Stadt verbietet das Occupy Camp. Der Platz des Camps soll an den Blockupytagen vom 16. bis 19. Mai in Frankfurt menschenleer sein, weil dieser von der Polizei als Sicherheitszone geplant ist.
Am 09.05. wurde das Occupy Camp bis zum 23.05. vom Ordnungsamt verlängert. Heute, 2 Tage später, am 11.05. wird mit einer nachgeschobenen Verfügung die Verlängerung aufgehoben: Das Camp ist ab dem 16.05 bis zum 20.05.2012 VERBOTEN.
In der 13 seitigen Begründung wird der Veranstalter der Occupy:Frankfurt €-Mahnwache unter anderem aufgefordert, sicher zu stellen, dass keine M31 Aktivisten via Occupy:Frankfurt demonstrieren.
Wir möchten feststellen, dass es dem Veranstalter gesetzlich nicht gestattet ist, Personalien zu kontrollieren – geschweige denn, die Gesinnung. Es ist auch technisch ueberhaupt nicht moeglich, dies sicher zu stellen. Daher ist die Begruendung der Verfügung absurd.
Occupy-Bewegung veröffentlicht Manifest
Die Occupy-Bewegung meldet sich zurück: im Vorfeld geplanter weltweiter Proteste veröffentlichten die Aktivisten im Internet ein Manifest, das „konkrete Anregungen für den globalen Wandel“, Demokratie und soziale Gerechtigkeit fordert. An der Entstehung des Manifestes seien Mitglieder dutzender Occupy-Gruppen beteiligt gewesen, sagte ein Sprecher von Occupy London der Nachrichtenagentur AFP.
Das Manifest, das unter Anderem ein „unbedingtes Ende der Sparpolitik, die nur einer Minderheit nutzt“ fordert, wurde nach einem Bericht der AFP im Vorfeld geplanter weltweiter Proteste am morgigen Samstag veröffentlicht. Für Samstag haben Aktivisten im Internet zu koordinierten Protesten unter anderem in New York, London, Paris, Madrid und Sydney aufgerufen.
Das Manifest wurde von Occupy-Aktivisten unter Anderem in der Bürgerjournalisten-Sektion der als politisch links geltenden britischen Zeitung „The Guardian“ ins Netz gestellt. Es stellt, wie ausdrücklich betont wird, nicht die Meinung aller Occupy-Aktivisten dar, sondern den Versuch einiger Aktivisten, die von den einzelnen Gruppen in ihren Versammlungen ausgearbeiteten Positionen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Der Prozess der Ausarbeitung des Manifestes sei konsens-basiert und offen für alle Interessierten gewesen; die Möglichkeit der Mitarbeit sei regelmäßig auf den relevanten Kommunikations-Plattformen bekannt gegeben worden. Das Manifest werde in Zukunft auch den Vollversammlungen der einzelnen Occupy-Gruppen für „Diskussionen, Überarbeitungen und Billigung“ vorgelegt und sei daher keine endgültige Fassung.
In dem Text heißt es, die Menschheit lebe in einer Welt, die von Kräften kontrolliert werde, welche unfähig seien, „der Weltbevölkerung Freiheit und Würde zu geben“, einer Welt, in der „der Verlust von Rechten, die durch den langen, harten Kampf unserer Vorfahren erkämpft wurden“ als alternativlos dargestellt werde. Erfolg werde heutzutage „entgegen den fundamentalsten Werten der Menschheit wie Solidarität und gegenseitiger Unterstützung“ definiert, kritisieren die Aktivisten. Alles, das nicht „Wettkampfdenken, Egoismus und Gier“ befürworte, werde als dysfunktional dargestellt.
Aber die Menschen, so die Occupy-Aktivisten, hätten angesichts dieser Probleme nicht geschwiegen, sondern seien weltweit auf die Straße gegangen. Am morgigen 12. Mai werde die Bevölkerung sich erneut vereinigen, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen.
