Darmflora: Essen im Altenheim fördert Entzündungskrankheiten

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Die Gesundheit älterer Menschen kann sich verbessern, wenn sie ihre Ernährung umstellen und damit ihre Darmflora verändern. In Altenheimen bekommen sie fett- und zuckerreiche Mahlzeiten vorgesetzt.

Ältere Menschen, die sich abwechslungsreich ernähren, fördern die Vielfalt der Bakterien in ihrem Darm. Das macht sie womöglich weniger gebrechlich und anfällig für Übergewicht und Entzündungskrankheiten als Gleichaltrige, die sich einseitig ernähren und deshalb über eine weniger vielfältige Darmflora verfügen.

Diesen Zusammenhang sehen zumindest irische Mikrobiologen und Ärzte nach einer Studie mit 178 Menschen im Durchschnittalter von 78 Jahren. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass wir die Gesundheit älterer Menschen verbessern können, wenn wir ihre Ernährung umstellen und damit ihre Darmflora verändern“, sagte Dr. Paul O’Toole vom University College Cork, der das Ergebnis mit seinen Kollegen auf der Europäischen Wissenschaftskonferenz in Dublin vorstellte.

Für ihre Studie, die im Fachjournal „Nature“ erscheint, hatten die Forscher Menschen im Alter 64 bis 102 Jahren nach deren Ernährungsgewohnheiten befragt. Zudem hatten sie den Stuhl der Teilnehmer analysiert, um die vorhandenen Darmbakterien zu erfassen.

Zuhause mehr Brot, Obst und Gemüse

Weil viele solcher Bakterien sich nicht kultivieren lassen, entzifferten die Forscher das Erbgut der Bakterien. So kamen sie bei ihren Proben auf bis zu 5000 verschiedene Bakterientypen. Außerdem erfassten sie Werte im Stuhl und im Blut, die auf Entzündungen hinweisen. Ein Teil der Befragten war in Altenheimen, Reha-Kliniken und Krankenhäusern untergebracht, der andere Teil lebte zu Hause.

Als Erstes stellte sich heraus, dass die langfristig etwa in Altenheimen untergebrachten Menschen eine eher fett- und zuckerreiche Ernährung mit relativ viel Fleisch zu sich nahmen, während die zu Hause lebende Gruppe mehr Brot, Obst und Gemüse aß, also mehr Ballaststoffe verzehrte.

Ballaststoffe sind Kohlenhydrate, die hauptsächlich in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen. Der Mensch kann Ballaststoffe nicht verdauen, dennoch schreiben Forscher ihnen eine wichtige Rolle zu, weil die Stoffe wahrscheinlich zu einer geregelten Verdauung beitragen. Hinzu kommt: Speisen mit vielen Ballaststoffen enthalten bei gleichem Volumen weniger Energie als ballaststoffarme Speisen; deshalb helfen sie, das Gewicht zu halten.

Unerwarteter Befund

Dass die Ernährung in einigen Altenheimen und Krankenhäusern nicht immer optimal ist, damit war wohl zu rechnen. Nicht erwartet hatten die Forscher allerdings den zweiten Befund: dass sich die unterschiedliche Ernährung offenbar stark auf die Zusammen-setzung der Darmflora auswirkt und damit auf die Gesundheit.

Bei den langfristig untergebrachten Teilnehmern mit einseitiger Ernährung habe sich im Stuhl eine erheblich geringere Vielfalt an Darmbakterien gezeigt als bei den Teilnehmern mit abwechslungsreicher Ernährung, sagte Paul O’Toole. Zudem seien bei der ersten Gruppe verschiedene Entzündungswerte erhöht gewesen.

Die Forscher hatten zum Vergleich 13 Menschen im Durchschnittsalter von 36 Jahren untersucht. Dabei zeigte sich ein geringerer Einfluss der Ernährung auf die Zu-sammensetzung der Darmflora. „Die Darmbakterien variieren bei älteren Menschen insgesamt stärker als bei jüngeren, abhängig davon, was sie essen“, sagte O’Toole.

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Viele Bakterien teilen sich viele Aufgaben

„Eine vielfältige Darmflora zu haben bedeutet, dass es viele verschiedene Bakterienarten gibt, die wahrscheinlich entsprechend viele Funktionen übernehmen“, erläuterte Dr. Ian Jeffery. Die Nahrung werde effizienter in ihre Einzelteile aufgespalten, dem Körper werde eine größere Zahl verschiedener Nährstoffe zugeführt, als dies mit einer weniger vielfältigen Darmflora möglich sei.

Ältere Menschen seien unter anderem gebrechlich, weil ihre Muskeln schwänden und die Muskelspannung abnehme, sagte der Mediziner Professor Fergus Shanahan. Insofern sei eine vielfältige Darmflora enorm wichtig, um Eiweiß und Kalzium aus der Nahrung für den Körper verfügbar zu machen.

Bakterien lassen sich nicht live beobachten

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Die Forscher geben allerdings zu, dass ihre Schlussfolgerungen nur auf Indizien beruhen. Sie hätten zehn bis 15 große Bakteriengruppen ausgemacht, deren Präsenz sich bei den beiden Studiengruppen stark unterscheide.

Welche Aufgaben bestimmte Bakterien übernehmen und welche Arten besonders wichtig für die Gesundheit sind, wüssten sie nicht, sagte Paul O’Toole. „Davon sind wir etliche Jahre entfernt.“

Noch ist offen, ob sich den Mikroorganismen überhaupt eindeutig Funktionen zuweisen lassen, denn ein großes Hindernis stellt sich Mikrobiologen und Ärzte nach wie vor: Sie können die Milliarden Bakterien im Darm nicht live beobachten. Deshalb sind sie bis auf Weiteres auf indirekte Methoden wie Analysen des Stuhls angewiesen, um mehr über die Winzlinge zu erfahren.

Quellen: dpa/WeltOnline vom 06.12.2012

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