Eine gehackte und mittlerweile dechiffrierte E-Mail der Sicherheitsfirma Stratfor, in der über den Einsatz des TrapWire-Überwachungssystems diskutiert wird, enthüllt Aussagen von Insidern, wonach das verbreitete Überwachungsprogramm vom Weißen Haus, Scotland Yard, kanadischen Behörden und anderen genutzt wird.
Unter der in der vergangenen Woche von WikiLeaks veröffentlichten umfangreichen Korrespondenz, die angeblich von den Servern von Strategic Forecasting – kurz Stratfor genannt – stammte, befand sich mindestens eine E-Mail, die zunächst wie völlige Schwafelei wirkte. Doch inzwischen ist die
Mitteilung, die von Stratfor-Vice President of Intelligence Fred Burton an sieben weitere Stabsmitglieder der Privatfirma geschickt worden war, entschlüsselt worden. Ihr Inhalt lässt darauf schließen, dass das Überwachungsprogramm TrapWire an die einflussreichsten Regierungen und Strafverfolgungsbehörden der Welt geliefert wurde.
Die E-Mail vom 23. September 2010 umfasst einen Korrespondenzfaden zwischen Burton und gut einem halben Dutzend Kollegen, die einen ganzen Tag lang Informationen darüber austauschen, wie und wem Stratfor Feeds seines TrapWire-Systems übermittelt. Die E-Mails sind zwar verschlüsselt, jedoch im leicht zu dekodierenden Base64-Format. Eine dekodierte Kopie ist von Hacktivisten aus dem Umkreis vonAnonymous ins Netz hochgeladen worden.
»Mit Mike M gechattet, dem TW– (TrapWire-) Betreiber und ehemaligen CIA-Kumpel«, schreibt Burton in der ersten E-Mail in dem verschlüsselten Faden. »Er sagt, unser Feed mache bis zu 25 Prozent der TW-Screens bei den Klienten ein, nach dem Feedback zu urteilen ist die Info, die gepusht wird, mehr geo-pol-orientiert als taktisch-Security.«
»Wie können wir das richten? Wer prüft, was in die Pipe geht?« fragt Burton seine Leute.
Angeblich hat Stratfor einen Vertrag direkt mit den Entwicklern von TrapWire, der ihnen als Gegenleistung für die Empfehlung ihres Produkts bei hochrangigen Kunden eine Gewinnbeteiligung zusichert. Darauf deuten andere E-Mails hin, die von WikiLeaks im Rahmen der Global Intelligence Files veröffentlicht wurden. Eine Datei davon, ein Partnerschaftsabkommen zwischen Stratfor und dem Unternehmen Abraxas, dem Entwickler von TrapWire, gewährt Burton und Co. eine Provision für jedes Geschäft mit dem Überwachungssystem, das mit ihrer Hilfe zustande kommt.
Die erste Antwort auf Burtons verschlüsselte E-Mail kommt von Beth Bronder, deren öffentlichesLinkedIn-Profil sie bis November des Jahres als Vizepräsidentin der Abteilung »Lösungen für Regierungsstellen und Unternehmen« bei Stratfor ausweist. Sie arbeitete nur zehn Monate lang für das Unternehmen, bevor sie zu Bloomberg Government und dann zu CQ Roll Call wechselte, wo sie heute als Mitarbeiterin aufgeführt wird.
Laut den dechiffrierten E-Mails sagt Bronder, Stratfor versuche, den Feed, der an die TrapWire-Kunden gestreamt wird, besser zu gestalten, um es den Anweisungen seiner Auftraggeber entsprechend stärker »sicherheitsorientiert« zu gestalten, doch wenn Burton mit den Namen der
Kunden des Überwachungsprogramms antwortet, ist es kein Wunder, dass Stratfor so erpicht darauf war, die Käufer mit dem besten verfügbaren Material zu locken.
»Diese Zielgruppe ist das Who‘s Who der CT-Welt«, heißt es in Burtons E-Mail in Bezug auf die Terrorabwehr. »TW hatRCMP, MI5, Scotland Yard SO 15, USSS White House undPPD, LAPD, NYPD, Las Vegas PD und Fusion, Seattle PD,SEA-TAc… etc.«
Seit die Nachricht über TrapWire letzte Woche publik wurde, berichten die Mainstreammedien über das wie Science-Fiction anmutende Überwachungsprogramm, aber bislang reagieren nur wenige Behörden auf die Aufmerksamkeit und legen ihre Verbindung zu TrapWire offen. Allerdings widersprach Paul Browne, der Chef der New Yorker Polizei, Anfang der Woche gegenüber der New York Times: »Wir nutzen TrapWire nicht«. Burton hingegen hatte behauptet, die New Yorker Polizei (NYPD) sei im September 2010 tatsächlich Kunde gewesen, genauso wie die Royal Canadian Mounted Police, der britische Geheimdienst, der US Secret Service und das Weiße Haus.
