Hat der US-Ableger der britischen Bank Standard Chartered über Jahre hinweg milliardenschwere Geschäfte mit Iran abgewickelt? Die New Yorker Bankenaufsicht droht dem Institut nun mit Lizenzentzug. Es habe gegen das Geldwäschegesetz verstoßen.
Der britischen Großbank Standard Chartered (StanChart) stehen schwere Zeiten in den USA bevor: Das New York State Department of Financial Services (DFS) leitete eine Untersuchung gegen eine hundertprozentige Tochter der Standard Chartered PlC wegen Verstoßes gegen das Bankengesetz ein. Über fast zehn Jahre habe die Bank rund 60.000 geheime und vor der Bankenaufsicht verborgene Transaktionen im Wert von fast 250 Milliarden Dollar mit der Regierung Irans ausgeführt, teilte die Behörde am Montag-abend auf ihrer Internetseite mit.
Der Erlass der Behörde beruht den Angaben zufolge auf einer neunmonatigen Untersuchung, bei der 30.000 Seiten Material aus E-Mails, Notizen und andere Aufnahmen zusammengekommen sein sollen (siehe Originaldokument). StanChart drohe nun der Verlust der Zulassung im Staat New York.
In den USA werden Geschäfte mit iranischen Banken streng kontrolliert. Aus Angst vor einer Finanzierung des iranischen Atomprogramms werden sie sanktioniert.
Die Bank wies die Vorwürfe vehement zurück. Das Finanzinstitut widerspreche der Darstellung seiner Transaktionen mit iranischen Banken, hieß es. StanChart habe seit 2010 freiwillig mit US-Behörden zusammengearbeitet und die Transaktionen überprüft. Das Ergebnis dieser Untersuchungen passe nicht zu den nun erhobenen Vorwürfen, erklärte die Bank. Die Einschätzung der Behörde stelle „kein umfassendes und akkurates Bild der Fakten dar“.
Für die Bank wäre der Verlust der Lizenz desaströs. Die Bank verlöre damit den direkten Zugang zum US-Markt. Anleger reagierten entsprechend entsetzt: Die in Hongkong notierten Aktien des Geldhauses rutschten gegen den Markttrend um mehr als sieben Prozent ab. Am Montagabend waren die Papiere bereits in London um sechs Prozent eingebrochen.
StanChart ist bereits die dritte britische Großbank, die in den USA in jüngster Zeit ins Visier der Behörden geraten ist. Barclays erhielt dort im Zusammenhang mit dem Libor-Manipulationsskandal eine hohe Geldstrafe. Die Großbank HSBC geriet wegen verdächtiger Transaktionen, unter anderem in Mexiko, in die Kritik.
Quellen: dpa-AFX/Reuters/dapd/SpiegelOnline vom 07.08.2012