Die Unsicherheit unter den Investoren ist extrem gestiegen, wie eine Bloomberg-Studie zeigt. 57 Prozent rechnen damit, dass 2012 mindestens ein Land den Euro verlässt. Mehr als zwei Drittel erwarten sogar soziale Unruhen in Europa.
Der Unmut der europäischen Bürger über die Sparpolitik, schürt die Bedenken der Investoren. Instabilität und drohende Aufkündigung des Sparpaktes in Griechenland Francois Hollandes Wachstumsforderung und auch Irlands Referendum über den Fiskalpakt, das der EU-kritischen Partei im Land in die Hände spielt – sind nur ein paar der aktuellen Brennpunkte in der Politik der Schuldenkrise. Die Nachrichtenagentur Bloomberg befragte in dieser Woche über 1200 Investoren, Analysten und Trader zu ihrer Einschätzung zur Krise.
50 Prozent der Befragten gaben an, dass sie noch in diesem Jahr mit einem Austritt Griechenlands aus dem Euro rechnen und 57 Prozent erwarten sogar, dass mindestens ein Land den Euroraum im Jahr 2012 verlassen werde – im Januar 2011 gingen nur 11 Prozent der Befragten davon aus. „Sicherlich, aus finanzieller Sicht kann sich die Krise nur verschärfen”, sagte Michael Derks, einer der Befragten und Chefstratege bei FxPro Financial Services Ltd in London. „Wir werden wahrscheinlich mehr Umschuldungen bekommen, und es wäre merkwürdig, wenn Griechenland nicht innerhalb eines Jahres von dem Euro verabschieden würde.”
Und so gehen auch 80 Prozent davon aus, dass die kleinen Zeichen der Stabilisierung nur vorübergehender Natur sind und sich die Situation an den Bondmärkten verschlechtern werde. Das ist ein Sprung von zwei Drittel, wenn man es mit den Ergebnissen der Bloomberg-Umfrage zu Beginn des Jahres vergleicht. Die Lage in Europa werde sich den Investoren zufolge zunehmend verschlechtern. 84 Prozent erwarten gar soziale Unruhen.
Aber auch Spanien steht im Fokus der Investoren. 47 Prozent gehen davon aus, dass das Land Pleite gehen wird. Das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor vier Monaten. Die Anleger glauben nicht, dass der spanische Premier Mariano Rajoy sowohl die Schulden reduzieren als auch die extrem hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen kann. 63 Prozent gehen indes davon aus, dass Portugal seine Schulden bald nicht mehr bezahlen kann. Lediglich ein Prozent erwartet eine Pleite Deutschlands.
Frankreich steht mit seinem neuen Präsidenten Francois Hollande jedoch bei den befragten Investoren auch nicht so hoch im Kurs. 71 Prozent betrachten seine Politik mit viel Pessimismus und der gleiche Anteil der Befragten gab an, nun weniger Bereitschaft zu haben, französische Anleihen zu kaufen.
Dennoch gehen 83 Prozent der Befragten davon aus, dass der Euroraum nicht zusammenbrechen wird und 66 Prozent wetten gegen eine Finanzkrise im europäischen Bankensektor. Zudem begrüßen zwei Drittel Mario Draghi als EZB-Chef und immerhin 56 Prozent sind der Politik Angela Merkels gegenüber optimistisch eingestellt. Die Aktionen vom britischen Premier David Cameron hingegen wurden nur von 49 Prozent der Befragten gelobt.
Spanien verliert Bonität, vom Kapitalmarkt abgeschnitten
Das größte Risiko für die Weltwirtschaft liegt für den Investment-Guru Nouriel Roubini noch immer in der Schuldenkrise. Die Eurozone sei ein „sich langsam bewegendes Zugwrack“, sagte er in einem Interview mit CNBC auf der Skybridge Alternative Conference in Las Vegas – einem bekannten, amerikanischen Event für Alternative Investments. „Die Eurozone werde nicht innerhalb der nächsten sechs oder zwölf Monate zusammenbrechen“, so Nouriel Roubini. Der Prozess werde langsam von statten gehen.
Griechenland wird den Euro spätestens im nächsten Jahr verlassen und wahrscheinlich bald auch Portugal und Zypern. Aber Griechenland werde nicht das „einzige Land bleiben, das seine Schulden restrukturieren muss. „Ich glaube das wird auch in Portugal, Zypern und wahrscheinlich auch Irland passieren und es könnte sogar auch in Spanien und Italien in zwei bis drei Jahren der Fall sein“.
Spanien ist für Nouriel Roubini in jedem Fall bereits jetzt in großen Schwierigkeiten. „Ende des Jahres wird Spanien seinen Zugang zum Markt verlieren“, erklärt er. „Es braucht ein Bailout und das wird das Land für ein oder zwei Jahre von den Märkten fernhalten.“ Das werde jedoch nicht ausreichen. „Dann muss man vielleicht die Schulden restrukturieren“. Eventuell, so Nouriel Roubini, könnte auch Spanien letztlich gezwungen sein, die Eurozone zu verlassen, aber das sei nicht etwas, das innerhalb von 12 Monaten passiere.
Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten vom 10.05.2012