Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) braucht anscheinend mindestens zwei Billionen Euro, schreibt die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ am Montag.
Die Aufstockung der Finanzkraft des EU-Rettungsschirms soll vor allem den Superschuldnern Spanien und Italien zugute kommen. Besonders hart wird es offenbar Spanien treffen, dessen Wirtschaftsminister Luis de Guindos am Donnerstag einen Reformplan bekannt geben soll.
Die Situation in Spanien ist und bleibt miserabel. Das Land wird geplagt von Rezession, Schulden und Arbeitslosigkeit. Laut Experten der BNP Paribas braucht Madrid in den kommenden zwölf Monaten mindestens 180 Milliarden Euro statt der anfänglich vorgesehenen 100 Milliarden Euro für die Rettung der Banken.
Gerüchten zufolge verhandelt die spanische Regierung mit Brüssel über weitere Finanzspritzen. Offiziell werden diese Gespräche zwar bestritten, doch viele Experten sind sich sicher, dass sich das Kabinett von Mariano Rajoy vor diesem unvermeidlichen Schritt drückt. Wie de Guindos am Samstag sagte, hat die Regierung noch nicht entschieden, ob sie zum EZB-Programm zum Kauf von Staatsanleihen greifen würde. Offensichtlich suchen die Spanier nach Wegen, um nicht das gleiche Schicksal wie Griechenland zu erleiden.
Angesichts der Massenproteste fällt es der spanischen Regierung zunehmend schwerer, den Sparkurs zu begründen.
Auch das benachbarte Portugal ist von Protesten erfasst. Lissabon hat bereits 57 der insgesamt 78 Milliarden Euro aus dem Euro-Nothilfefonds verbraucht. Das Haushalts-defizit wurde zwar leicht abgebaut, dennoch schaffen die Portugiesen es nicht, ihre Wirtschaft in Schwung zu bringen. Premier Pedro Passos Coelho musste einräumen, dass die Krise bei weitem nicht überwunden ist. Das diesjährige Wachstum wird nach Regierungsangaben mindestens um 3,3 Prozent zurückgehen.
Der neue Sparplan für 2013 löste neue Massenproteste aus. Er sieht eine Erhöhung der Versicherungsbeiträge von Arbeitnehmern von elf auf 18 Prozent bei gleichzeitiger Senkung der Beiträge der Arbeitgeber von 23,75 auf 18 Prozent vor. Mit der letzteren Maßnahme sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Aber in Portugal mit einer Arbeitslosigkeit von 15,7 Prozent glaubt kaum jemand solchen Beteuerungen. In Lissabon fanden in der vorigen Woche Massenkundgebungen mit mehr als 100 000 Menschen statt. Auch andere Städte sind von den Protesten betroffen.
Angesichts dessen musste das Kabinett Zugeständnisse machen und von seiner drastischen Sparpolitik abrücken. Die Regierung wolle jetzt nach Alternativen für die Erhöhung der Versicherungsbeiträge suchen.
Auch die Situation in Griechenland ist und bleibt miserabel. Die Troika (EU, EZB, IWF) stellte fest, dass Athen 20 statt zehn Milliarden Euro braucht, um die Haushaltslöcher zu stopfen. Das führte zu einem neuen Streit zwischen der Europäischen Kommission und Deutschland: Brüssel will sich mit diesem Problem bereits beim EU-Gipfel im Oktober befassen – Berlin erst im November.
Die Europäer können sich also nicht einigen. Alle warten auf den baldigen EU-Gipfel, dessen Teilnehmer sich etwas Besonderes einfallen lassen müssen, um die Krise zu überwinden.
Quellen: Reuters/Nesawissimaja Gaseta/Ria Novosti vom 24.09.2012
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