Satellitenmission „Deos“: Deutsche arbeiten an Müllabfuhr fürs All

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Ein deutscher Satellit soll im Erdorbit für Ordnung sorgen. Allein die entscheidende Studie für das Projekt namens „Deos“ kostet 13 Millionen Euro. Doch der Abschleppdienst im All kann nur erfolgreich sein, wenn sich internationale Partner finden.

Zum Glück blieb die Katastrophe am Ende aus. Mit bangen Blicken hatten Raum-fahrtexperten im vergangenen Jahr das Schicksal des ausgedienten deutschen Welt-raumobservatoriums „Rosat“ verfolgt. Der steuerungsunfähige Bolide taumelte auf die Erde zu – und versank nach einem feurigen Ritt durch die Atmosphäre schließlich im Indischen Ozean.

Doch nicht immer müssen die letzten Sekunden im Leben eines Satelliten so un-problematisch ablaufen wie im Fall von „Rosat“. Ein Absturz auf bewohntem Gebiet mag statistisch unwahrscheinlich sein, kreuzgefährlich wäre er allemal. Im Orbit wiederum drohen ausgediente Weltraumgeräte zu Geisterfahrern zu werden, die bei einem Crash zahllose neue Trümmer produzieren – und damit das Kollisionsrisiko im All weiter erhöhen. Langfristig könnte ein kosmischer Trümmergürtel die Raumfahrt sogar völlig unmöglich machen.

Ein Satellit aus Deutschland soll daher in einigen Jahren den Job einer kosmischen Müllabfuhr übernehmen – so steht es auch in der Raumfahrtstrategie der Bundes-regierung. „Wir müssen aufpassen, dass wir den erdnahen Orbit nicht zum Schrottplatz machen“, warnt Peter Hintze (CDU), der für die Raumfahrt zuständige Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Man brauche „Lösungen für unkooperative Satelliten“. Ein Abschleppvehikel namens „Deos“, kurz für „Deutsche Orbitale Servicing Mission“, könnte eine Lösung dieses Problems sein.

„Entrümpeln des Orbits ist eine globale Aufgabe“

Die Vorarbeiten für das Projekt laufen bereits seit einiger Zeit. Am Rande der Inter-nationalen Luftfahrtausstellung (ILA) in Berlin beauftragte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) nun am Donnerstag den Raumfahrtkonzern Astrium mit der entscheidenden Studie. Das Geld dafür kommt aus dem Bundeswirtschaftsministerium; der Auftrag ist immerhin 13 Millionen Euro schwer. Ist die sogenannte Definitionsphase einmal abgeschlossen, könnte der Satellit tatsächlich gebaut werden – für „einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag“, wie auf der ILA zu hören ist. Genaue Zahlen soll die Studie liefern.

Nachdem eine erste Vorstudie für „Deos“ noch vom Bremer Raumfahrtkonzern OHB betreut worden war, sollen sich nun die Astrium-Standorte in Friedrichshafen und Bremen um das Projekt kümmern. Innerhalb eines Jahres sollen die Fachleute dort festlegen, wie der Satellit im Detail zu bauen wäre. Dabei sollen unter anderem die Unternehmen Kayser-Threde, SpaceTech und Jena-Optronik mitarbeiten.

Deutschland will die Technik weiter bis zur Reife entwickeln. Einmal in der Praxis erprobt, sollen aber auch andere Staaten als Unterstützer für die kosmische Müll-beseitigung gewonnen werden: „Das Entrümpeln des Orbits ist eine globale Aufgabe, die man auch global angehen muss“, sagt DLR-Chef Johann-Dietrich Wörner im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. „Ich hoffe, dass wir im Rahmen der Esa oder auch darüber hinaus eine Lösung finden, dass Deutschland die Kosten eines operativen Betriebs nicht alleine stemmen muss.“

Pannendienst in 500 Kilometern Höhe

Tatsächlich sind Raumfahrtnationen wie die USA, Russland und China für die übergroße Mehrheit des Weltraumschrotts verantwortlich. Nur wenn sie sich für Vehikel wie „Deos“ begeistern können, ist eine Lösung des Problems möglich – andernfalls bliebe der Serviceroboter ein technisches Kuriosum ohne allzu großen praktischen Wert.

Schweizer Forscher hatten im vergangenen Jahr ebenfalls einen Putzsatelliten vor-gestellt. Doch im Vergleich zu „Deos“ soll „CleanSpace One“ deutlich kleiner ausfallen – und auch nur kleine Flugkörper abschleppen können. Allerdings besticht das Projekt durch seinen vergleichsweise niedrigen Preis von umgerechnet acht Millionen Euro, wobei der Start bereits eingerechnet ist.

Der kosmische Pannendienst made in Germany soll dagegen groß und technisch ausgefeilt daherkommen. Nachdem ihn eine Rakete in 550 Kilometer Höhe gebracht hat, muss sich „Deos“ seinem Ziel langsam annähern. Dann soll er einige Zeit in dessen unmittelbarer Nähe um die Erde rauschen – ohne mit dem abzuschleppenden Satelliten zusammenzustoßen. Denn dann gebe es schließlich wieder zusätzlichen Schrott im All.

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Geht dagegen alles glatt, kommt der Satellitenarm von „Deos“ zum Einsatz. Er verbindet beide Flugkörper fest miteinander. Was dann folgt, sind entweder Wartungsarbeiten wie das Auffüllen von Treibstoff – oder ein Kamikaze-Ritt in die dichteren Schichten der Atmosphäre, wo beide Satelliten über unbewohntem Gebiet verglühen sollen.

Nach Ansicht der Industrie könnte die Mission ab 2018 starten. Gerd Gruppe, er kümmert sich im DLR-Vorstand um das Raumfahrtmanagement, möchte allerdings nicht so lange warten: „Meines Erachtens muss es früher sein.“ Deutschland müsse möglichst schnell zeigen, dass es die nötigen Technologie beherrsche. „Wir können niemanden veranlassen, etwas zu kaufen, das noch nicht im Orbit getestet wurde.“

Für seinen ersten Test soll „Deos“ aber nicht etwa einen echten ausgefallenen Satelliten an die Angel nehmen. Denkbar wäre hier etwa das riesige Esa-Observatorium „Envisat“, das seit dem Frühjahr schweigt. Doch stattdessen bringt der Putz-Satellit sein eigenes, rund eine halbe Tonne schweres Ziel selbst mit ins All. Manch einem mag das paradox erscheinen – wo es doch wahrlich nicht an Müll im All mangelt. Doch die Macher der Mission wollen sich ungern blamieren: „Wir haben eine Generalprobe vor. Und dafür haben wir nur eine Chance“, sagt DLR-Mann Gruppe. Im Fall eines Fehlers drohten sonst Hunderttausende zusätzliche Schrotteile.

Link zum Video.

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http://www.youtube.com/watch?v=UUHRgH28ewY

Quellen: Astrium/SpiegelOnline vom 13.09.2012

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