Gegen ESM: Über 800.000 Emails im Bundestag eingetroffen

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Der Verein Zivile Koalition e.V. hat mit einer einzigartigen Email-Aktion für Aufsehen im Bundestag gesorgt: Über 800.000 Bürger haben bei ihren Abgeordneten gegen die Europäischen Rettungsschirm ESM protestiert. Beatrix von Storch erklärt im Interview, wie die Abgeordneten reagiert haben.

Deutsche Mittelstands Nachrichten: Sie haben eine große Email-Aktion an die Abgeordneten gestartet, damit diese sich gegen den ESM entscheiden. Warum?

Beatrix von Storch: Die Volksvertreter vertreten das Volk nicht mehr. Es braucht eine klare Bürgerbewegung und die haben wir mit der Zivilen Koalition e.V. in Bewegung gesetzt. Die Abgeordneten sind bereit, unsere Demokratie dranzugeben und das aktive Haushaltsrecht des Parlamentes auf ein passives Vetorecht des Finanzministers zu reduzieren. Sie wollen die Souveränität, die wir Bürger ihnen für 4 Jahre verleihen, auf Dauer an Dritte abgeben. Das Volk will das nicht. Und deswegen muß diese Nachricht direkt in die Büros der Abgeordneten getragen werden. Da nicht jeder seinen Abgeordneten persönlich aufsuchen kann, haben wir als Zivile Koalition e.V. über unseren AbgeordnetenCheck.de nun einen Weg geöffnet, über den jeder mit wenigen Klicks seine Nachricht gleichwohl unmittelbar in das Büro seines Abgeordneten bringen kann. Denn eines ist klar: ESM, Fiskalpakt & Co. dürfen nicht kommen.

Deutsche Mittelstands Nachrichten: Glauben Sie, dass die Abgeordneten überhaupt verstehen, worum es da geht?

Beatrix von Storch: Sagen wir es so: Jeder Abgeordnete des Deutschen Bundestages hat im Schnitt ca. 1.300 E-Mails bekommen. So etwas hat es noch nie gegeben. Wenn er dann trotzdem nicht anfängt, selber nachzulesen und vielleicht ein kleines bisschen sogar nachzudenken, dann sollte er seine Abgeordnetenbezüge der letzten Jahre zurückzahlen. Es geht bei der „Euro-Rettung“ nicht um die Standarisierung von Katzenklos in Hintertupfingen, sondern um die Fundamente unserer Demokratie, unseres Rechtsstaates und um unsere Einkommen und Vermögen. Zur Aufklärung der Abgeordneten hat aber spätestens unser Video zum ESM beigetragen, das inzwischen in 12 Sprachen übersetzt überall in Europa läuft und in Summe weit über eine Million Mal abgerufen worden ist. Spiegel-online hat das Video ebenfalls veröffentlicht und alle Parteien aufgefordert, zu dem Inhalt Stellung zunehmen. Jeder Abgeordnete wird es gesehen haben. Wer das Video gesehen hat, kann nicht mehr sagen, „das alles nicht gewusst zu haben“.

Deutsche Mittelstands Nachrichten: Unser Eindruck ist, dass der Fraktionszwang hier auch entlastend wirkt – der Abgeordnete sagt sich: Die da oben werden schon wissen, was sie tun. Sehen Sie das auch so?

Beatrix von Storch: Genau an der Stelle greift aber der AbgeordnetenCheck: Die Bürger wollen von ihrem Abgeordneten wissen, was er denkt und wie er gedenkt, abzustimmen. Seine Antwort wird unter seinem Namen veröffentlicht. Die persönliche Verantwortung jedes einzelnen Abgeordneten für sein Tun oder Unterlassen steht im Zentrum. Wenn das selbständige Denken quasi offiziell der Fraktionsführung überantwortet werden soll, dann kann man die 622 Abgeordneten auch abschaffen. Dann reichen ja die Fraktionsführer, z.Zt. 6 an der Zahl für die Debatten und jeder stimmt dann mit einem seiner Fraktion zukommenden Stimmgewicht ab.

Deutsche Mittelstands Nachrichten: Wie viele Emails sind denn schon im Bundestag gelandet?

Beatrix von Storch: 810.800 im Bundestag. Dazu noch einmal 110.000 im bayerischen Landtag.

Deutsche Mittelstands Nachrichten: Welche Reaktionen von den Abgeordneten haben Sie erlebt?

Beatrix von Storch: Das ist vielfältig. Einzelne Abgeordnete drohen wegen der E-Mail-Flut Klagen an. Andere antworten individuell und persönlich, aber es gibt eben auch massenhaft abgekupferte Textbaustein-Antworten, bei denen sonnenklar ist, daß sich hier einer nicht nur das Schreiben, sondern auch das Denken hat abnehmen lassen. “Ich bin für den ESM, weil ich gegen die Transferunion bin”. Zu Gunsten jedes einzelnen Abgeordneten unterstelle ich bei so einer Antwort, daß er das schlechterdings nicht selbst so gefaßt hat. Das ist einfach zu dumm.