Andere Informationen aus der letzten Woche deuten ebenfalls darauf hin, dass die New Yorker Polizei mit TrapWire gemeinsame Sache gemacht hatte, vermutlich wurde aber keine Korrespondenz veröffentlicht, die das Überwachungssystem mit der Exekutive der Vereinigten Staaten oder kanadischen Behörden in Verbindung bringt. Zwar heißt es in einer nicht verschlüsselten E-Mail von Burton, die letzte Woche von Hacktivisten in Umlauf gebracht wurde,TrapWire sei an jedem wichtigen Zielort in den USA, Großbritannien oder Kanada installiert, aber anscheinend hat keine andere Korrespondenz diese spezifischen Behörden direkt mit TrapWire in Verbindung gebracht.
In der nächsten Zeile erklärt Burton, Informationen, die TrapWire ermittelt habe, seien direkt an diese hochrangigen Kunden weitergeleitet worden, um Komplikation zu vermeiden, die sich auf bürokratischerem Wege ergeben könnten. Er gab sogar zu, es könnten Probleme entstehen, wenn sie sich darauf verließen, ihre Überwachungsmitteilungen an das US-Ministerium für Heimatschutz oder untergeordnete Regierungsbehörden zu schicken.
»Sie haben unsere Materialien INNERHALB der Walls auf dem Screen«, schreibt Burton. »Wir umgehen das ineffiziente DHS/DC, indem wir unsere Informationen bereits auf ihrem Rund-um-die-Uhr-Screen haben«.
»Wir müssen die Dinge extrem gut fokussieren, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Vielleicht sogar ein Video«. »Glaubt mir, die Agenten und Cops, die die TW-Feeds anschauen, WOLLEN etwas Interessantes sehen«.
Bei einem Interview mit The Entrepreneur Center hatte Richard »Hollis« Helms, Mitbegründer des
TrapWire-Entwicklers Abraxas, 2005 gesagt, das System »kann Informationen über Menschen und Fahrzeuge sammeln, die genauer sind als Gesichtserkennung, es kann Muster erkennen und Bedrohungsanalysen von Bezirken erstellen, die von Terroristen ausgespäht werden könnten«. Er nennt es »eine selbst entwickelte Technologie, die dafür entwickelt wurde, die wichtige nationale Infrastruktur vor einem Terroranschlag zu schützen. Wir können die Aktivität eines Terroristen schon vor dem Anschlag entdecken und es den Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, zu ermitteln und den Terroristen festsetzen, lange bevor ein Anschlag durchgeführt wird«. Und: »Das Beste ist, dass wir eine unendliche Zahl von Anlagen genauso effizient schützen können wie eine einzige und dass wir die Informationen automatisch an Polizei und Justiz vor Ort weitergeben können.«
In einer nicht verschlüsselten E-Mail vom 26. September schreibt Burton: »Dank TrapWire hat die NYPD geschafft, was keiner anderen US-Regierungsbehörde im Bereich der Terrorbekämpfung gelungen ist.«
Seit der TrapWire-Skandal losbrach, schweigt Statfor zu den Anschuldigungen, wonach das Unternehmen direkt mit einem ausgedehnten internationalen Überwachungsprogramm verbunden sei und möglicherweise der Taktik folgen werde, die der Chef der Sicherheitsfirma Anfang dieses Jahres vorgegeben hatte. Im Februar sagte George Friedman, CEO und Gründer von Stratfor, über die Anonymous zugeschriebene Hackoperation: »Einige der E-Mails sind möglicherweise gefälscht oder verändert, so dass sich Ungenauigkeiten darin finden«, aber: »Einige könnten authentisch sein«.
»Wir werden nichts bestätigen noch erklären wir, was ihnen zugrundelag. Da uns unser Eigentum gestohlen wurde, werden wir uns nicht ein zweites Mal zum Opfer machen, indem wir uns Fragen darüber stellen«, sagte Friedman.
Quellen: RussiaToday/info.kopp-verlag.de vom 22.08.2012
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Was in diesem Land undenkbar wäre, scheint im Land der unbegrenzten Möglichkeiten irgendwie niemanden zu stören. Schon jetzt wird anhand von Datenspeicherungen versucht Verbrechen aufzuhalten bevor sie erst entstehen. Ein Konzept, was einen doch mehr nach Science-Fiction anhört, aber in den USA schon mit Erfolg angewandt wird. Ein heikles Thema, was Datenschützern sehr viel Raum zur Diskussion bietet.
Quelle: Hellseherpolizei