Im Golfstaat Kuwait brodelt es. Die Opposition, die die letzten Wahlen gewonnen hat, will nicht zulassen, dass der Emir einmal gewährte Rechte zurücknimmt. Zehntausende gingen deshalb am Sonntag auf die Straße, um die Rücknahme einer Wahlgesetzänderung zu verlangen, die der Emir verfügt und sich dabei sogar über einen Gerichtsentscheid hinweggesetzt hatte.
(Foto: Kuwaits Opposition will sich mit Systemkosmetik nicht mehr zufriedengeben. Ein „volles demokratisches System“ forderten zehntausende Demonstranten Sonntagnacht in Kuwait-Stadt)
Es war eine der größten Kundgebungen, die das Land jemals gesehen hat. Ungewöhnlich brutal war das Vorgehen der Sicherheitskräfte. Mehr als hundert Teilnehmer der nichtbewilligten Demonstration wurden verletzt, mehrere Abgeordnete des aufgelösten Parlaments festgenommen. Sie werden beschuldigt, den Emir zu kritisieren, was in Kuwait unter Strafe steht.
Der Emir hatte verfügt, dass in Zukunft Bürger und Bürgerinnen in ihrem Wahlkreis nur noch einem Kandidaten anstatt wie bisher vier Kandidaten ihre Stimme geben können. Die Opposition befürchtet, dass das Herrscherhaus der Sabah sich mit diesem System ein ihm genehmes Parlament zusammenstellen kann.
Über viele Jahre hatten politische Aktivisten für ein Wahlsystem gekämpft, das Manipulation möglichst ausschließt und dafür auch den Segen der Justiz erhalten. Die Opposition will weiterkämpfen und, wenn sie keinen Erfolg hat, die für 1. Dezember angesetzten Parlamentswahlen boykottieren.
Verglichen mit den Nachbarstaaten am Golf hat das Parlament in Kuwait relativ umfangreiche Kontrollrechte. Parteien sind zwar verboten, aber es gibt verschiedene politische Gruppierungen. Die Abgeordneten können etwa Minister anhören, was regelmäßig in hitzigen Debatten geschieht. Im vergangenen Jahr wurde auch ein riesiger Korruptionsskandal aufgedeckt, in den Minister und Abgeordnete verstrickt waren.
Absolute Macht
Bisher ist aber immer ein Mitglied der Sabahs Regierungschef, und die Familie weigert sich, einen anderen Premier zu benennen. Sie ist auch nicht bereit, ihre absolute Herrschaft aufzugeben und eine konstitutionelle Monarchie einzuführen, wie das ein Teil der Opposition verlangt.
Wenn es dem Emir zu „bunt“ wird, löst er das Parlament jeweils auf – zum letzten Mal im Juni die erst im Februar gewählte Kammer – und schreibt Neuwahlen aus. Seit 2006 löst deshalb im reichen Ölstaat eine politische Krise die andere ab.
Das Herrscherhaus hat nach dem Ausbruch des Arabischen Frühlings im vergangenen Jahr gezielt versucht, seinen Reichtum einzusetzen, um den generösen Wohlfahrtsstaat weiter auszubauen und ökonomische Unzufriedenheit erst gar nicht aufkommen zu lassen. Den Ruf nach mehr politischer Mitsprache, der schon länger zu hören ist, konnte es damit aber nicht zum Verstummen bringen.
Quellen: Reuters/derStandard.at vom 22.10.2012