Gentechnik im Sog des Geldes

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Im Frühjahr 2001 macht NATURE etwas, das es zuvor noch nie getan hat. Zum ersten Mal in seiner 137-jährigen Geschichte zieht das weltweit wichtigste Wissenschaftsmagazin einen Artikel zurück. Das ist merkwürdig und sehr besorgniserregend – ein Wissenschaftler wird angegriffen, weil er seine Arbeit getan hat.

Der renommierte Biologe DR. IGNACIO CHAPELA hat diesen Artikel einige Monate zuvor bei NATURE eingereicht. Er berichtet über die Vermischung von einheimischem mexikanischen Mais mit gentechnisch veränderten Sorten. Die druckfrische Ausgabe der Zeitschrift ist noch nicht fertig verteilt, als bereits eine Flut von – wie sich später herrausstellt – durch den AgroChemieMulti Monsanto gesteuerten E-mails die Redaktion von NATURE überschüttet. Die Untersuchungen des Wissenschaftlers, seine wissenschaftliche Kompetenz und seine persönliche Integrität werden von Grund auf in Frage gestellt. Warum hat ein scheinbar so gewöhnlicher Artikel einen solchen Aufruhr verursacht?

Oaxaca wo der gentechnisch veränderte Mais gefunden wurde, ist nicht irgendein Winkel dieser Erde. Hier ist das genetische Reservoir der Urmais-Sorten für die ganze Welt; von hier aus hat der Mais vor 5.000 Jahren seinen Siegeszug als heute zweit wichtigste Kulturpflanze der Erde angetreten. Chapelas Entdeckung war daher höchst alarmierend und trifft eine Achilles-Ferse der Gentechnik-Betreiber: die Frage der Koexistenz. Ist der Schwur der Gentechnik-Konzerne, dass natürliche Pflanzen völlig unbeeinträchtigt neben gentechnisch veränderten Pflanzen wachsen würden, doch nicht haltbar?

Im August 1998 gibt der führende Wissenschaftler für Nahrungsmittelforschung, DR. ÁRPÁD PUSZTAI, im britischen Fernsehen ein kurzes Interview. Er erklärt, dass er zwar an den segensreichen Nutzen der Gentechnik bei Nahrungsmitteln glaube, aber vor der Zulassung müssten unbedingt Langzeittests durch-geführt werden. Nach dem bisherigen Wissensstand würde er keine gen veränderte Nahrungsmittel essen.

Seine Gründe für diese Äußerungen sind einfach – er hat Testreihen durchgeführt, in denen Ratten mit einer gentechnisch veränderten Kartoffel gefüttert wurden. Sie erlitten gravierende Organkrankheiten, Entzündungen, Immunschäden und retardiertes Organwachstum.

Innerhalb weniger Stunden ist Pusztai in heftigstem politischen Kreuzfeuer. Es wird ihm verboten, sich weiter zu seinen Forschungen zu äußern. Seine Unterlagen werden konfisziert, der Zugang zu seinen Labors versperrt. Wenig später erhält er die Kündigung und wird aus dem nationalen Wissenschaftsgremium, der Royal Society, ausgeschlossen. Druck von höchsten politischen Instanzen erwirkt innerhalb weniger Tage Árpád Pusztais persönlichen und beruflichen Ruin.

Árpád und Ignacio nehmen dies nicht klaglos hin. Beide Wissenschaftler stellen bei ihren öffentlichen Auftritten immer wieder heraus, dass es nicht so sehr um ihr persönliches Drama geht sondern um eine elementare Errungenschaft unserer Demokratie: um die Freiheit der Forschung. Wenn multinationale Konzerne Wissenschaftler von Forschungen und Veröffentlichungen abhalten können, wer bleibt dann übrig, um den Konsumenten die Wahrheit zu sagen?

Quelle: monalizani.wordpress.com vom 29.04.2012

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