Tot am Strand – Neues Grippevirus wütet unter Seehunden vor der US-amerikanischen Ostküste

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Unter Infektionsbiologen herrscht die Sorge, dass über kurz oder lang einer der zahlreichen Stämme der Vogelgrippe die Artenschranken überwinden und zu einer hochansteckenden Pandemie führen könnte. Ein Fall, in dem das in der Natur bereits passiert ist, wird aus den USA berichtet. Dort haben sich Seehunde mit einem Vogelgrippevirus infiziert und sterben daran.

Der erste tote Seehund wurde am Strand von Seabrook gesichtet, im Süden von New Hampshire. Das war Ende September, erinnert sich Katie Pugliares, Biologin am New England Aquarium in Boston. Nur ein Tag später der nächste Anruf: Ein paar Dörfer weiter trieben sechs leblose Seehunde im Wasser – Surfer hatten sie entdeckt. Da, sagt Katie Pugliares, hätten bei ihr schon alle Alarmglocken geschrillt.

„Wir hatten sechs tote Seehunde. Alle von derselben Art, alle waren jung, alle waren wohlgenährt und eigentlich in einer guten körperlichen Verfassung. Da war etwas im Gange. Das war nicht normal.“

An der Ostküste wurden immer mehr tote Seehunde angespült – insgesamt 162. Fünf davon hat das Team vom New England Aquarium obduziert.

„Die Tiere hatten Wunden auf der Haut, am ganzen Körper und im Gesicht. Und: Alle hatten eine Lungenentzündung.“

Inzwischen ist klar: Die Seehunde sind einem Grippevirus zum Opfer gefallen – dem Vogelgrippevirus H3N8. Das Virus hat sich so verändert, dass sich die Seehunde gegenseitig angesteckt haben. Das berichten Forscher von der New Yorker Columbia Universität im Fachblatt „mBio“. Der Biologe Eddie Holmes von der Pennsylvania State University beschäftigt sich ebenfalls mit der Evolution von Viren – und hat sich die Studie angesehen.

„Die große Frage ist jetzt: Könnten sich auch Menschen mit H3N8 infizieren und gegenseitig anstecken.“

H3N8 hat sich an die Seehunde angepasst, es kann also in Säugetierzellen eindringen – möglicherweise auch bei uns Menschen, sagt Eddie Holmes. Doch das allein reiche nicht aus, um etwa eine Pandemie auszulösen.

„Menschen müssten mit dem Virus erstmal ausreichend in Kontakt kommen. Nun: Mit Seehunden haben wir sehr viel weniger zu tun als zum Beispiel mit Schweinen, die wir zu Tausenden in Mastbetrieben halten. Seehunde leben im Wasser, wir sehen sie kaum. Auch wenn uns das Virus theoretisch infizieren könnte, würde es vielleicht nie wirklich dazu kommen.“

Es ist auch nicht das erste Mal, dass die Vogelgrippe H3N8 auf Säugetiere überge-sprungen ist. Schon seit den 60-Jahren kursiert H3N8 bei Pferden, und seit zwölf Jahren auch bei Hunden. Holmes:

„Die ganze Zeit hat sich noch nie ein Mensch infiziert – obwohl wir mit Pferden und Hunden sehr eng zusammenleben.“

Bislang habe sich auch noch keiner an den Seehunden angesteckt, sagt Katie Pugliares.

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„Keiner von denen, die im Herbst mit den toten oder kranken Seehunden Kontakt hatten, ist krank geworden. Das ist ein gutes Zeichen.“

Grippeforscher raten dennoch zur Wachsamkeit: Grippeviren sind unberechenbar, sie verändern sich ständig – und niemand kann vorhersagen, wie.

Eddie Holmes: „Wir sollten mit diesen neuen Stämmen immer sehr vorsichtig sein. Die Schweinegrippe-Pandemie von 2009 – die haben wir nicht kommen sehen. Damals haben sich alle nur auf die Vogelgrippe H5N1 konzentriert, Schweine hatte niemand auf dem Schirm. Und dann ist das Virus vom Schwein auf den Menschen übergesprungen…So the key thing now: Surveillance.“ Das wichtigste sei jetzt: Überwachung.

Die Forscher werden sehr sorgfältig beobachten, ob sich das Virus in der Seehund-population hält. Und ob es beim Menschen auftaucht. Spaziergänger sollten auf jeden Fall immer einen großen Sicherheitsabstand zu Seehunden einhalten, sagt Katie Pugliares – und ihre Hunde an die Leine nehmen.

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Quellen: AP/Deutschlandradio vom 03.08.2012

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