Globale Betrüger der billigen Rohstoffe

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Die Zahlen klingen schockierend: Umgerechnet 6,7 Milliarden Euro hat der sambische Fiskus in den vergangenen zehn Jahren durch Korruption, Steuerhinterziehung und Unterschlagungen bei Exporten verloren. Das legte die US-amerikanische Organisation Global Financial Integrity in ihrem jüngsten Bericht zu weltweiten illegalen Finanz-strömen dar.

(Foto: Kupfermine in Lumwana/Sambia: Konzerne rechnen sich zu Lasten des Staates arm)

Die Täter sind international agierende Bergbaukonzerne, die Folgen für das 14-Millionen-Einwohner-Land im südlichen Afrika katastrophal. Dabei ist Sambia, Afrikas größter Kupfer-Förderer, nur ein Beispiel einer globalen Masche der Ausblutung von Entwicklungsländern zugunsten westlicher Unternehmen.

Der Report mache deutlich, »was wir mit Blick auf Steuerhinterziehung und Ein-kommenslecks immer gesagt haben«, zitiert der britische Guardian Sambias Vizefinanzminister Miles Sampa. Nur ein oder zwei Bergbaubetriebe erzielen dem Minister zufolge jährlich Gewinne, »die anderen Minen – aus dem ein oder anderen Grund, manche echt, manche nicht – machen immer Verluste«. Auf dem Papier zumindest.

Die 6,7 Milliarden Euro, die Sambia so in der vergangenen Dekade verloren hat, entsprechen fast der Hälfte der jährlichen Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) des noch immer stark von seinen reichen Kupfervorkommen abhängigen Landes. »Wie viele Krankenhäuser könnten wir davon bauen, wie viele Straßen könnten davon entstehen«, fragt Sampa rhetorisch.

Trickserei bei Steuern

»Sie rauben den Ländern die Möglichkeiten voranzukommen«, stellt der Ökonom Dev Kar fest, einer der beiden Autoren des Berichts. Sambia, das jährlich umgerechnet 3,3 Milliarden Euro an Steuern einnimmt, könne »es sich nicht leisten«, derartig ausgeblutet zu werden, fügt die zweite Autorin, Sarah Freitas, hinzu. Vizeminister Sampa schätzt, daß seinem Land inzwischen jährlich 1,5 Milliarden Euro durch Steuerschlupflöcher verloren gehen.

Doch seiner Regierung fehlt es an Mitteln und Macht, die Plünderungen zu verhindern, denn die beliebteste Masche der Bergbaugiganten – falsche Preisangaben im Handel – ist schwer aufzudecken. Mit künstlich niedrigen Rechnungen schaffen sie Rohstoffe – hauptsächlich Kupfer – zu scheinbaren Dumpingpreisen außer Landes. Die tatsächliche, deutlich höhere Bezahlung landet dann auf Konten in Finanz­oasen – und damit außer Reichweite der Steuerbehörden.

Umgerechnet 3,8 Milliarden Euro – und damit mehr als die Gesamtsteuereinnahmen eines Jahres – hat Sambia in den vergangenen zehn Jahren nach den vorsichtigen Berechnungen von Global Financial Integrity allein auf diesem Weg verloren. Es könnte noch weitaus mehr sein.

»Massive Differenzen«

Die Organisation hat bei ihren Erhebungen Land für Land die Exportzahlen eines Staates mit den weltweiten Importzahlen zu Produkten aus der jeweiligen Volkswirtschaft verglichen – und dabei nicht nur am sambischen Beispiel massive Differenzen festgestellt. »Die zusammengefaßten Schätzungen von 2010 deuten darauf hin, daß die leicht wachsende globale Wirtschaft steigende nicht aufgezeichnete Kapitalflüsse erzeugt hat«, heißt es im Report.

Die Methode der betrügerischen Preisausweisungen steige in der Bedeutung beim Verschieben illegaler Geldmittel über Grenzen derzeit. »Welche gestärkten Finanz-regulierungen auch immer im Einsatz oder in der Planung sein mögen, sie haben noch keinen sichtbaren Effekt auf den fortwährenden Kapitalabfluß aus ärmeren Ländern, durch das globale Schattenfinanzsystem, letztendlich in die reicheren westlichen Volkswirtschaften«, so das Fazit von Freitas und Kar.

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Insgesamt 661 Milliarden Euro haben Entwicklungsländer allein im Jahr 2010 durch den Steuerbetrug global agierender Konzerne verloren, mehr als das zweieinhalbfache der Summe von 2001. Während die größeren Volkswirtschaften Asiens – allen voran China – in absoluten Zahlen die Hauptbürde trugen, verzeichnet das subsaharische Afrika mit 23,8 Prozent jährlich die zweithöchste durchschnittliche Zunahme bei verlorenen Steuergeldern innerhalb der abgelaufenen Dekade.

Noch höher war die Rate mit 26,3 Prozent nur in der für die Studie zusammengefaßten Region Mittler Osten und Nordafrika, wo hohe Ölpreise auch zu hohen Steuerhinter-ziehungen führten.

Die Zahlen haben spürbare Folgen. Sambia kämpft beispielsweise mit einer unzu-reichenden Wasser- und Stromversorgung – Probleme, die in den vergangenen Wochen auch zu den Konzernen zurückkamen. Mitte Dezember blockierten aufgebrachte Demonstranten, viele von ihnen verzweifelte Frauen, nahe der Ortschaft Wusakile im Kupfergürtel die Zufahrtstraße zur Mopani Kupfermine, weil sie seit sieben Jahren ohne adäquaten Wasserzugang sind.

Bisher versorgten sich die Dorfbewohner aus einem Leck der Leitung zum Bergwerk, doch das ist inzwischen geschlossen und eine funktionierende Wasserleitung für die Gemeinschaft nicht in Sicht. Letztendlich vertrieb die Polizei die Demonstranten gewaltsam.

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Labile Infrastruktur

Ein weiteres Beispiel für die prekäre Lage der sambischen Infrastruktur lieferte die Regierung schließlich am vergangen Freitag selbst, indem sie die Bergbauindustrie aufforderte, ihren Stromverbrauch zurückzufahren. Sambia hat durch den energie-intensiven Kupferbergbau eine chronische Energieunterdeckung und in den nächtlichen Hauptabnahmezeiten mit anhaltenden Netzüberlastungen zu kämpfen. Doch das Land versucht zumindest, sich auf stabilere Beine zu stellen.

Zur Schaffung weiterer Arbeitsplätze, zur Stärkung der eigenen Wirtschaftskraft und als Gegenmaßnahme zur Steuerausblutung will die Regierung nun einen Kupferpark mit weiterverarbeitender Industrie im Land selbst aufbauen. Das von Wirtschaftsminister Robert Sichinga im Dezember angekündigte Projekt steckt allerdings noch in der Planungsphase.

Quellen: Reuters/jungewelt.de vom 08.01.2013

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