Insbesondere fordern die Occupy-Aktivisten mehr soziale Gerechtigkeit. Die Bewegung verurteile „die derzeitige Verteilung ökonomischer Ressourcen, bei der nur eine winzige Minderheit Armut und Unsicherheit entkommen kann und zukünftige Generationen zu einem vergifteten Erbe der Umwelt-Kriminalität der Reichen und Mächtigen verurteilt sind“, heißt es in dem Manifest. Der Begriff demokratischer politischer Systeme habe zunehmend an Bedeutung verloren, da auch diese Staaten zunehmend in den Dienst „der wenigen, die daran interessiert sind, die Macht von Unternehmen und Finanz-Institutionen zu vergrößern“ gestellt worden seien. Die derzeitige Finanzkrise, so die Aktivisten, sei keine „Naturkatastrophe“, sondern logische Folge der Gier weniger und eines Systems, bei dem es nicht mehr um das Wohl der Allgemeinheit gehe, sondern lediglich um finanzielle Macht.
„Wir sind erwacht, und nicht nur, um uns zu beschweren. Unser Ziel ist es, die wahren Gründe der Krise aufzuzeigen und Alternativen vorzuschlagen,“ versprechen die Aktivisten, denen in der Vergangenheit von einigen Kritikern das Fehlen klarer Forderungen und Verbesserungsvorschläge zum Vorwurf gemacht wurde. „Wir stellen keine Forderungen an Regierungen, Unternehmen oder Parlamentarier, die einige von uns als illegitim, verantwortungslos oder korrupt ansehen. Wir sprechen zu den Menschen in aller Welt, sowohl innerhalb als auch außerhalb unserer Bewegungen,“ erklären die Verfasser des Manifestes, „Wir wollen eine andere Welt und eine solche Welt ist möglich“.
Die erste Forderung der Aktivisten lautet: „Die Wirtschaft muss in den Dienst des Wohlergehens der Bevölkerung gestellt werden und die Umwelt unterstützen und ihr dienen statt privatem Profit“. Die Besetzer wünschen sich nach eigener Aussage ein System, in dem Arbeit aufgrund ihres sozialen Nutzens anerkannt wird statt wegen ihrer finanziellen Profite. Die Aktivisten listen hierzu eine Reihe von Unterpunkten auf. So fordern sie freien Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und einer Unterkunft für alle Menschen. Öffentliche Aufgaben dürften nicht privatisiert oder in den Dienst eines Gewinnstrebens gestellt werden. Auch eine „komplette Anerkennung von Kinderrechten“ einschließlich kostenloser Kinderbetreuung wird gefordert, ebenso wie Rente, Krankengeld und Urlaubsgeld für Alle. Auch müsse jedes menschliche Wesen Zugang zu einem angemessenen Einkommen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes haben. Es müsse daher Arbeitsplätze für Alle oder alternativ ein bedingungsloses Grundeinkommen geben. Unternehmen müssten stärker für ihr Handeln zur Verantwortung gezogen werden. Auch fordern die Aktivisten einen Zugang aller Menschen zum kulturellen Leben und genug Zeit, um sich an diesem zu beteiligen: „Außer Brot wollen wir auch Rosen,“ schreiben sie. Nachhaltige Landwirtschaft solle gefördert werden, um sicherzustellen, dass es genug Nahrung für alle gebe. Ebenso sollten erneuerbare Energien und andere umweltfreundliche Alternativen zu aktuellen Technologien gefördert werden. Es müssten internationale Umweltschutz-Standards festgelegt und durchgesetzt werden.
