Dramatische Statistik: Krise treibt Amerikaner in den Selbstmord

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Die offiziellen Zahlen sind besorgniserregend – und die Dunkelziffer ist wahrscheinlich viel höher: In den USA nehmen sich immer mehr Menschen das Leben. Eine Altersgruppe ist besonders betroffen.

Seit drei Jahren ist es in Amerika – statistisch gesehen – sicherer geworden, Auto zu fahren. Denn 2010 war die Zahl jener, die bei Unfällen starben, zum ersten Mal kleiner als die Zahl derer, die sich in den Vereinigten Staaten das Leben nahmen: 33.687 Unfallopfer, aber 38.364 Selbstmörder.

Diese Diskrepanz ist leider nicht damit zu erklären, dass auf amerikanischen Straßen besser gefahren würde. Etwas anderes muss gemeldet werden, etwas Beunruhigendes: Die Zahl der Selbstmörder ist steil nach oben geschnellt. Vor allem Männer in ihren Fünfzigern scheiden freiwillig aus dem Leben – die Zahl der Selbstmörder hat sich hier von 1999 bis 2010 verdoppelt (30 von 100.000 Amerikanern mittleren Alters begehen heute Selbstmord).

Bei den Frauen wiederum sind besonders jene betroffen, die zwischen 60 und 64 Jahre alt sind; hier stieg die Quote um 60 Prozent (auf sieben Suizide pro 100.000). Die bevor-zugte Selbstmordwaffe ist immer noch das Gewehr oder die Pistole.

Selbstmord, wenn ein Abschiedsbrief vorliegt

Diese Zahlen – sie stammen von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) – sind nicht nur beunruhigend, sie sind vor allem überraschend, zumindest auf den ersten Blick. Denn Selbstmord begehen, so die bisherige Lehrmeinung, in der Regel sehr junge Leute oder sehr alte; jene, die sich in der Mitte des Lebens befinden, sind seltener betroffen.

Wie kann man also erklären, dass jetzt so viele Amerikaner just aus jener Alterskohorte des Lebens müde sind? Nein, sagen die CDC-Leute, und Julie Phillips, eine Soziologin von der Rutgers University, stimmt ihnen zu: Wenn überhaupt, dann seien die Zahlen zu niedrig, sie müssten nach oben korrigiert werden. „Selbstmord wird in vielen Fällen nicht gemeldet“, sagt Phillips. Gerichtsmediziner neigen dazu, einen Selbstmord nur dann anzuerkennen, wenn ein Abschiedsbrief vorliegt. Hinzu kommt: Manche Selbstmörder wählen eine diskrete Methode, damit hinterher die Lebensversicherung an die Witwe ausgezahlt wird.

Sandra Cohen, die in New York als Psychiaterin arbeitet, findet die Zahlen eigentlich nicht erstaunlich. „Ökonomische Krisenzeiten werden immer von steigenden Selbst-mordraten begleitet“, erklärt sie, und die Krise der amerikanischen Wirtschaft dauert jetzt schon seit 2008 an. Vor allem Männer jenseits der 50 hätten unter ihr zu leiden, denn obwohl Altersdiskriminierung in Amerika verboten ist, haben Unternehmen Methoden gefunden, ihr mittleres Management auf die Straße zu setzen.

Nicht depressiv, sondern verzweifelt

Diese Männer, so Cohen, litten gleich doppelt und dreifach: Sie fühlten sich gedemütigt und verraten, sie hätten keine Hoffnung, jemals wieder einen ordentlichen Job zu kriegen, und sie seien einsam, weil sie keinen Grund mehr sähen, morgens aufzustehen, sich zu rasieren und ins Büro zu gehen. Vielleicht würden solche Schicksalsschläge besonders hart in einer Gesellschaft empfunden, in der Menschen sich über ihre Arbeit definieren – die Frage „Und was machen Sie beruflich?“ wird in Amerika meistens gleich nach der Nennung des Namens gestellt.

Die Psychiaterin meint: „Es heißt, 90 Prozent aller Selbstmorde seien auf psychische Krankheiten zurückzuführen – ich weiß nicht, ob ich dem zustimme. Diese Männer über 50 sind nicht im klinischen Sinne depressiv. Sie sind verzweifelt.“

Eine wichtige Rolle spielt nach Cohens Meinung auch, dass die Selbstmörder allesamt der Generation der „baby boomers“ angehören. Das heißt, sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg und noch vor dem Jahr 1964 geboren (da trat der berühmte „Pillenknick“ ein). 76 Millionen Amerikaner haben in jenen Jahrzehnten das Licht der Welt erblickt. Es war die Generation, die nach Woodstock pilgerte, um Jimi Hendrix zu hören, die gegen den Vietnamkrieg demonstrierte, die Haschisch rauchte, mit LSD experimentierte und freie Liebe machte, ohne dass sie Angst vor Aids hätte haben müssen.

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„Diese Generation hatte eine sehr unrealistische Erwartung, was das Leben ihr bringen würde“, sagt Sandra Cohen. „Diese Leute glaubten, sie würden nie alt werden. So haben sie erst spät angefangen, sich finanziell etwas zurückzulegen – und stehen jetzt vielfach mit leeren Händen da.“

Selbstmordrate wird eher steigen

In Amerika, wo die Krankenversicherung an den Arbeitsplatz gekoppelt ist, stellt sich dieses Problem mit besonderer Schärfe. Außerdem müssen viele „baby boomer“ heute auch noch ihre erwachsenen Kinder mit durchfüttern. Denn der Arbeitsmarkt für junge Amerikaner, die jetzt ins Berufsleben einsteigen, sieht ebenfalls zappenduster aus.

Nach Auskunft anderer Fachleute spielt wohl auch eine Rolle, dass viele Amerikaner mittleren Alters sich um ihre greisen, gebrechlichen Eltern kümmern müssen – eine enorme Bürde, emotional wie finanziell. Außerdem kommt man mittlerweile recht problemlos an Schmerzmittel heran, die in hohen Dosen tödlich wirken. Sandra Cohen ist auf jeden Fall überzeugt, dass das Problem nicht verschwinden wird. Sie geht davon aus, dass die Selbstmordrate weiter steigt.

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Quellen: pa/RelaXimages/WeltOnline vom 08.05.2013

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