Tausende Bergarbeiter streiken seit Wochen für den Erhalt ihrer Jobs und höhere Löhne. Hintergrund ist der gefallene Platinpreis. Der Arbeitskampf mündet in einer Schießerei mit 30 Toten.
Der Streik der Bergarbeiter um die Lonmin-Platinmine in Südafrika eskaliert zu einer blutigen Auseinandersetzung. Bislang wurden mehr als 30 Bergarbeiter von Polizisten erschossen. Das bestätigten südafrikanische Behörden am Freitag. Die mehr als 4000 Mitarbeiter der Edelmetallmine in der Nähe von Rustenburg, 100 Kilometer nordwest-lich von Johannesburg, stehen seit einer Woche in einem wilden Streik, um eine 200-prozentige Lohnerhöhung durchzusetzen.
Bereits zum Wochenbeginn waren bei gewaltsamen Zusammenstößen von Polizei und Streikenden zehn Menschen ums Leben gekommen – auch zwei Polizisten. Einige der Getöteten wurden verbrannt oder zu Tode gehackt.
Für die Minenarbeiter geht es um ihre Existenz: Der Platinpreis hat seit seinem Rekord-hoch 2008 um fast 40 Prozent nachgegeben. Grund ist die schwächende Weltwirtschaft und die damit verbundenen sinkende Nachfrage der Industrie nach Platin. Weil viele Minenbetreiber – unter anderem auch Lonmin – angekündigt haben, ihre Kosten bei der Platinförderung senken zu wollen, ist die Angst vor Entlassungen unter den vielfach schlecht bezahlten Arbeitern groß.
Blutigste Zusammenstöße seit Ende der Apartheid
Am Donnerstag hatten sich die Kumpel als Reaktion auf eine von den Polizisten errichtete Barrikade mit Stöcken, Eisenstäben und Macheten bewaffnet. Die Situation eskalierte, als die Beamten versuchten, Arbeiter mit Tränengas zu vertreiben. Mehrere dutzend Menschen starben, als die Polizei das Feuer auf die Bergarbeiter eröffnete.
Die Polizei hatte zuvor die Verhandlungen mit den Streikenden für gescheitert erklärt und gedroht, das Gelände zu räumen. Joseph Mathunjwa, Chef der Association of Mineworkers and Construction Union (AMCU) hatte ein Blutbad angekündigt: „Wir gehen nirgendwohin. Wenn nötig, sind wir bereit, hier zu sterben.“ Die AMCU ist eine wachsende Gewerkschaftsgruppe, die versucht die seit 25 Jahren vorherrschenden National Union of Mineworkers (NUM) abzulösen.
Die Streikenden – Mitglieder der AMCU – hätten die Polizisten angegriffen, argumen-tierte Polizeiminister Nathi Mthethwa. Die Polizisten hätten sich lediglich selbst ver-teidigt, sagte er dem Radiosender Talk Radio 702. Südafrikas Präsident sagte, er sei „schockiert“ und „bestürzt“. Beobachter fühlten sich an Konflikte während der Apartheid-Regierung der weißen Minderheit in Südafrika erinnert.
Es sei die blutigste Polizeioperation seit 1994. „Mir fällt seit 1994 keine andere Konfrontation zwischen Demonstranten und der Polizei ein, die entlang dieser Konfliktlinien verlief“, sagte der politische Analyst Nic Borain.
Aquarius Platinum hat bereits zwei Minen vorläufig geschlossen, weil sie mehr kosten, als sie einbringen. Südafrikanischen Medien zufolge fordern die Angestellten eine Ver-dreifachung ihres Gehaltes und bessere Arbeitsbedingungen. Erst am Dienstag hatte eine Menschrechtsorganisation die Bedingungen in der Marikana-Mine als „inakzeptabel“ bezeichnet.
Unternehmen spielt Gewerkschaften gegeneinander aus
Bei dem Streik geht es aber nicht nur um höhere Löhne und Protest, es ist auch ein Kampf zwischen rivalisierenden Gewerkschaften. So versucht die AMCU Mitglieder zu werben, um die Macht der Großgewerkschaft NUM zu brechen. Die AMCU verspricht den Minenarbeitern, sie könne deutlich höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen aushandeln als die NUM. Die beiden Organisationen beschuldigen sich einander, am Ausbruch der Gewalt Schuld zu sein.
Es ist nicht der erste Kampf dieser Art in Südafrika. Schon mehrfach haben sich die Arbeitnehmervereinigungen in den Minen bekriegt. Insgesamt sind seit Jahresbeginn mindestens 14 Menschen bei Kämpfen zwischen rivalisierenden Minengewerkschaften ums Leben gekommen. Im Februar hatten sich die beiden Gewerkschaften auf dem Gelände der weltgrößten Platinmine in Rustenburg, betrieben von Impala Platinum, bekämpft.
Dabei starben mindestens vier Menschen, die Produktion stand sechs Wochen still. Impala verlor gut 120.000 Unzen an Produktion und kündigte bereits an, dass der Unternehmensgewinn im laufenden Geschäftsjahr wegen der Streikausfälle um gut 42 Prozent niedriger liegen werde als im Vorjahr. NUM-Generalsekretär der Frans Baleni sagte, auch in den Goldminen des Landes könnten Kämpfe ausbrechen, wenn die AMCU weiter aggressiv um Mitglieder werbe.
Allerdings werfen sie beide dem Minenbetreiber Lonmin vor, den Konflikt erst ausgelöst zu haben. Lonmin habe an den Gewerkschaften vorbei mit Arbeitern verhandelt und den Betriebsfrieden gebrochen. Das Unternehmen droht damit, alle streikenden Arbeiter zu entlassen.
Quellen: PRAVDA-TV/dpa/EPA/ftd.de vom 18.08.2012