Fällt Assad, ist Russland der große Verlierer!

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Wie der russische Botschafter in Frankreich derzeit berichtet, verhandle der syrische Diktator Bashar al Assad offenbar über einen “geordneten Rückzug”. Fällt Assad, wäre das nach Ansicht von US-amerikanischen Analysten vor allem ein Schlag für Russland. Das Land müsste nicht nur Einbußen an internationalem Ansehen hinnehmen, sondern auch hinsichtlich weiterer Waffenverkäufe.

Die Lage Russlands sei momentan nicht einfach. Das Land, so urteilt Charles Kupchan, Professor für internationale Beziehungen an der Georgetown University in Washington, D.C. und früherer Direktor für europäische Angelegenheiten im Nationalen Sicher-heitsrat der Vereinigten Staaten, würde am Boden kriechen, um die wenigen Ver-bündeten, die es noch habe, zu halten. Der Autor des Buches “No Man’s World” konstatiert: “Sie sind in einer äußerst misslichen Lage – sie unterstützen ein Regime, das fast auf der gesamten Welt als inakzeptabel angesehen wird.” Die Folge: Russland verkaufe Waffen und blockiere Resolutionen, die für ein Ende des Blutvergießens jedoch dringend erforderlich wären.

Erst am vergangenen Donnerstag, einen Tag nach dem Bombenattentat auf Assads innersten Machtzirkel, lehnten Russland und China erneut eine UN-Resolution gegen das Assad-Regime ab. Eine “gefährliche und bedauerliche” Aktion, wie Susan Rice, US-amerikanische Außenpolitikerin und derzeitige Botschafterin der Vereinigten Staaten bei den Vereinten Nationen, urteilte.

Syrische Städte mit russischen Waffen niedergemetzelt

Und in der Tat, wie sich bei Gesprächen mit Mitgliedern der syrischen Rebellenarmee herausstellt, gibt es derzeit wohl kaum einen engeren Verbündeten Syriens als das riesige Russland – nicht einmal der Iran, so heißt es, könne hier mithalten. Russland unterstützt das Regime offenbar bedingungslos. Nicht wenige Waffen, mit denen unzählige Dörfer und Städte in den vergangenen 16 Monaten niedergemetzelt wurden, stammen aus Russland.

Nach Kupchans Einschätzung scheint Russland das alles nicht zu kümmern. Denn ihre Handlungen stünden in einem größeren, geopolitischen Zusammenhang. Das Land, so der Fachmann, würde angetrieben von seinem tiefen Unbehangen, die vor noch nicht allzu langer Zeit die Ereignisse in Libyen heraufbeschworen haben. Sanktionen zum Schutz der Zivilbevölkerung, so die Auffassung hier, sollten nicht wieder als Vorwand für einen Regimewechsel verwandt werden. Was mit dem langjährigen Verbündeten Muammar al-Gaddafi am Ende geschah, ist hinlänglich bekannt. Wie sehr sich der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedjew von US-Präsident Barack Obama verraten fühlte, nachdem Russland entsprechenden Resolutionen zustimmte, auch.

Ein weiterer Beweggrund Russlands für seine jetzige Haltung im Syrien-Konflikt sei jedoch noch weitaus offensichtlicher: Man wolle seinen Einfluss retten. Um es milde auszudrücken, so Kupchan weiter, habe ihr Einfluss im Mittleren Osten und Zentralasien nachgelassen. Die wenigen Verbündeten, die man jetz noch habe, gelte es zu halten.

Syrien einer von Russlands größten Rüstungskunden

Einen viel kommerziellen Aspekt führt William Hartung, Analyst am Zentrum für Internationale Politik, ins Feld. So sei Syrien einer von Russlands größten Rüstungs-kunden im gesamten Nahen Osten. Während die Käufe andernorts nachgelassen hätten, sei der Appetit Damaskus’ auf sowjetische und russische Waffen nie weniger geworden.” Syrien gehört zu einer Handvoll großer Käufer, die Russland geblieben sind”, so Hartung, der darauf hinweist, dass ehemalige gute Kunden wie Saddam Hussein und al-Gaddafi die Weltbühne für immer verlassen hätten.

Auch die USA und Europa würden derzeit mit Russlands größten Kunden, Indien, Ge-schäfte machen. China hingegen setze mehr und mehr auf eigene Produktion. “Wie will man China, Indien, Irak, Libyen und nun Syrien ersetzen?”, fragt Hartung.

Tatsächlich haben syrische Waffenkäufe aus Russland in den letzten Jahren zugenommen. Das bestätigen sowohl das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) als auch unabhängige Waffenexperten. “Die meisten russischen Exporte nach Syrien im Zeitraum 2001 bis 2011 waren in den vergangenen drei Jahren”, sagt Hartung. “Die Daten zeigen einen Umsatz von 187 Millionen Dollar (Verkäufe) für 2009. 294 Millionen im Jahr 2010 und 246 Millionen im Jahr 2011.

Während des letzten Jahrzehnts wanderten Waffen im Wert von 857 Millionen Dollar nach Syrien, etwa 70 Prozent des gesamten Waffenbestand, den das Land in dieser Zeit erhielt. Andere Lieferanten kamen aus Weißrussland (196 Millionen Dollar), dem Iran (109 Millionen Dollar) und Nordkorea (40 Millionen Dollar).” Ob Russland allerdings weiterhin liefert, scheint derzeit fraglich. Selbst für die Russen scheint die Situation mittlerweile nicht mehr tragbar zu sein. Beschlossen ist allerdings noch nichts.

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Dennoch so Kupchan, könne Russland noch eine positive Rolle in der Epoche der Post-Assad-Ära spielen. “Es ist denkbar, dass die Russen eine Rolle im Endspiel spielen”, sagte er.“ Sie können nicht sehr erfreut darüber sein, wie dieser verschwunden ist. Ich kann die Erleichterung der Russen über Assads Abreise sehen. Ich sehe ihn nicht in einer Datscha oder einer abgeriegelten Gemeinde außerhalb von Moskau. Wahrscheinlich ist er irgendwo in der arabischen Welt oder in Afrika.” Doch wohin er auch geht, Russlands Einfluss in Syrien wird wahrscheinlich mit ihm gehen.

Quelle: Deutsch-Russische-Nachrichten vom 20.07.2012

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