Londons Luftraum wird zur „No-Fly-Area“: Ab dem Wochenende gilt eine Sperrzone über der britischen Hauptstadt – zum Schutz vor Anschlägen. Verstöße werden hart geahndet: Kampfjets, Hubschrauber und Scharfschützen stehen bereit. Sie dürfen ausdrücklich „tödliche Gewalt“ einsetzen.
Der Olympia-Countdown in der britischen Hauptstadt läuft, in zwei Wochen starten die Olympischen Sommerspiele. Doch nicht nur die Athleten fiebern dem Großereignis entgegen. Auch bei den Sicherheitskräften wächst die Anspannung. Zum Schutz vor Anschlägen werden Teile des Luftraums über der Metropole ab 0.01 Uhr am Samstagmorgen zur Sperrzone – und Verstöße hart geahndet.
„Als letzte Möglichkeit können wir tödliche Gewalt einsetzen“, sagte Air Marshal Stuart Atha dem britischen „Independent“. Er ist hauptverantwortlich für die Sicherheit am Himmel über London. „Tödliche Gewalt“ bedeutet hier: Piloten, die sich nicht an die Vorschriften halten, können abgeschossen werden.
Dafür hat Atha ein ganzes Waffenarsenal der Royal Air Force zur Verfügung:
- Ein Geschwader „Typhoon“-Kampfflugzeuge steht in Northolt, ganz im Westen der Hauptstadt, bereit. Gleiches gilt für mehrere „Sea King“-Hubschrauber.
- Im östlich gelegenen Ilford warten „Puma“-Hubschrauber auf ihren Einsatzbefehl. An Bord befinden sich im Ernstfall Scharfschützen.
- An sechs Standorten am Boden sind Rapier- und Starstreak-Flugabwehrsysteme untergebracht.
- Auf der Themse ankert während der Spiele die HMS „Ocean“. Der 208 Meter lange Hubschrauberträger bietet Platz für zahlreiche Helikopter und fast 500 Soldaten. Noch am Abend soll die „Ocean“ in Südost-London eintreffen.
Der gesperrte Luftraum umfasst das Zentrum der Stadt, die Olympischen Sportanlagen in Stratford sowie einen größeren Bereich südöstlich der Hauptstadt.
In diesem Bereich gelten klare Regeln: Für zivile Flugobjekte ist er tabu. Dies umfasst auch Segelflugzeuge, Heißluftballons und Ultraleichtflugzeuge. Kommerzielle Flüge sind von dem Verbot ausgenommen und dürfen die Airports Heathrow und London City ansteuern.
Steuert doch ein Pilot, absichtlich oder nicht, in die Flugverbotszone, muss er mit Sanktionen rechnen – und einem strengen Verhaltenskodex folgen. Wird er in der Luft abgefangen, ist er angehalten, mit den Flügeln seiner Maschine zu wackeln. Dies gilt als Zeichen, dass er den Anweisungen folgt. Dann muss er hinter der Militärmaschine den Londoner Luftraum verlassen.
Hält sich das verdächtige Flugobjekt nicht an diese Vorgaben, kann der Pilot der Militärmaschine Warnschüsse abgeben und einen Laser einsetzen. Folgt immer noch keine Reaktion, kann der Befehl zum Abschuss erfolgen. Dieser muss allerdings, so Marshal Atha, „von allerhöchster Stelle“ kommen.
Damit es gar nicht soweit kommt, laufen seit Monaten intensive Vorbereitungen. Der zivile Luftfahrtverband des Landes hat die meisten registrierten Privatpiloten angeschrieben und mehr als 60.000 Broschüren mit den wichtigsten Informationen verteilt. Die kommenden beiden Wochen bis zum Start der Spiele seien als Testphase gedacht.
Bei den strengen Vorgaben handelt es sich laut Atha bisher um reine Vorsichtsmaßnahmen: „Wir haben derzeit keine Hinweise auf eine konkrete Bedrohung der Spiele.“
Die Sommerspiele laufen vom 27. Juli bis zum 12. August – die Flugverbotszone bleibt noch drei Tage länger bestehen.
Insgesamt sind rund 17.000 britische Soldaten im Einsatz, um die Sicherheit der Besucher und Athleten zu gewähren. Erst jüngst war bekannt geworden, dass gestandene Marines seit Wochen für Taschenkontrollen eingesetzt werden. Die beauftragte private Sicherheitsfirma konnte nicht genug Personal abstellen.
Quellen: AP/Der Spiegel vom 13.07.2012