Fukushima: Überschreitung neuer Cäsium-Grenzwerte, landesweit erkranken Menschen, Katastrophenübung

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Die Strahlung aus Fukushima macht den Menschen in Japan immer mehr zu schaffen. Mittlerweile häufen sich Erkrankungen rund um Fukushima, aber auch in Tokio – Durchfall, Nasenbluten, Ekzeme auf der Haut. Japan steigt aus der Atomkraft aus, die Regierung reagiert auf die kritische Stimmung im Volk. Die Cäsium-Werte steigen nicht nur in Japan, sondern weltweit, ob in Australien, Brasilien, den USA, England oder Deutschland. Dies ist eine globale Katastrophe und TEPCO hat nichts im Griff.

Das einst führende Land in der Atomtechnologie muss erstmals seit 42 Jahren ohne Atomstrom auskommen. Japans letzter aktiver Atommeiler Tomari auf der Insel Hokkaido wird wie vorgeschrieben mehrere Monate gewartet. Der Betreiber drosselte zunächst die Stromproduktion. In der Nacht soll der Reaktor dann vollständig heruntergefahren werden. Japan gehörte zeitweise zu den drei Ländern, die die Kernenergie am intensivsten nutzten. Vor Tagen demonstrierten in Tokio tausende Menschen an einem Nationalfeiertag zu Ehren der Kinder für einen vollständigen Ausstieg aus der Atomkraft.

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Überschreitung neuer Cäsium-Grenzwerte in neun Präfekturen

Zahlen die vom Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales  am gestrigen Dienstag veröffentlicht wurden, zeigen erste Überschreitungen der seit 1. April 2012 geltenden strengeren Richtlinien für die radioaktive Belastung von Lebensmitteln. Bei der Prüfung von 13.867 Lebensmittelproben durch die Behörde, wurde in 337 Fällen eine Verletzung des Grenzwerte festgestellt.

In 282 Fällen lag der Wert an radioaktivem Cäsium über dem neuen Limit von 100 Becquerel pro Kilogramm. In 55 weiteren Fällen war sogar der vorherigen Grenzwert von 500 Becquerel pro Kilogramm überschritten worden. Gegliedert nach Präfekturen bedeutet dies, dass sich in insgesamt neun Präfekturen derartige Cäsiumbelastungen fanden. Somit stellt sich die Belastung wie folgt dar:

  • 142 Fälle in der Präfektur Fukushima
  • 69 Fälle in der Präfektur Tochigi
  • 41 Fälle in der Präfektur Ibaraki
  • 35 Fälle in der Präfektur Iwate
  • 32 Fälle in der Präfektur Miyagi
  • 13 Fälle in der Präfektur Chiba
  • jeweils zwei Fälle in den Präfekturen Gunma und Yamagata
  • Ein Fall in der Präfektur Kanagawa.

Insgesamt kam es in 51 Lebensmittelkategorien zu Überschreitungen. In 178 Fällen waren Pilze und andere landwirtschaftliche Pilze radioaktiv kontaminiert, während insgesamt 156 Fischereiprodukte wie etwa Plattfische und  Barsche belastet waren. In zwei weiteren Fällen war das Fleisch von Schwarzbären belastet, in einem weiteren Fall wurde eine Grenzwertüberschreitung bei frittiertem Blaubandbärbling festgestellt.

Radioaktive Hot Spots an über 20 Schulen in Koriyama/Fukushima

Eine Bürgerbewegung gab auf einer Pressekonferenz am Sonntag bekannt, an mehr als 20 Schulen der Stadt Koriyama (Präf. Fukushima) seien so genannte Hot Spots – Bereiche erhöhter Radioaktivität im Vergleich zur Umgebung – festgestellt worden.

Dabei berief man sich jedoch nicht auf private Messungen, die zwar vielfach in Japan durchgeführt doch nicht als vertrauenswürdige Quelle gelten, sondern man bezieht sich auf Dokumente des Bildungsausschusses der Gemeinde, die man im Rahmen einer Anfrage zur Datenoffenlegung erhalten habe.

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Zuvor hatte der Ausschuss im Januar sowohl Vorschulen, als auch Grundschulen und Schulen der Mittelstufe dazu angewiesen, die radioaktive Belastung der Luft in Hecken, Seitengräben und Abflussgräben auf dem Gelände zu untersuchen. Klassenräume und Schulhöfe waren von dieser Anordnung ausgenommen, da diese ohnehin regelmäßig kontrolliert werden.

Die von den Schulen im April eingerichteten Berichte zeigen, dass insgesamt an 14 Grundschulen, sieben Schulen der Mittelstufe, sowie fünf Vorschulen, radioaktive Hot Spots nachgewiesen konnten. Bei diesen könnte die jährliche Belastung den Wert von 20 Millisievert, bzw. mehr als 3,8 Mikrosievert pro Stunde erreichen.

Nach der Veröffentlichung der Informationen sieht sich der Bildungsausschuss der Gemeinde nun der Forderung gegenüber, die zum Beginn des neuen Studienjahres im April aufgehobene Beschränkungen, Schüler weniger als drei Stunden pro Tag im Freien spielen zu lassen, jetzt erneut einzuführen.

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Fukushima-Notfallhandbuch stufte Kühlung als unwichtig ein

 Die Kernschmelzen in den Reaktoren während der Fukushima-Krise waren das Ergebnis der ausgefallenen Kühlung der Brennelemente, darin ist man sich einig. Die Nutzung von Notkühlsystemen hat jedoch bei einem Störfall nicht oberste Priorität – wenn es nach dem Notfall-Leitfaden für das AKW Fukushima Daiichi geht.

