zu schenken. Die tatsächliche Wiederherstellung von Wäldern, egal ob auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene, erfordert viele Jahrzehnte an finanzieller Unterstützung, politischem Willen, Arbeit und persönlichem Engagement.
»Letzten Endes ist die Zukunft eines natürlichen Ökosystems nicht von seinem Schutz vor dem Menschen abhängig, sondern von seiner Beziehung zu den Menschen, die es bewohnen oder die Landschaft mit ihm teilen«, mahnt William R. Jordan III, der US-amerikanische Mitbegründer einer restaurativen Waldökologie.
Quellen: Reuters/jungewelt.de vom 19.06.2013
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