Weltweit größte Vernichtung in Südgeorgien geplant: Giftregen aus Hubschraubern gegen die Rattenplage

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Südgeorgien kämpft mit einer Rattenplage, nun plant die Insel im Südatlantik die bislang größte Rattenvernichtung weltweit: Mit Gift aus Hubschraubern, sonst drohe die Situation noch weiter außer Kontrolle zu geraten.

Die neuen Bewohner kamen Ende des 18. Jahrhunderts nach Südgeorgien. Erst waren es nur einige wenige Ratten, die es von Walfangschiffen aus auf die lang gestreckte Insel im Südatlantik schafften. Etwa 1800 Kilometer von der Küste Südamerikas entfernt, ist sie für Menschen sehr unwirtlich. Die Ratten aber trafen auf Millionen Seevögel als lebender Nahrungsvorrat – und vermehrten sich rasant.

Wie viele Nager heute auf Südgeorgien leben, weiß niemand genau, es werden wohl Millionen sein. Zu viele jedenfalls, um sie noch ungestört zu lassen, befand vor einigen Jahren der South Georgia Heritage Trust (SGHT). Er will die Insel von den Nagern befreien. Damit steht die weltweit größte Rattenvernichtung vor dem Beginn der zweiten, entscheidenden Phase.

Von Februar oder März kommenden Jahres an wird es aus Hubschraubern Gift auf Teile der Insel regnen: zwei bis sechseinhalb Kilogramm Brodifacoum pro Hektar, versteckt in Getreideködern. Das Toxin tötet, indem es die Blutgerinnung hemmt und seine Opfer verbluten lässt. Zusätzlich macht es die Ratten lichtscheu, weshalb sie sich zum Sterben in Höhlen zurückziehen. Das erschwert es ihren noch lebenden Artgenossen, einen Zusammenhang zwischen Köder und Tod herzustellen und das Gift ihrerseits zu meiden.

Die Vernichtungsaktion wird Kollateralschäden mit sich bringen, das bezweifelt niemand. Einige Köder werden wohl im Wasser landen, schrieb auch der SGHT in einem Bericht 2010. Aasfressende Vögel wie die Südgeorgien-Spießente können sich an den Rattenkadavern vergiften. Dabei soll ausgerechnet die Spießente besonders stark profitieren, wenn die Insel einst rattenfrei ist, denn Südgeorgien ist ihr einziger Lebensraum. Das gilt auch für den einzigen Singvogel der Insel, den Südgeorgien-Pieper.

Neben diesen beiden Arten leben zumindest zeitweise Millionen weiterer Vögel auf der Insel, darunter Albatrosse und mehrere Pinguinarten, außerdem Seeelefanten und -löwen. Vor allem die Vögel leiden unter den Ratten, die sich zum großen Teil von Küken und Eiern ernähren.

Ein mögliches neues ökologisches Problem 

„Aus Naturschutz-fachlicher Sicht finde ich es in Ordnung, für eine solche Aktion Geld auszugeben,“ sagt Stefan Ziegler, Artenschutzreferent beim WWF. „Die Frage ist, ob sie Erfolg hat. Es muss nur eine einzige trächtige Ratte überleben, damit man in ein paar Jahren wieder genau die gleiche Situation hat.“ Das weiß auch das Team um Tony Martin von der University of Dundee, der das Projekt leitet. Als erfolgreich werten die Forscher ihre Aktion deshalb erst, wenn sie die Insel zwei Jahre lang frei von jedem Anzeichen einer Rattenexistenz halten können.

Hoffnungsvoll sind Martin und sein Team, dass dies zumindest im kleineren Maßstab auf Südgeorgien bereits funktioniert hat. Vergangenes Jahr warfen sie Gift über 130 Quadratkilometern ab, und bisher sei auf diesem Gebiet nichts von Ratten zu bemerken. Optimistisch dürfte die Mitarbeiter des South Georgia Heritage Trust auch die Statistik der Weltnaturschutzunion IUCN stimmen. Deren Datenbank listet insgesamt 1182 erfolgreiche Vernichtungsprogramme auf 762 Inseln auf, die sich gegen Nager, aber auch Kühe, Schafe, Esel, Spatzen, Hirsche, Igel und viele andere Tiere richteten.

Besonders viel Erfahrung mit der Eliminierung von Ratten haben australische und neuseeländische Inseln. So galt die Vernichtungsaktion auf der neuseeländischen Insel Campbell bislang als die größte ihrer Art. Schätzungsweise 200.000 der Nager lebten auf dem 112 Quadratkilometer großen Eiland – bis dieses nach einem zweijährigen Projekt im Jahr 2003 für rattenfrei erklärt wurde.

In Südgeorgien allerdings könnten zwei andere Tierarten den Erfolg der Aktion gefährden. Zum einen Mäuse, die ebenfalls auf Teilen der Insel leben – bisher jedoch offenbar nur dort, wo es keine Ratten gibt. Sollten beide Nager aber doch irgendwo auf der Insel gemeinsam vorkommen, könnte dort der Tod der Ratten den Aufstieg der Mäuse bedeuten – und den Beginn eines neuen ökologischen Problems.

Zum anderen rechnen die SGHT-Mitarbeiter damit, dass ihre Giftköder auch den mehr als 2000 Rentieren schmecken werden, die seit gut 100 Jahren auf Südgeorgien leben. Ihre Vorfahren wurden einst als lebender Fleischvorrat für Walfänger auf die Insel gebracht. Zwar lieben Touristen den Anblick der Tiere, die sich ihren Weg durch Vogelkolonien bahnen. Das nützt den Rentieren nun aber nichts mehr: Um die Ratten vernichten zu können, sollen auch die Rentiere eingefangen und getötet werden.

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Nichts gegen die Nager zu unternehmen, sei daher keine Alternative, schreibt der SGHT. Dann nämlich drohe die Situation noch weiter außer Kontrolle zu geraten: wenn sich die Ratten auf der gesamten, fast 3800 Quadratkilometer großen Insel ausbreiten. Bislang halten sich die Nager vor allem an der Nordost-Küste auf. Gletscher teilen die Insel in mehrere Gebiete auf, die die Ratten bislang kaum wechseln können. So bleiben den Vögel einige Rückzugsorte.

Noch – denn die Gletscher schrumpfen beständig und ermöglichen den Nagern vielleicht bald schon zusätzliche Passagen. Dabei hält es der SGHT schon jetzt für unmöglich, die Ratten-Population lediglich zu kontrollieren statt sie vollständig zu vernichten.

Quellen: de.sott.net/sueddeutsche.de vom 09.12.2012

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