Die wirtschaftlichen Probleme in Europa werden zunehmend zu politischen Auseinandersetzungen. US-Investoren rechnen bereits mit heftigen Auseinandersetzungen und berechnen für Anlagen in Europa inzwischen einen Risikoaufschlag wie früher für politisch instabile Schwellenländer.
US-Investoren sehen ein steigendes Risiko politischer Auseinandersetzungen in den westlichen Industriestaaten. Vor allem in Europa drohen zwischenstaatliche Beziehungen aufgrund der schweren wirtschaftlichen Situation komplizierter zu werden.
Solange der Kommunismus als „gemeinsamer Feind“ bestand, gewöhnte man sich daran, Konflikte zwischen westlichen Ländern recht einfach beizulegen. Doch nun verhärten sich auch zwischen europäischen Staaten die Grenzen.
Als ein Beispiel für die neuen Spannungen sieht Saker Nusseibeh von Hermes Fund Managers die Proteste gegen das angeblich deutsche Spardiktat in Griechenland: „Der Kuchen wird kleiner und die Menschen werden um ihr Stück vom Kuchen kämpfen. Dies passiert zum einen zwischen Ländern aber auch innerhalb einzelner Staaten“, sagte Nusseibeh im Interview mit dem Fernsehsender CNBC. In einigen europäischen Staaten sind bereits klare Spaltungstendenzen zu beobachten.. Aktuell plant Katalonien, sich von Madrid unabhängig zu machen.
Anleger müssten beginnen, politische Risiken auch in westlichen Ländern einzu-berechnen. Bisher galten in erster Linie Schwellenländer als politisch risikoreicher, dies habe sich nun geändert, meint Nusseibeh. Die Protestwellen in Griechenland, Spanien und Portugal würden dies zeigen.
Die Politiker in Europa sind inzwischen sowohl mit innen- als auch außenpolitischen Konflikten beschäftigt. Dies nehme ihnen die Sicht auf die wirklich wichtigen Dinge, wie Nusseibeh meint: „Eigentlich konzentrieren sie sich nicht so stark wie sie sollten auf das große Problem und das ist die Wirtschaft. Aus der ökonomischen Sicht macht es keinen Sinn, wie sich der Euro gerade verhält.“, sagt er.
Quelle: Deutsche-Wirtschafts-Nachrichten vom 17.09.2012