Für das menschliche Ohr sind die Laute nicht wahrnehmbar, doch die Erde „spricht“ zu uns: In 60 Stimmlagen grummelt ihr Inneres. Nun ist es Forschern gelungen, den Planeten quasi zum Reden zu bringen – und dem Untergrund Geheimnisse zu entlocken.
Fast scheint es, die Erde wolle mit uns reden. In 60 Stimmlagen grummelt sie unentwegt vor sich hin – unhörbar allerdings, elf Oktaven zu tief, um vom Menschen wahrgenommen zu werden.
Wissenschaftler jedoch lauschen dem Planeten: Im Stollen eines aufgegebenen Erz-bergwerks nahe Schiltach im Schwarzwald etwa haben sie tief unter der Erde, wo kein Lüftchen die Messungen stört, hochempfindliche Sensoren installiert, die das stete Brummen aufnehmen. Nun haben Forscher auch in Finnland die Klänge des Planeten registriert – erstmals verraten sie Geheimnisse aus großer Tiefe.
Manche Melodie des Planeten konnten Wissenschaftler entschlüsseln. Die Ozeane lassen die Erde brummen: Breite Windfronten bringen das Wasser in Wallung. Wie bei einem Tsunami, nur viel schwächer, schwingt das Meer bis hinunter in die Tiefsee – es massiert den Grund. Der Boden gerät in Wallung wie eine extrem dicke Basssaite.
Winterstürme verstärken das Brummen. Einer wabernden Seifenblase gleich beult sich die Erde alle paar Minuten um wenige Tausendstel Millimeter aus, dann zieht sie sich wieder zusammen. Wie schwach die Bewegung ist, verdeutlicht die Energieleistung: Obwohl sich der ganze Planet bewegt, erzeugt er nur 500 Watt, das entspricht der Leistung von fünf Glühbirnen. Die Klangwellen schwingen äußerst langsam mit einer Frequenz von drei bis sieben Millihertz.
Reflektiert im Untergrund
Nun ist es Wissenschaftlern gelungen, die Klänge der Erde nicht nur aufzuzeichnen, sondern dem Brummeln zudem Geheimnisse zu entlocken. Erstmals konnten sie die Wellen nutzen, um tief im Bauch der Erde verborgene Gesteine nachzuweisen. Die Schwingungen erleuchten quasi das Innere: Sie durchlaufen den Planeten, wobei manche an Schichtgrenzen abprallen wie an einer Wand.
Bislang waren Geoforscher auf die sporadischen Wellen starker Erdbeben angewiesen, um den Aufbau des Erdinneren zu erforschen. Nun jedoch wiesen Piero Poli von der Université de Grenoble und sein Team mit Hilfe des steten Erdbrummens, das in Fachkreisen Rauschen genannt wird, zwei markante Schichten in großer Tiefe nach.
In 410 Kilometer Tiefe endet das leichtere Gestein des Oberen Erdmantels. Darunter beginnt eine Übergangszone, in der Minerale so stark zusammengedrückt werden, dass sie dichtere Formen annehmen. In 660 Kilometer Tiefe folgt dann der schwere untere Erdmantel. Beide Schichtgrenzen seien mit Hilfe der Brummwellen der Erde nach-weisbar, berichten Piero Poli und seine Kollegen nun im Wissenschaftsmagazin „Science“. Mysterien der Tiefe werden gleichsam sichtbar.
Unverständliches Gebrabbel
Andere Experten sind beeindruckt: „Die Kollegen waren die Ersten, die so mutig waren, nach diesen winzigen Signalen zu suchen“, sagt Rudolf Widmer-Schnidrig von der Universität Stuttgart. „Die Arbeit ist innovativ und richtungweisend“, ergänzt Christoph Sens-Schönfelder vom Geoforschungszentrum Potsdam. Die steten seismischen Geräusche der Erde würden nun zu einem „Schlüssel“, um Strukturen in der Tiefe zu erkennen, meint German Prieto von der Universidad de los Andes in Bogotá in Kolumbien.
Um dem Brummeln des Planeten seine Aussage zu entlocken, mussten Piero Poli und seine Kollegen alle anderen Schwingungen des Bodens herausrechnen – eine verzwickte Sache: Die Erdoberfläche bewegt sich kontinuierlich, meist mit ähnlich schwacher Frequenz wie das Erdinnere. Mit Daten aus Sensoren im abgelegenen Norden Finnlands gelang es den Forschern aber nun, störende Wellen gleichsam auf Null zu setzen: Sie eliminierten alle Muster in ihren Daten, die an Oberflächenwellen erinnerten. Übrig blieb das Brummen aus dem Bauch der Erde.
Die Klänge des Planeten könnten womöglich gar Erdbeben ankündigen, spekuliert David Schaff von der Columbia University in den USA im Fachblatt „Bulletin of the Seismological Society of America“. Eine extrem schwache Veränderung des Brummens könnte seinen Rechnungen zufolge auf gefährliche tektonische Spannungen deuten.
Eisensuppe im Erdkern
Doch lange nicht alles Gebrabbel der Erde wurde entziffert. Rudolf Widmer-Schnidrig und seine Kollegen haben im Schwarzwald Geräusche aufgezeichnet, die nicht von den Wallungen der Ozeane stammen können. Die Erde schwingt demnach nicht nur auf und ab, sondern auch auf komplexe Weise hin und her – wie ein Ball, dessen obere Hälfte zunächst nach links und dessen untere nach rechts verdreht wird, um dann in jeweils umgekehrter Richtung zurückzupendeln.
Diese Schwingungen können nicht durch eine Massage der Erdkruste von oben nach unten entstehen. Sie werden von Kräften erzeugt, die waagerecht auf den Boden treffen – der Boden wird gedehnt. Welche Kräfte sind am Werk?
Spekulationen gibt es viele: Stürme geladener Teilchen von der Sonne kämen in Frage, meinten manche Forscher. Andere glaubten an Turbulenzen in der wässrigen Eisensuppe des Erdkerns als Auslöser. Auch das Drücken des Windes gegen Gebirgsketten wurde diskutiert.
Vermutlich jedoch seien die Schwingungen der Erde zu stark, um auf diese Weisen erklärt werden zu können, meint Widmer-Schnidrig. Das Geheimnis ihrer vielstimmigen Melodie behält die Erde also für sich.
Quellen: PRAVDA-TV/AFP/NASA/SpiegelOnline vom 23.11.2012
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Es ist weniger die Frage, ob sich unter Planet mitteilt, als vielmehr, ob wir bereit sind ihm zu zuhören.