Kein Zentralgestirn, kein Sonnensystem: In erstaunlicher Nähe zur Erde haben Astronomen einen Geisterplaneten entdeckt, der allein durchs All saust. Er wurde offenbar von einer Sternengruppe in die Dunkelheit geschossen.
Die Erde kreist um die Sonne, wie alle Planeten des Sonnensystems. Der regelmäßige Umlauf bringt den immer gleichen Wechsel der Jahreszeiten. Manche Planeten jedoch scheinen ungebunden von Zentralgestirnen, sie sausen quer durch die Galaxie. Astronomen haben nun den bislang erdnächsten Geisterplaneten entdeckt.
Ungefähr hundert Lichtjahre entfernt von der Erde rase ein solcher Planet von riesen-hafter Größe durch die Dunkelheit des Alls, berichten Forscher der Europäischen Südsternwarte (Eso) in Garching. Die erstaunliche astronomische Nähe habe es erlaubt, den kosmischen Geisterfahrer ungewöhnlich genau zu untersuchen.
Den Planeten mit dem wenig poetischen Namen CFBDSIR2149 haben die Astronomen mit Teleskopen auf Bergen in Hawaii und Chile entdeckt. Er bestärke „das Bild ver-waister Welten, die durch die Leere des Alls driften“, sagt Philippe Delorme vom Institut de Planetologie et d’Astrophysique in Grenoble (Frankreich), ein Autor der Studie, die im Fachblatt „Astronomy & Astrophysics“ erschienen ist.
Rätselhafter Sonnenhaufen
Der Wanderplanet befinde sich in der Nähe einer rätselhaften Ansammlung von 30 Sternen, dem sogenannten AB-Doradus-Bewegungshaufen. Die 30 Sterne driften gemeinsam durchs All. Sie entstanden wahrscheinlich bei Sternenexplosionen in jüngster astronomischer Vergangenheit vor 50 bis 120 Millionen Jahren, meinen Experten.
Vermutlich stamme auch der Geisterplanet aus dieser Gruppe. Gewaltige Fliehkräfte hätten ihn offenbar aus der Sternengruppe hinausgeschossen. Der Planet erscheint allerdings für Menschen wenig heimelig: Er sei vermutlich rund 60-mal so groß wie die Erde, berichten die Astronomen. An seiner Oberfläche herrschten mehr als 430 Grad Celsius.
Das geringe Alter des Planeten zeige, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Geisterplaneten handele – und nicht um einen sogenannten Braunen Zwerg. Diese dunklen Sterne sind zu klein, um eine Kernfusion zu entfachen – ihren finalen Zustand der Dunkelheit erreichen sie aber erst nach langer Zeit.
Die Entdeckung des Himmelskörpers könne als Kostprobe gelten, meinen die Eso-Forscher: Leistungsstärkere Teleskope würden künftig vermutlich zeigen, dass der Kosmos voll sei von umherirrenden Geisterplaneten.
Quellen: ESO/SpiegelOnline vom 14.11.2012
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