Deutsche Mittelstands Nachrichten: Sie machen dieselbe Aktion in Bayern – wie ist hier das Echo?

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Beatrix von Storch: Besonders groß, weil natürlich den Bayern eines klar ist: sie sind es, die für die Griechen und Spanier usw. zahlen werden, nicht etwa die Bremer und Berliner, die schon ihre eigenen Ausgaben nicht stemmen und am Dauertropf des von Bayern gesponserten Länderfinanzausgleiches hängen. Innerhalb von zwei Wochen sind im Bayerischen Landtag im Rahmen unserer Kampagne „Bayern stoppt den ESM“ über AbgeordnetenCheck.de 112.000 E-Mails eingegangen.

Deutsche Mittelstands Nachrichten: Welche Rolle spielen die Freien Wähler – kann man denen trauen, oder sind das eher soignierte Piraten?

Beatrix von Storch: Die Freien Wähler sind eine wählbare Alternative. Sie haben sich vielerorts klar gegen ESM& Co. positioniert und können mit ihren Positionen auch in anderen Themen dem heimatlos gewordenen bürgerlich-liberalen Lager eine Heimat sein.

Deutsche Mittelstands Nachrichten: Ist der ESM nicht ohnehin schon eine ausgemachte Sache – warum sollten die Bürger da jetzt noch tätig werden?

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Beatrix von Storch: Wenn der ESM durchkommt, wird der Widerstand noch wichtiger, als er jetzt schon ist. Wenn die Politik die Demokratie abschafft und unsere Souveränität verkauft, wenn die Volksvertreter das Volk nicht mehr vertreten, dann ist doch nur noch das Volk selber da, das seine Interessen vertreten kann. Die zivilgesellschaftlichen Kräfte müssen sich verbinden. Wir brauchen ein starkes ziviles Bündnis. Genau das ist es, was die Zivile Koalition darstellt. Wir sammeln, verbinden und mobilisieren.

Deutsche Mittelstands Nachrichten: Glauben Sie, dass Ihr basisdemokratisches Modell auf Dauer Erfolg haben wird?

Beatrix von Storch: Klares Ja! Ich könnte auch sagen: was denn sonst? Die DDR ist nicht gefallen, weil sich in der Führung die Erkenntnis durchsetzte, gescheitert zu sein, auch wenn man es überall sehen konnte- so wie heute auch. „Wir sind das Volk“ – das wurde erst leise und versteckt und dann immer lauter gerufen. Das werden wir wieder erleben. Wir merken schon jetzt, daß die Basis stark in Bewegung kommt. Immer mehr Menschen schließen sich an, machen bei unseren Kampagnen mit, wollen sich einbringen. Wenn dann bei uns Schulen und Universtäten schließen, Schlaglöcher auf Autobahnen Einzug halten, die Gesundheitsvorsorge geschliffen wird, dann geht es los. Spätestens.

Deutsche Mittelstands Nachrichten: Zur Demo gegen den ESM in Stuttgart kamen gerade mal 400 Leute. Warum regt das Thema eigentlich keinen auf?

Beatrix von Storch: Das Thema regt sehr viele auf. Bis der deutsche Durchschnittsbürger auf die Straße geht, braucht es jedoch eine Weile. Aber wir haben gesehen: wenn er dann da ist, wackelt nicht nur die Wand, da fallen dicke, große Mauern. Der Leidensdruck wird steigen und damit dann auch die Bereitschaft, auf die Straße zu gehen.

Deutsche Mittelstands Nachrichten: Wie wird sich Europa, wie wird sich Deutschland durch den ESM verändern?

Beatrix von Storch: Ich bin mir sicher: Wenn der ESM kommt, dann werden wir später die deutsche und europäische Geschichte zweiteilen, nämlich in die Zeit vor dem ESM und die danach. Davor konnte ich meine Regierung noch wählen, danach ist ein dauerhafter Gouverneursrat installiert, auf den wir keinen Einfluß mehr haben und der niemandem gegenüber verantwortlich ist. Die Bürger werden ihre Ohnmacht fühlen, nichts mehr ausrichten zu können. Viele verstehen das schon jetzt und deswegen wird die Bewegung der Zivilen Koalition e.V. jeden Tag größer. Je schneller uns in der Zivilgesellschaft verbünden und klug agierend aktiv werden, umso schneller können wir etwas erreichen.

Quelle: Deutsche Mittelstands Nachrichten vom 13.05.2012

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