Forscher haben erstmals herausgefunden, was die unterirdisch lebenden Blindmäuse immun gegen Krebs macht: Die Erkenntnisse liefern wichtige Anregungen für neue Krebstherapien beim Menschen.
Blindmäuse gehören zu den wenigen Tieren auf der Erde, die niemals an Krebs erkranken. Ein internationales Forscherteam hat jetzt herausgefunden, was diese unterirdisch lebenden Nagetiere immun macht.
Wurden Blindmaus-Zellen durch Chemikalien künstlich zum anomalen Wachstum angetrieben, zogen sie ab einem bestimmten Punkt die Notbremse: Sie setzten Interferon frei, einen Signalstoff des Immunsystems. Dieser löste einen kollektiven Zelltod aus.
Dieser einzigartige Mechanismus habe in kürzester Zeit ganze Zellkulturen ausgelöscht und keine Überlebenden hinterlassen, berichten die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Entartete Zellen werden frühzeitig vollständig beseitigt
Im lebenden Tier sorge dieser kollektive Zelltod dafür, dass entartete Zellen schon frühzeitig vollständig beseitigt würden und verhindere, dass Krebs entstehe.
Die etwa rattengroßen Blindmäuse (Spalax) sind vollkommen an ihre Lebensweise in unterirdischen Gängen und Bauten angepasst: Sie sind blind, haben große, an das Graben angepasste Schneidezähne und überleben selbst in extrem schlechter, sauerstoffarmer Luft.
Blindmäuse seien zudem sehr langlebig, schreiben Vera Gorbunova von der University of Rochester und ihre Kollegen. Während die nah verwandten Mäuse und Ratten nur rund vier Jahre alt werden, können Blindmäuse bis zu 21 Jahre lang leben.
Tiere sind erstaunlich Resistent
Am auffallendsten sei aber die erstaunliche Resistenz der Blindmäuse gegenüber Krebs: „Unter Tausenden von bei uns im Labor gehaltenen Blindmäusen gab es im Laufe von 40 Jahren nicht einen einzigen Fall eines Tumors“, schreiben die Forscher. Bei den nahe verwandten Mäusen stürben dagegen bis zu 90 Prozent an Krebs.
Was den Blindmäusen ihre ungewöhnlich Immunität verleihe, habe man jetzt erstmals herausgefunden. „Die Kenntnis solcher natürlichen Anti-Krebs-Mechanismen könnte dazu beitragen, neue Therapien auch für Krebserkrankungen des Menschen zu entwickeln“, schreiben Gorbunova und ihre Kollegen.
Kollektiver Zelltod ohne Überlebende
Für ihre Studie entnahmen die Forscher mehreren Blindmäusen Bindegewebszellen aus Lunge und Haut. Diese sogenannten Fibroblasten züchteten sie auf Nährmedien weiter, die wachstumsfördernde Stoffe enthielten.
Wie die Wissenschaftler berichten, vermehrten sich die Blindmaus-Zellen sieben bis 20 Tage lang schnell, dann stoppte ihr Wachstum und sie begannen abzusterben. Vier Tage später seien alle Fibroblasten in den Kulturen tot gewesen.
Zelltod-Phänomen niemals zuvor beobachtet
„Wir kultivieren seit Jahren Bindegewebszellen von 20 verschiedenen Nagetierarten, aber einen solchen synchronen Tod von Zellkulturen haben wir noch niemals zuvor beobachtet“, schreiben Gorbunova und ihre Kollegen.
Nähere Untersuchungen enthüllten, dass die Zellen kurz vor ihrem Absterben Interferon freisetzten, einen Signalstoff des Immunsystems. Gaben die Forscher das Interferon in junge, noch wachsende Kulturen der Blindmaus-Fibroblasten, starben auch diese innerhalb kürzester Zeit ab.
Verantwortlich für diese Reaktion sei ein verändertes Gen in einem Schaltkreis, der bei Säugetieren die sogenannte Apoptose regelt, den programmierten Zelltod, erklären die Forscher. Bei den Blindmäusen sorge es dafür, dass Zellen und Zellverbände, die zu stark und ungehemmt wachsen, beseitigt würden.
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