Die zweite Forderung lautet, dass es zur Erfüllung dieser Ziele notwendig sei, die Wirtschaft auf allen Ebenen demokratisch zu gestalten. Die Menschen müssten demokratische Kontrolle über „Finanzinstitutionen, internationale Unternehmen und deren Lobbies“ haben. Dazu sollen unter anderem internationale Aufsichtsbehörden etabliert, eine Transaktionssteuer eingeführt und die „Kommerzialisierung von Leben und Ressourcen“ gestoppt werden. Grundlegende Güter wie Wasser, Luft, Energie, Telekommunikation und ein „faires und stabiles Finanz-System“ müssten unter der demokratischen Kontrolle aller Menschen stehen. Steuern müssten, solange es soziale Ungleichheit gebe, nach dem Prinzip der Solidarität erhoben werden – das Maximaleinkommen müsse begrenzt und das Minimaleinkommen so angehoben werden, dass „die empörenden sozialen Unterschiede in unseren Gesellschaften und deren politische und ökonomische Effekte reduziert werden“. Auch fordert Occupy, kein weiteres Geld für Bankenrettungen zur Verfügung zu stellen. So lange Schulden existierten, müssten diese nach dem Beispiel Ecuadors und Islands einer „sozialen Überprüfung“ unterzogen werden. „Illegitime“ Schulden bei Finanz-Institutionen sollten nicht bezahlt werden. Auch die Sparpolitik, die „nur einer Minderheit nutzt und für die Mehrheit großes Leiden verursacht“, müsse ein Ende haben. Auch dürften Unternehmen nicht die gleichen Rechte besitzen wie Personen; die Konstruktion, dass Unternehmen juristische Personen seien, müsse abgeschafft werden.
Neben Finanzsystemen, so die dritte zentrale Forderung der Occupy-Aktivisten, müssten auch politische Systeme vollständig demokratisiert werden. Occupy fordert daher eine vollständige Demokratisierung aller internationalen Organisationen und die Abschaffung der Vetorechte einzelner Regierungen. „Wir wollen ein politisches System, das die Unterschiedlichkeit unserer Gesellschaften wirklich repräsentiert“, so die Aktivisten. Alle Entscheidungen, die die ganze Menschheit beträfen, müssten daher in demokratischen Foren wie der UN-Vollversammlung statt in „Reichen-Clubs“ wie G8 oder G20 entschieden werden. „Wir fordern auf allen Ebenen die Entwicklung einer Demokratie, die soviel Mitbestimmung erlaubt wie möglich, einschließlich nicht-repräsentativer direkter Demokratie,“ so die Aktivisten. Systeme für Wahlen müssten, solange sie zur Anwendung kämen, so gerecht wie möglich sein. Der Zugang zu und das Management von Medien müsse demokratisiert werden. Die Medien müssten helfen, die Bevölkerung weiterzubilden, statt wie bisher einen „künstlichen Konsens über ungerechte Politik“ zu schaffen. Demokratie und Mitbestimmung müssten auch in Unternehmen gelten. Korruption in der Wirtschaft dürfe nicht geduldet werden. Außerdem fordern die Aktivisten komplette Meinungs-, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit und das Ende aller Versuche, das Internet zu zensieren. Die Privatsphäre der Menschen müsse innerhalb und außerhalb des Internets respektiert werden. Militärausgaben seien „politisch kontraproduktiv für die Weiterentwicklung einer Gesellschaft“ und müssten daher auf ein Minimum reduziert werden. Die Bürgerrechte sowie die kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Rechte ethnischer, kultureller und sexueller Minderheiten müssten voll respektiert werden. Einige der Occupy-Aktivisten fordern außerdem eine neue Universelle Erklärung der Menschenrechte, die „bereit für das 21. Jahrhundert“ sei und in direkter und demokratischer Weise mit der Möglichkeit zur Mitbestimmung verfasst werden müsse. Solange die aktuelle Erklärung Gültigkeit habe, müsse diese in allen Ländern, ob reich oder arm, konsequenter durchgesetzt werden.
Occupy will mit seinem Manifest einen „weltweiten globalen Frühling“ – angelehnt an die Revolutionen des sogenannten „arabischen Frühlings“ – anstoßen. „Wir werden da sein und wir werden kämpfen, bis wir gewinnen. Wir werden nicht aufhören, Menschen zu sein. Wir sind keine Zahlen. Wir sind freie Frauen und Männer,“ betonen die Aktivisten und fordern „globale Demokratie und soziale Gerechtigkeit“. Sie fordern alle Menschen auf, am morgigen 12. Mai auf die Straße zu gehen. Die Resonanz dieses Aufrufs wird wohl ein erster Gradmesser dafür sein, wie viel Potential die Occupy-Bewegung derzeit zur Mobilisierung der Menschen hat.
Quellen: AFP/gulli.com/OccupyFrankfurt vom 12.05.2012
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