Die Zahl der Zügelpinguine auf der Antarktis-Insel Deception Island hat drastisch abgenommen. Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang mit dem Klimawandel – von dem andere Pinguinarten profitieren.
Per Segelyacht sind die Forscher nach Deception Island gelangt, einer 137 Quadrat-kilometer großen Vulkaninsel im Norden der Antarktis. Zu Fuß, oft bei eisigem Regen und stürmischem Wind, ging es dann ans Zählen. Die Wissenschaftler wollten wissen: Wie viele Zügelpinguine brüten auf der Insel?
Das deutsch-amerikanische Wissenschaftlerteam arbeitete unter Federführung der Non-Profit Organisation Oceanites, die sich dem Schutz der Antarktis verschrieben hat. Die Forscher zogen von einer Pinguinkolonie zur nächsten und zählten erstmals alle Zügelpinguine und ihre Nester auf der Insel. „Angst haben die Tiere nicht“, erzählt der Biologe Thomas Müller vom Loewe Biodiversität und Klima Forschungszentrum in Frankfurt am Main im Interview mit der Deutschen Welle. „Die picken einem nur manchmal ein bisschen ins Bein, wenn man ihnen zu nahe kommt.“
Thomas Müller arbeitet derzeit für die Universität von Maryland in den USA und war bei der großen Pinguinvolkszählung dabei. „Die größte Kolonie bestand aus fast 50.000 Tieren“, erzählt er. „Da kann man sich schon mal verzählen. Wir haben daher immer dreimal gezählt.“
Um fast die Hälfte abgenommen
Zügelpinguine sind etwa 80 Zentimeter groß, leben im Meer und brüten an den eisfreien Zonen der Küsten. Sie gelten als sehr streitlustig, wie Thomas Müller am eigenen Leib erfahren hat. Aber auch das ändert nichts daran, dass ihr Bestand auf Deception Island (Foto) dramatisch abnimmt: Innerhalb von nicht mal zehn Jahren ist ihre Zahl dort um fast vierzig Prozent gesunken, zeigen die aktuellen Zählungen. Derzeit gilt der Zügelpinguin aber noch nicht als gefährdet, denn sein Verbreitungsgebiet ist groß, er kommt in großen Teilen der Antarktis und auch auf Inseln im Südatlantik vor.
Die Antarktis mit ihren Pinguinkolonien wird zunehmend beliebter bei Touristen, und Deception Island ist von Feuerland aus schnell mit dem Schiff erreichbar. Daher lag die Vermutung nahe, dass der anschwellende Touristenstrom die Pinguine beim Brüten stört und daher mit für ihren Rückgang verantwortlich ist.
Doch Thomas Müller schließt das aus: „Wenn der Tourismus einen Effekt hätte, wäre der Bestandsrückgang bei Pinguinkolonien, die häufig von Touristen besucht werden, stärker als bei Kolonien, wo nie ein Mensch hinkommt“, erklärt er. „Aber das ist nicht der Fall: Die Bestandsabnahme ist für alle Pinguinkolonien gleich, ganz egal, ob da Touristen hinkommen oder nicht.“
(Foto: Die 80 Zentimeter großen Zügelpinguine gelten als streitlustig)
Klimawandel hat schuld
Thomas Müller und seine Kollegen wissen letztendlich nicht sicher, was der Grund für das Schwinden der Pinguine ist, halten aber die globale Erwärmung für die Ursache. „Auf Deception Island ist der Klimawandel eine offensichtliche Geschichte. Ich konnte im Rahmen eines Langzeitprojektes selbst beobachten, dass dort jedes Jahr weniger Eis und Schnee ist“, erzählt der Biologe.
Das See-Eis, das nun mehr und mehr verschwindet, sei aber wichtig für den Krill, also die Kleinkrebse, die zur Hauptnahrung der Zügelpinguine zählen, sagt Müller. „Wir vermuten: Wenn das Seeeis zurückgeht, geht auch der Krill zurück und damit eine wichtige Nahrungsgrundlage für einige Pinguine. Aber das auch nachzuweisen, ist sehr schwierig.“
Müller betont, dass sich ihre Studienergebnisse auf die Insel Deception Island (Karte unten) beschränken und die Situation der Zügelpinguine in anderen Gegenden der Antarktis ganz anders aussehen mag. „Der Klimawandel findet nicht überall im gleichen Ausmaß statt“, so Müller.
Gewinner des Klimawandels
Allerdings trifft die Erderwärmung nicht alle Pinguinarten empfindlich – einige profitieren sogar. Dem Eselspinguin, der ebenfalls in großen Teilen der Antarktis lebt, gefällt es sogar, wenn es wärmer wird. „Diese Art kann nicht so gut mit Eis umgehen“, sagt Müller.
Wie Forscher um Heather Lynch von der Stony Brook University in New York vor kurzem berichteten, breitet sich der Eselspinguine inzwischen weiter nach Süden aus, in Gefilde, wo es ihm früher zu kalt war. Sein Bestand nimmt zu: jedes Jahr um etwa 2,4 Prozent. Das mag einige Artenschützer freuen, denn der Eselspinguin steht als „gering gefährdet“ bereits auf der Vorwarnliste der Weltnaturschutzunion.
Quellen: PRAVDA-TV/Thomas Müller/BiK-F/Google/Deutsche Welle vom 11.09.2012