Zu den Kühleinrichtungen gehörden die so genannten Isolationskondensatoren, die dazu dienen, den Dampf aus dem Reaktor abzukühlen um diesen kondensieren und damit wieder zu Wasser werden zu lassen, um den Reaktor zu kühlen. Da sie ohne Stromzufuhr funktionieren sollten, stellten sie einen wesentlichen Teil des Notkühlsystems dar.

Doch das Handbuch mit den Notfallrichtlinien für den diensthabenden Leiter sieht stattdessen, zunächst das Öffnen der Hauptsicherheitsdampfventile vor, um den Druck im Reaktor zu senken, bevor die Isolationskondensatoren genutzt werden sollten.

Nach Ansicht von Toyoshi Fuketa, stellvertretender Direktor am Atomsicherheits-Forschungszentrum der japanischen Atomenergiebehörde JAEA , vergrößert dieses Vorgehen sogar die Wahrscheinlichkeit eines ernsthaften Störfalls. Das abrupte Öffnen der Ventile könne zu einem plötzlichen Abfall des Drucks führen und das Wasser im Reaktor zum Kochen bringen. Er vergleicht die Situation mit der eines leeren Topfes auf einem heißen Herd.

Der Einsatz voll funktionsfähiger Isolationskondensatoren hätte dagegen den Verlauf der Krise verändert. Fuketa plädiert daher für eine Überarbeitung der Richtlinien. Das Untersuchungskomitee der Regierung wird sich in ihrem Abschlussbericht auch zu diesem Punkt äußern.

Die erste Kernschmelze hatte sich im Reaktor 1 ereignet, dessen Isolationskondensator während der vergangenen 20 Jahre nie aktiviert worden waren, so dass sie den Angestellten dort lediglich durch Computersimulationen bekannt waren.

Unmittelbar nachdem sich das Tohoku-Erdbeben und der Tsunami ereignet hatten, zeigte man sich überfordert und nicht in der Lage den Anleitungen zum Öffnen der Sicherheitsventile zu folgen. Die Isolationskondensatoren wurden automatisch aktiviert – jedoch bereits nach zehn Minuten von den Arbeitern manuell wieder geschlossen, da man fürchtete, die schnelle Kühlung könne dem Reaktor schaden.

In dem Versuch eine kontrollierte schrittweise Kühlung durchzuführen, aktivierte und deaktivierte man einen der Isolationskondensatoren mehrmals, jedoch öffneten sich dann die Ventile nicht mehr gänzlich und so arbeitete auch der Kondensator, bevor der Reaktor ausreichend gekühlt werden konnte.

Neben Reaktor 1 des AKW Fukushima Daiichi des Betreibers TEPCO, existieren lediglich an einem weiteren Kernkraftwerk, dem AKW Tsuruga, das von Japan Atomic Power betrieben wird, Isolationskondensatoren. Die Sicherheitsrichtlinien des Notfallhandbuches sind seit Beginn der Inbetriebnahme praktisch nicht überarbeitet worden – hier findet sich jedoch die Anmerkung, die Verwendung der Isolationskondensatoren habe bei einem Notfall oberste Priorität.

Unangekündigte Katastrophenübung in Präfektur Fukushima

Am heutigen Montag überraschte die Präfekturleitung von Fukushima die Angestellten und einzelnen Gemeinden mit einer unangekündigten Katastrophenübung. Das Szenario ähnelte dem der Fukushima-Katastrophe – ein Erdbeben, verbunden mit einem Tsunami – allerdings wurde simuliert, dass das Kühlsystem weiterhin laufe.

Vor dem Unglück vom 11. März 2011 waren derartige unangekündigte Notfall-Drills eher unüblich. Die Katastrophe hatte jedoch die Mängel in der Kommunikation aufgedeckt. So hatten beispielsweise einige Gemeindeverwaltungen mehr Informationen aus dem Fernsehen,  denn durch die Präfekturleitung erfahren.

In der Übung lief zumindest alles plangemäß:  Innerhalb von zehn Minuten nach Beginn der Übung sammelten sich die Verantwortlichen im Notfallzentrum neben dem Verwaltungsgebäude. Auf Anordnung des Gouverneurs waren dann die kabellosen Notfalltelefone eingesetzt worden um die Gemeinden zu kontaktieren und Informationen über die Situation, Schäden an der Infrastruktur etc einzuholen. Kurz darauf endete die Übung., so ein Bericht der NHK.

Bürgermeister von Futuba wird trotz Symptomen nicht untersucht

Yamatani Eriko, Mitglied im japanischen Abgeordnetenhaus, liesst ein Interview mit Katsutaka Idogawa, dem Bürgermeister von Futaba vor. Futaba liegt ca. 250 bis 300km östlich von Fukushima – sollte also sicher sein.

Hier ein Auszug: „Ich verliere meine Haare und habe täglich Nasenbluten. In einem Krankenhaus in Tokio fragte ich nach einem Bluttest und dies wurde abgelehnt. Wir sind bereits verstrahlt, es gibt weder eine Behandlung, noch eine gründliche Untersuchung.“

Menschen in und um Tokio klagen über Durchfall und Nasenbluten

Wie Dr. Junro Fuse, Internist und Chef des Kosugi Medical Clinic bei Tokio berichtet, dass es bereits erste radioaktive Hot Spots in Tokio-City gibt, welche zu psychischen und physischen Erkrankungen führen.

Ungewöhnlich viele Menschen leiden unter Durchfall, Nasenbluten, Kopfschmerzen, Hautekzemen…weiterhin wird eine Schilddrüsen-Fehlfunktion bei Kindern erwartet und die Zunahme an Krebserkrankungen (Leukämie, Lungenkrebs) und Diabetes.

Quellen: spreadnews.de/Deutschlandfunk/Der Spiegel/enenews.com/fukushima-diary.com vom 07.05.2012

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