Als Wissenschaftler vor etwa zwei Jahren elektrische Ströme am Meeresboden entdeckten, konnte sich niemand dieses ungewöhnliche Phänomen erklären. Des Rätsels Lösung fand jetzt ein internationales Forscherteam an der dänischen Universität Aarhus. Sie entdeckten bisher unbekannte Bakterien, die als lebende Stromkabel fungieren.
Im angesehenen Fachmagazin berichten die Forscher von ihrer ebenso ungewöhnlichen wie sensationellen Entdeckung. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der University of Southern California fanden sie in den obersten Schichten des Meeresbodens zentimeterlange Bakterien, die Strom leiten können.
Chemische Reaktionen über große Entfernungen
Ein Blick auf die Lebensweise der Bakterien zeigt, warum die Entdeckung so erstaunlich ist. In der obersten Sedimentschicht des Meeresbodens lebende Bakterien können den hier noch verfügbaren Sauerstoff für ihren Stoffwechsel nutzen. Doch bereits einige Millimeter tiefer ist das lebensspendende Gas praktisch nicht mehr vorhanden.
Hier greifen die Organismen auf Schwefelverbindungen zur Energiegewinnung zurück. Das Fatale dabei ist allerdings, dass mit den dabei frei werdenden Elektronen giftiger Schwefelwasserstoff entsteht. Kommen diese Elektronen aber mit Sauerstoff in Berührung, wandelt sich die giftige Substanz in reinen Schwefel um und stellt keine Gefahr mehr dar.
Normalerweise wirken die dabei ablaufenden chemischen Prozesse aber nur über winzige Distanzen, wären den Bakterien also keine Hilfe. Die Entdeckung der Wissenschaftler hat jetzt aber gezeigt, wie die Mikroorganismen dieses Problem gelöst haben.
Neu entdeckte Bakterien sind lebende Stromkabel
Sie entdeckten Bakterien der Familie Desulfobulbaceae, die aus tausenden Zellen bestehen, mehrere Zentimeter lang werden und die überschüssigen Elektronen transportieren können – also Strom leiten.
Christian Pfeffer, Doktorand an der Universität Aarhus sagt in einer Pressemitteilung: „Unsere Experimente zeigen deutlich, dass die elektrischen Verbindungen im Sediment feste, mit Bakterien verbundene ‚Leitungen‘ sein müssen.“ Diese Leitungen ähneln von Menschenhand geschaffenen Stromkabeln verblüffend. Sie bilden mehrere isolierte Drähte, sind dabei aber hundertmal dünner als ein Haar.
„Erst als wir im Inneren dieser Filamente drahtartige Fasern entdeckten, die von einer Membran umschlossen alle Zellen vom einen zum anderen Ende verbinden, begannen wir zu glauben, dass diese Bakterien wirklich wie elektrische Kabel funktionieren“, erklärt der am Projekt beteiligte Dr. Nils Risgaard-Petersen. Die Wissenschaftler erhoffen sich neben interessanten Einblick in das Ökosystem Meeresboden und seine Geschichte, dass die gewonnenen Erkenntnisse vielleicht irgendwann auch in neuartigen Bio-Elektronikkomponenten umgesetzt werden könnten.
Quelle: magazin.woxikon.de vom 25.10.2012
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