Berliner Bürger zum Länderfinanzausgleich: „Wo ist denn das Geld? Hier verrotten die Straßen!“

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Bayern und Hessen klagen gegen den Länderfinanzausgleich. Viele Bürger begrüßen das Vorhaben – vor allem jene aus den Geberländern. Aus Berlin kommen hingegen empörte Reaktionen: Die Bürger der Hauptstadt beklagen, dass sie nichts von dem Geld sehen.
Seit Dienstag ist es beschlossene Sache: Bayern und Hessen ziehen mit ihrem Protest gegen den Länderfinanzausgleich vor das Bundesverfassungsgericht. Die Klage soll innerhalb der kommenden vier Wochen eingereicht werden.

In den übrigen Bundesländern traf die Entscheidung auf ein durchwachsenes Echo: Nordrhein-Westfalens Landesregierung will zwar am jetzigen System festhalten, sieht aber Korrekturbedarf für die Zeit nach 2019. Dann läuft der Ausgleich in seiner jetzigen Ausgestaltung ohnehin aus. „In der nächsten Vertragsperiode müssen die Mittel nach dem tatsächlichen Bedarf vergeben werden, nicht nach der Himmelsrichtung“, sagte Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) den „Ruhr Nachrichten“ vom Mittwoch.

„Angriff auf den Föderalismus“

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bewertete die Klage im Sender Phoenix als „eher hinderlich“, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) bedauerte sie im Bayerischen Rundfunk ebenfalls. Der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas sieht in der Klage einen Angriff gar auf den Föderalismus insgesamt.

Die Berliner – und die Berlin-Fans – unter ihnen bezweifeln, dass die Menschen im Stadtstaat wirklich so stark von den Transferzahlungen profitieren, wie es die Kritiker – etwa in Bayern – glauben machen wollen.

Tine Cramer beispielsweise stellt fest: „Der Berliner Bürger erhält gar nix“. Der sitze „in einer Stadt mit der höchsten Arbeitslosigkeit Deutschlands und sieht zu, wie unsinnig viel Geld in Projekte gesteckt wird, die er nie wollte“. Ob der Pannenflughafen BER, das Stadtschloss oder andere Vorhaben: „Niemand will´s, niemand braucht´s, trotzdem wird´s gemacht.“ Cramer meint zu wissen, was die Berliner wirklich wollen: „durch Sicher-heitskräfte geschützte U-Bahnhöfe und U-Bahnzüge, weniger Obdachlose, weniger Gewalt in der jungen Generation als Resultat einer verfehlten Migrations- und Arbeitsmarkt-politik, einen funktionierenden Schneeschippdienst im Winter und renovierte Schulen“.

Wo fließt das Geld wirklich hin?

Michael McLord merkt ebenfalls nichts von dem Geld, das angeblich aus Bayern, Hessen und Baden-Württemberg nach Berlin fließt: „Hier verrotten die Straßen, die Spring-brunnen sind abgeschaltet, Bibliotheken und Schwimmbäder werden geschlossen, Schulen veralten, die Polizei trägt gebrauchte Uniformen aus Hamburg.“ Sein Plädoyer: „Hören Sie also endlich auf so zu tun, als wären die Berliner Bürger die Nutznießer und schauen Sie nach, wo das Geld wirklich hinfließt!“

Auch Ueno Lacome lässt, leicht ironisch, durchblicken, dass er von der vermeintlichen Großzügigkeit der anderen Bundesländer gar nichts hat: „Wo muss ich denn meine Kontonummer angeben, um an das Geld zu kommen?“, fragt er in die Runde – und schiebt hinterher: „Vielen Dank im Voraus an alle Südstaatler.“ Einen Teil davon überweise er „dann direkt an die EU-Beamten und Pleitestaaten der EU. Ich bin ja solidarisch.“

Für Griechenland zahlen – und für Berlin nicht?

Den Bezug zu Griechenland stellt auch Franz Ranz her: „Für Griechenland zahlen wollen – aber für andere deutsche Bundesländer nicht?“, schreibt er – und rät den Bayern: „Vielleicht sollte dann ein Zusammenschluss mit Griechenland überdacht werden!“

Dieter Schmeer wendet sich ebenfalls den Bayern zu – und weist darauf hin, dass auch der Freistaat vom Geld aus anderen Bundesländern profitiere. „Im Gegenzug finanzieren viele Berliner Geringverdiener mit ihrer EEG-Umlage die Photovoltaikanlage des Chef-arztes in Bayern“, schreibt er. Außerdem ließen „die Preußen zweistellige Millionen-beträge im schönen Bayern, wenn sie dort im Sommer Urlaub machen“.

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Sein Tipp: „Der Bund sollte die strittigen zwei Milliarden aufbringen, um zu verhindern, dass Diskussionen zwischen den Ländern und Statistikern uns um die Ohren gehauen werden, welches Bundesland in den letzten 60 Jahren der Superstar war.“

Kostenlose Kitas in Berlin – Gebühren in Bayern

Doch bei aller Kritik am Selbstbewusstsein der Kläger: Ein großer Teil der Kommenta-toren findet die Entscheidung der Bayern und Hessen richtig. Beispielsweise Frank Johanni: „Solidarität ist ja schön und gut und ist weiterhin sinnvoll, doch Länder wie Berlin machen nichts aus diesem Geld“, lautet seine Kritik. „Ich als Einwohner Bayerns darf Studiengebühren und für meine Kinder im Kindergarten bezahlen, damit unser Land bald schuldenfrei ist; und Herr Wowereit hat nichts Besseres zu tun, als am Flughafen zu versagen, kostenlose Kindergartenplätze anzubieten – und Studiengebühren gibt es in Berlin sowieso nicht.“

Karl Schneider pflichtet ihm bei: Es dürfe „nicht sein, dass die Zahlerländer wegen des Ausgleichs ihren Bürgern nicht mehr das bieten können, was andere nur des Ausgleichs wegen können. Dann wird‘s nämlich ungerecht und deshalb finde ich die Klage richtig“.

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Fließt das Geld nur in Sozialtransfers?

Otto Osmanow kritisiert, dass das Geld aus dem Ausgleichssystem in den Empfänger-ländern vor allem „zur Auffüllung der leeren Kassen für Bezugsempfänger von Sozial-transferleistungen“ diene – während für Investitionen das Geld fehle. Ihm schwant nichts Gutes, wenn das so weitergeht: „Mit einer Rezession der deutschen Wirtschaft und aus-bleibenden Steuereinnahmen sowie steigenden Arbeitslosenzahlen wird die Sache in Berlin, Bremen, Hamburg, NRW etc. noch spannender.“

Einen möglichen Ausweg aus dem Dilemma schlägt Horst Pfannenschmid vor – und schlägt sich damit auf die Seite des bayerischen Finanzministers Markus Söder: „Gelder dürften nur noch die Bundesländer bekommen, die auch selber daran arbeiten, endlich aus der Schuldenfalle zu kommen, wie es auch Bayern mal geschafft hat“, kommentiert er. Allen anderen Bundesländern, in denen die Regierungen weiter Geld verschleuderten, um (wieder-)gewählt zu werden, sollte der Finanzausgleich nach seiner Auffassung „gestrichen werden“.

Quellen: dpa/FocusOnline vom 07.02.2013

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